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Landesvolksanwalt übt scharfe Kritik an Vorarlberger Heimaufsicht

©VN
Ein Jahr nach dem Tod eines 89-jährigen Bewohners im Senecura-Sozialzentrum in Hard übt der Vorarlberger Landesvolksanwalt Klaus Feurstein in einem neuen Bericht scharfe Kritik an der Heimaufsicht des Landes.
"Wir taten alles, was möglich war"
Vorwürfe in Vorarlberg: Verhungert im Heim

Laut dem Bericht, der der Rechercheplattform "Dossier" vorliegt, gibt es erhebliche Mängel in der Kontrolle von Pflegeheimen. Die gesetzlichen Prüfintervalle seien unzureichend geregelt, und ein ursprünglich vorgesehenes dreijähriges Kontrollintervall wurde aus dem Durchführungserlass gestrichen. Feurstein kritisiert, dass dies durch ein öffentliches Begutachtungsverfahren hätte verhindert werden können. Zudem fehle es an transparenten und rechtlich verbindlichen Vorgaben zur Personalausstattung in den Heimen.

Vorwürfe der Vernachlässigung lösen Ermittlungen aus

Die Kritik folgt auf den Fall eines 89-jährigen Mannes, der im April 2022 in das Senecura-Sozialzentrum "In der Wirke" in Hard aufgenommen wurde. Laut seiner Familie, über die von der Rechercheplattform "Dossier" und den "VN" berichtet wurde, verlor der Mann innerhalb von drei Monaten rund 15 Kilogramm, wog am Ende nur noch knapp 46 Kilogramm, litt an Dekubitus (Wundliegen) und verstarb kurz darauf. Die Angehörigen werfen dem Pflegeheim Vernachlässigung vor und behaupten, ihr Vater sei "verhungert". Ein besonders belastender Vorfall: Der Mann wurde ohne Gebiss vor einem Stück Brot sitzend angetroffen, unfähig, es zu essen.

Die Staatsanwaltschaft Feldkirch leitete daraufhin ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf "Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen" gemäß Paragraf 92 des Strafgesetzbuches ein, wie Staatsanwalt Heinz Rusch bestätigte. Laut dem aktuellsten Bericht von "Dossier" (9. Juli 2025) gibt es nun ein zweites Ermittlungsverfahren, das sich auf einen weiteren Vorfall im selben Heim bezieht. Das Landeskriminalamt Vorarlberg untersucht dabei einen Sturz eines Bewohners Anfang 2025 unter ungeklärten Umständen.

Patientenanwalt deckt Dokumentationsmängel auf

Der Vorarlberger Patientenanwalt Alexander Wolf legte einen Zwischenbericht vor, der weitere Mängel aufdeckt. Die von Senecura übermittelten Unterlagen seien unvollständig, und bei der Gewichtskontrolle habe es "Ungereimtheiten" gegeben.

Alexander Wolf ©VOL.AT

So wurde etwa an einem Tag ein Gewicht von 56,5 Kilogramm dokumentiert, am nächsten Tag jedoch 45,6 Kilogramm – ein Unterschied, der laut Wolf "komplett unverständlich" ist. Zudem wurde der Dekubitus erst zwei Tage nach dem Einzug des Bewohners erstmals festgehalten, was den Angaben von Senecura widerspricht. Wolf kritisiert auch, dass die Gewichtskontrolle nicht regelmäßig erfolgte, obwohl der massive Gewichtsverlust "augenscheinlich" gewesen sein müsse.

Senecura weist Vorwürfe zurück

Senecura wies die Vorwürfe zurück und betonte, dass die Mitarbeiter alles getan hätten, um dem Verstorbenen eine bestmögliche Lebensqualität zu bieten. Zwei von Senecura beauftragte Gutachten, eines davon von Hans Jürgen Heppner, ehemaliger Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie, kamen zu dem Schluss, dass eine Vernachlässigung nicht stattgefunden habe. Lediglich bei der Dokumentation habe es Verbesserungspotenzial gegeben. Emmy Altmiler, eine Pflegerin, die den Verstorbenen betreute, zeigte sich in einem Interview mit VOL.AT betroffen und erklärte: "Wir taten alles, was möglich war." Senecura kündigte an, ein weiteres unabhängiges Gutachten in Auftrag zu geben.

Ausbleibende Konsequenzen und politische Debatte

Trotz der Vorwürfe wurde eine angekündigte Kommission des Landes zur Untersuchung des Falls nie eingerichtet, wie vorarlberg.ORF.at berichtet. Die zuständige Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) beschwichtigte, dass nach einer Beschwerde der Familie eine Prüfung stattgefunden habe, doch die Amtssachverständige konnte keine Pflegefehler feststellen. Der Landesvolksanwalt kritisiert jedoch, dass die Heimaufsicht des Landes Vorarlberg nicht ausreichend gehandelt habe, und fordert eine Reform der Kontrollmechanismen.

(VOL.AT)

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