Während sich Österreichs Sommerurlauber in Caorle die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, wird es für Vorarlbergs talentierteste Ringer am Montag und Dienstag am selben Ort ernst.

Bei der U20-Europameisterschaft geht es für das rot-weiß-rote Quartett nicht nur um starke Auftritte auf internationalem Parkett, sondern auch um Empfehlungen für die U20-Weltmeisterschaft ab 17. August in Samokov (bei Sofia) – und langfristig um den großen Traum: Olympia 2028 in Los Angeles oder vier Jahre später in Brisbane.
Mit Daniel Struzinjski (63 kg), Lars Matt (77 kg), Paul Maier (87 kg) und Leonhard Junger (130 kg) stellt der KSK Klaus gleich vier der sechs österreichischen EM-Starter im griechisch-römischen Stil. Entsprechend laut wird die Fanabordnung aus Vorarlberg erwartet. „Vier Aktive von einem Verein bei einer EM – das ist außergewöhnlich“, freut sich Bernd Ritter, Sportdirektor beim KSK Klaus und im Landesverband Vorarlberg.

Ein Zufall ist das freilich nicht. Vor zweieinhalb Jahren wurde das Ringer-Leistungszentrum Vorarlberg in Klaus gegründet, heuer kam der Status als österreichischer Nachwuchsstützpunkt hinzu – die Früchte dieser Arbeit sind nun international sichtbar.
Mentale Stärke als Matts Joker
Die besten Chancen auf Edelmetall, was angesichts der starken Konkurrenz einer Sensation gleichkäme, hat Schwergewichtler Leonhard Junger. Für den 20-Jährigen wäre eine Topplatzierung auch wichtig, um im Heeressportprogramm zu bleiben. Für Lars Matt und Daniel Struzinjski ist es die Premiere bei einem U20-Großereignis. Besonders für den erst 18-jährigen Matt, der sich trotz anhaltender Rippenverletzung akribisch vorbereitet hat, wäre ein Platz unter den Top Ten ein großer Erfolg. „Ich sehe das als mein Lehrjahr“, sagt der junge Rankweiler, der bereits mit fünf Jahren mit dem Ringen begann.

Ritter ist überzeugt: „Dank seiner mentalen Stärke hat Lars gegenüber anderen einen Vorteil.“ Matt hat bereits mit 14 Jahren Geschichte geschrieben – mit EM-Bronze bei der U15-EM in Zagreb, der ersten Medaille für Österreich in dieser Altersklasse. Letztes Jahr wurde er Staatsmeister bei den Männern bis 72 Kilo, heuer triumphierte er in der olympischen Klasse bis 77 Kilo. „Das ist international eine der härtesten Kategorien mit den meisten Kämpfern“, weiß Ritter – rund 30 Athleten werden in Caorle erwartet.
Traumziel Olympia
Matt war auch im Kartfahren und Fußball talentiert, entschied sich aber mit dem Wechsel ins Sportgymnasium Dornbirn für den Ringkampfsport – und damit für eine der härtesten Sportarten überhaupt. Der Weg zu den Olympischen Spielen ist entsprechend steinig: „Bei kaum einer Sportart sind die Qualifikationskriterien für Europäer so brutal“, betont Ritter. Um ein Olympiaticket zu lösen, braucht es entweder einen Top-5-Platz bei der WM 2027 oder einen Top-2- bei der Europa- bzw. Top-3-Rang bei der Welt-Quali 2028. „Wer das schafft, ist bei Olympia bereits Medaillenkandidat“, so der KSK-Sportdirektor.
Matt will 2027 in die Männerklasse aufsteigen und bei den European Games in Istanbul erste Erfahrungen sammeln. Los Angeles 2028 wäre ein Traum, realistischer erscheint 2032 in Brisbane.Was ihn am Ringen so fasziniert? „Die Vielseitigkeit zwischen Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Beweglichkeit und das Strategische. Es ist ein bisschen wie Schach – du musst immer vier bis fünf Züge vorausdenken.“
Der Preis für diesen Traum ist hoch. Matts Alltag beginnt oft um sieben Uhr früh und endet nicht vor 21:30 – ausgefüllt mit Schule und Training. Vor Wettkämpfen ist Disziplin oberstes Gebot: „Kein Ausgehen mit Kollegen, dafür richtige Ernährung, viel Schlaf und Gewicht machen, damit man maximal definiert ist.“ Während andere am Strand ihren Cocktail schlürfen, schwitzt Lars in der Trainingshalle – mit Olympia im Kopf und der Matte im Blick.
Christoph König