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"Durch den Schrank in eine andere Welt" - Die versteckten Katakomben der Riedenburg

Das verbirgt sich unter der Kirche aus dem 19. Jahrhundert.
Das verbirgt sich unter der Kirche aus dem 19. Jahrhundert. ©VOL.AT/Dennis Strobel
Hinter einer Schranktür in der Riedenburg beginnt eine unterirdische Welt – mit Katakomben, Filmkulissen und vergessenen Räumen. VOL.AT war exklusiv dort.

Ein geheimer Zugang, unterirdische Gänge wie aus einem Fantasyfilm, eine Orgel mit Geschichte und ein Keller, der zur Filmkulisse wurde: Die Riedenburger Kirche in Bregenz ist ein verborgenes Juwel voller Überraschungen. VOL.AT hat mit Geschäftsführer Wolfgang Sieber einen exklusiven Blick hinter die Mauern – und unter die Erde – geworfen.

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Video: Ein Blick hinter die Mauern der Riedenburg

Locus iste a Deo factus est

Wer die Riedenburger Kirche in Bregenz betritt, erlebt schon beim Eintritt etwas Außergewöhnliches: Der Zugang erfolgt nicht von außen durch ein Portal, wie es bei Kirchen üblich ist, sondern direkt aus dem Inneren des Schulgebäudes. "Das Kirchenportal ist quasi der Schulgang", erklärt Geschäftsführer Wolfgang Sieber beim Rundgang. Über dem Eingang steht in lateinischer Inschrift: Locus iste a Deo factus estDieser Ort ist von Gott geschaffen.

Die Eingangspforte der Kirche. ©VOL.AT/Dennis Strobel

Neugotik mit Bregenzerwälder Handwerkskunst

In der Kirche der Riedenburg. ©VOL.AT/Dennis Strobel

Erbaut wurde die Kirche zwischen 1862 und 1865 im französischen neugotischen Stil – kein Zufall, denn die Riedenburg war einst Sitz des Sacré-Cœur-Ordens. "Man sagt es waren ungefähr 100 Handwerker drei Jahre lang mit dem Bau der Kirche beschäftigt", erklärt der Geschäftsführer. Besonders auffällig ist die intensive Nutzung von Holz, gefertigt von Handwerkern aus dem Bregenzerwald. Die kunstvollen Schnitzereien und das feine Chorgestühl, das ungewöhnlich im gesamten Kirchenschiff untergebracht ist, zeugen von der Blütezeit der Ordensgemeinschaft, als hier über 100 Novizinnen lebten und ausgebildet wurden.

Das Chlorgestühl aus dem Bregenzerwald. ©VOL.AT/Dennis Strobel

Auch die Fenster tragen Geschichte in sich: Die ursprünglich prunkvollen Grisaille-Scheiben wurden durch die Detonation der nahegelegenen Achbrücke am 1. Mai 1945 zerstört. "Sie sind heute nicht mehr original, aber sie lassen immer noch viel Licht durch und verleihen der Kirche ihre Helligkeit", sagt Sieber.

Die neuen Fenster. ©VOL.AT/Emilia Waanders

Historische Orgel

Die Seitenschiffe der Kirche sind den beiden heiliggesprochenen Gründerinnen des Ordens gewidmet: Sophie Madeleine Barat und Philippine Duchesne. Letztere missionierte einst in Nordamerika. "Wir sind stolz, zwei heilige Gründerinnen zu haben – das kann nicht jeder Orden von sich behaupten", betont Sieber.

Unter der Rosette befindet sich die Orgel. ©VOL.AT/Dennis Strobel

Ein weiteres Highlight ist die Orgel – die zweite Orgel, die in Vorarlberg gebaut wurde. Noch heute wird sie bei besonderen Anlässen bespielt, etwa bei Schulfeiern, Hochzeiten oder Taufen. Für Letztere gilt allerdings: "Wir nehmen nur Feiern mit Riedenburg-Bezug an – sonst würden wir überrannt werden."

Katakomben: "Durch einen Schrank in eine andere Welt"

©VOL.AT/Dennis Strobel

Dann führt Wolfgang Sieber durch eine unscheinbare Schranktür in die Tiefe. "Ich sage meinen Schülern immer, das ist wie in Narnia – durch einen Schrank in eine andere Welt." Unter der Kirche erstreckt sich ein Gewölbe von etwa 500 bis 600 Quadratmetern – die sogenannten Katakomben. Ursprünglich diente dieser Bereich vermutlich als unterirdische Sakristei. Heute wird er als Lager genutzt.

Wolfgang Sieber zeigt eine Falltüre, die weit in die Tiefe geht. ©VOL.AT/Dennis Strobel

Dass eine Schwester – in Form einer Schaufensterpuppe in Ordenstracht – in einer Nische steht, sorgt regelmäßig für Erschrecken und Schmunzeln: "Diese Figur haben wir einmal irgendwo gefunden. Sie symbolisiert die Ordenskleidung der Schwestern. Die haben wir dann einfach als Gag dort hingestellt."

Die Schwestern-Figur.

Ursprung für den Bunker

Zum Abschluss des Rundgangs führt ein Gang durch den Kalkfelsen unter dem Schulareal zurück in Richtung Schultrakt. Damals erkannte man, dass sich der Kalkfelsen für unterirdische Bauten eignet – eine Erkenntnis mit weitreichender Geschichte. "Dieser erste Felsengang aus 1925 war der Ursprung für den späteren Bunker", erklärt Sieber. Heute wird er als Lager und Kühlraum genutzt – ein praktischer Teil einer bewegten Geschichte.

Der erste Felsengang durch Kalkgestein. ©VOL.AT/Dennis Strobel

(VOL.AT)

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