Was Ihr Blutdruck wirklich über Ihre Gesundheit verrät – und was Sie tun können

Blutdruck gilt als ein zentraler Indikator für die Herz-Kreislauf-Gesundheit. Jahrzehntelang war 120/80 mmHg das Maß aller Dinge – der "Idealwert". Doch aktuelle Erkenntnisse zeigen: Ein Wert, der für den einen gesund ist, kann für den anderen zu niedrig oder gar riskant sein. Die Einteilung der Blutdruckwerte variiert je nach Leitlinie, Herkunftsland und medizinischem Kontext.
Die gängigen Blutdruckwerte im Überblick (laut Deutscher Herzstiftung):
- Optimal: unter 120/80 mmHg
- Normal: 120–129 / 80–84 mmHg
- Hoch-normal: 130–139 / 85–89 mmHg
- Bluthochdruck (Hypertonie): ab 140/90 mmHg
- Hausmessung – Bluthochdruck: ≥135/85 mmHg
In den USA gelten bereits Werte ab 130/80 mmHg als beginnende Hypertonie. Die Diskrepanz sorgt international für Diskussionen – besonders mit Blick auf neue Studienergebnisse.
Chinesische Langzeitstudie: Unter 120 besser – aber nicht für alle
Eine aktuelle Studie aus China, veröffentlicht im Fachjournal The Lancet, stellt die bislang gängigen Zielwerte infrage. Für die Untersuchung wurden 11.255 Patientinnen und Patienten mit Hypertonie behandelt und über einen Zeitraum von 3,4 Jahren beobachtet.
Studiendesign und Ergebnisse:
- Zielgruppe: Durchschnittsalter 64,6 Jahre, darunter >4.300 mit Diabetes und >3.000 mit Schlaganfallvorgeschichte
- Zwei Gruppen:
- Gruppe 1: Zielwert <120 mmHg
- Gruppe 2: Zielwert <140 mmHg
- Ergebnisse:
- Gruppe 1: durchschnittlicher systolischer Wert bei 119,1 mmHg
- Gruppe 2: 134,8 mmHg
- Schwere Herzerkrankungen:
- Gruppe 1: 9,7 %
- Gruppe 2: 11,1 %
Die Forscher schlussfolgern: Eine intensivere Blutdrucksenkung senkt das Risiko kardiovaskulärer Ereignisse – auch bei Patientinnen und Patienten mit Vorerkrankungen.
Kardiologe warnt: Nicht jeder verträgt niedrige Blutdruckwerte
Prof. Heribert Schunkert, Kardiologe und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, äußert sich gegenüber FOCUS online zurückhaltend:
Laut Schunkert seien Symptome wie Schwäche, Schwindel und Nierenfunktionsstörungen keine Seltenheit, wenn der Blutdruck unter 120 mmHg gedrückt wird – besonders bei älteren Menschen. Für ihn gilt daher:
Blutdruck im Alltag richtig messen – und richtig deuten
Die Art der Messung spielt eine wesentliche Rolle: Der sogenannte "Weißkitteleffekt" kann Praxiswerte verfälschen – sie sind oft höher als bei Messungen zu Hause. Umgekehrt spricht man bei niedrigeren Praxiswerten trotz hohem Heimdruck von "maskierter Hypertonie".
Laut netdoktor.at gelten für die Heim-Messung:
- Bluthochdruck: ab 135/85 mmHg
- Normal: 120–134 / 70–84 mmHg
- Nicht erhöhter Blutdruck: unter 120 / unter 70 mmHg
Alter, Lebensstil und Risiko: Wann welcher Wert gilt
Laut der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) haben rund 25 % der Österreicherinnen und Österreicher Bluthochdruck – oft unbemerkt. Männer ab 55 und Frauen ab 65 Jahren gelten als besonders gefährdet, ebenso Menschen mit familiärer Vorbelastung, Übergewicht, Diabetes oder hohem Cholesterin.
Die ÖGK rät daher:
"Blutdruck regelmäßig kontrollieren – auch ohne Beschwerden. Und bei Werten über 140/90 mit dem Arzt über Therapie und Lebensstil sprechen", so Generaldirektor Bernhard Wurzer.
Diese Maßnahmen helfen gegen Bluthochdruck
Ein gesunder Lebensstil kann Bluthochdruck vorbeugen oder deutlich senken – oft auch ohne Medikamente.
Empfohlen werden:
- Ausdauersport (Radfahren, Walken, Joggen, Schwimmen) – 3×/Woche, 30–45 Minuten
- Leichtes Krafttraining und isometrische Übungen (z. B. Wandsitzen)
- Gesunde Ernährung: wenig Salz, Zucker und gesättigte Fette
- Verzicht auf Rauchen, Alkohol und übermäßigen Koffein
- Gewichtsreduktion bei Übergewicht
Wichtige Fakten auf einen Blick:
- Optimaler Blutdruckwert: unter 120/80 mmHg
- Bluthochdruck laut Deutscher Herzstiftung: ab 140/90 mmHg (ab 135/85 mmHg bei Heim-Messung)
- Studienergebnis aus China: Zielwert unter 120 mmHg senkt Risiken – aber nicht für alle geeignet
- Nebenwirkungen möglich: besonders bei älteren Patientinnen und Patienten
- Empfohlene Maßnahmen: Bewegung, Ernährung, Stressvermeidung, regelmäßige Kontrolle
(VOL.AT)