Nina Ortlieb ist wohl das, was man als Kämpferin bezeichnen kann. Spätestens nach dem zweiten Schien- und Wadenbeinbruch innerhalb von nur 13 Monaten hätten vermutlich die meisten ihre Skischuhe an den Nagel gehängt. Nicht so die 29-Jährige. Sie kämpft seit Jänner tagtäglich für ihre Rückkehr in den Skiweltcup.

"Bin zum ersten Mal wieder mit 100 Prozent meines Körpergewichts gelaufen"
Im Basefive-Fitnesscenter, nur wenige Meter vom Innsbrucker Goldenen Dachl entfernt, stemmt Nina Ortlieb Gewichte, rudert, schwitzt – und lacht. Die 29-jährige Skirennläuferin absolviert dort derzeit den Großteil ihres Comeback-Trainings. Es ist der zweite Besuch von VOL.AT – und der Fortschritt ist deutlich spürbar.
"Mir geht’s sehr gut, ich bin sehr zufrieden mit den Fortschritten, sie sind größer als erwartet", verrät die Skirennläuferin mit einem Lächeln in ihrer Wahlheimat Innsbruck. Beim letzten VOL.AT-Besuch, vor zwei Monaten, lief sie noch mit reduzierter Last auf dem Anti-Schwerkraft-Laufband. Jetzt sagt sie mit einem Strahlen: "Gestern bin ich zum ersten Mal wieder mit 100 Prozent meines Körpergewichts gelaufen."
Rückkehr zur Normalität – Schritt für Schritt
Die Freude ist echt, fast greifbar. Denn was für andere selbstverständlich erscheint, war für Ortlieb lange Zeit unmöglich. "Ohne Unterstützung zu laufen, war das gesamte letzte Jahr nicht möglich", macht die Skirennläuferin deutlich. Jetzt, nur fünf Monate nach dem Reha-Start, ist sie weiter als nach 13 Reha-Monaten im Vorjahr. Doch wer denkt, damit sei das Comeback gesichert, irrt. Die Arbeit, sagt Ortlieb, fange jetzt erst richtig an.

Fokus: Sprungkraft und Reaktionsfähigkeit
Seit dem letzten VOL.AT-Besuch hat sich das Training verändert. Sie arbeitet nun intensiv an ihrer Sprungkraft – ein Schlüsselbereich im alpinen Skisport.
"Es ist entscheidend, dass die Bewegungsgeschwindigkeit wieder schneller wird. Im Spitzensport reicht es nicht, alles nur kontrolliert zu können – ich muss reagieren können, und die Muskeln müssen schnell antworten", nennt die 29-Jährige den Grund für das akribische Training.
Das Ziel: den Unterschied zwischen linkem und rechtem Bein verringern. Vor allem bei einbeinigen Übungen merke sie die Verletzung noch. "Da fehlt noch ein bisschen das Vertrauen."
Training zwischen Belastung und Geduld
Zehn bis elf Einheiten pro Woche stehen aktuell auf dem Plan – Ausdauer, Kraft, Koordination. Und nicht nur am Fahrrad: Auch Skiergometer und Rudergerät kommen regelmäßig zum Einsatz. Die Trainingssteuerung wird dabei stets individuell angepasst. Ärzte und Trainer sind optimistisch, aber wachsam: "Jeder ist erleichtert, dass es in eine bessere Richtung geht als letztes Jahr. Dennoch ist es wichtig, nichts zu überstürzen." Denn Ortlieb weiß: Das Ziel ist klar, aber der Weg dorthin bleibt fordernd.
"Skifahren wäre sogar schon möglich"
Auf die Frage, ob sie bereits ans Skifahren denkt, zögert Nina Ortlieb nicht lange. "Irgendwo schon, ja – vor allem, wenn man sieht, dass gerade Schnee auf den Gletschern gefallen ist."
Sie gibt zu: Sie beobachtet regelmäßig die Webcams in den Bergen, schaut auf die verschneiten Gipfel – und spürt das Verlangen. "Ich denke, Skifahren wäre sogar schon möglich", sagt sie mit einem Lächeln. Doch der Plan ist ein anderer – und folgt einem klaren Ziel.


Rennen fahren, nicht nur Skifahren
Das Team rund um Ortlieb hat sich bewusst dafür entschieden, den Fokus weiterhin auf das Konditionstraining zu legen. Skifahren ja – aber erst, wenn sie wieder bereit ist, Rennen zu fahren. Und zu gewinnen.
"Wir wollen erst so fit sein, dass wir nicht nur zurück auf die Ski können, sondern auch konkurrenzfähig sind", erklärt sie. Die nächsten zwei Monate sollen daher vor allem der Schnellkraft gewidmet sein – alles soll wieder "spritziger und athletischer" werden, wie Ortlieb sagt.


Nächster Schritt: Skisimulator
Danach kommt der nächste große Schritt: der Skisimulator. Zum Glück sei man da flexibel – denn Ortlieb hat gleich zwei Standorte zur Verfügung: St. Christoph und Dornbirn. "Den Zeitpunkt können wir zum Glück sehr flexibel gestalten, weil wir zwei Simulatoren zur Verfügung haben."
Herbstplan bleibt aufrecht
Schon beim ersten Besuch von VOL.AT im Frühling sprach Ortlieb vom Wunsch, im frühen Herbst wieder auf Schnee zu trainieren. Dieser Zeitplan bleibt weiterhin bestehen.
"Ich bin froh, dass ich das nicht verschieben musste", betont sie – eine Aussage, die zeigt: Der Plan stimmt, der Fortschritt motiviert. Und der Schnee ruft bereits.
(VOL.AT)