"Das hat selbst das Pflegepersonal tief bewegt" – Warum Tiere oft die besseren Therapeuten sind

Ob in Pflegeheimen, Schulen oder bei Kindern mit besonderen Bedürfnissen: Therapiehunde berühren dort, wo Menschen manchmal nicht mehr durchdringen. VOL.AT hat mit Doris Markovic und Michaela Eberle gesprochen, die gemeinsam mit ihren Hunden Herzen öffnen – und dabei Geschichten erleben, die unter die Haut gehen.
Video: Wenn Hunde Herzen heilen
Wie funktioniert die Ausbildung zum Therapiebegleithund?
Doris strahlt, wenn sie von ihren Hunden spricht. "Der Luis ist seit zwei Jahren in Pension", sagt sie mit einem liebevollen Blick auf den 14-jährigen Senior. "Er war lange als Therapiebegleithund im Einsatz, besonders bei älteren Menschen. Jetzt genießt er seinen Ruhestand – er hört kaum mehr, ist ein bisschen dement, aber wir machen das Beste draus." Neben ihr Jüngling Emil: "Er ist seit vergangenem Jahr im Einsatz. Wir besuchen mit ihm Seniorenheime, Menschen mit Demenz, Kinder – und haben viel Spaß dabei!"

Hinter dieser Freude steckt viel Engagement. Ein Therapiehund unterscheidet sich in vielerlei Hinsichten von einem gewöhnlichen Familienhund. Es beginnt schon beim Charakter: Therapiehunde müssen besonders ruhig, sozial und menschenfreundlich sein. "Sie dürfen keine Angst haben, wenn Menschen auf sie zukommen. Und sie müssen Nähe zulassen, ohne aufdringlich zu sein", erklärt Doris. Bevor ein Hund überhaupt zur Ausbildung zugelassen wird, muss er einen Eignungstest bestehen.

Danach erfolgt die rund einjährige Ausbildung zum Therapiebegleithundeteam, welche Theorie und Praxis umfasst und mit einer staatlich anerkannten Prüfung endet. Auch danach gibt es klare Vorgaben: "Jährliche Überprüfungen, Gesundheitschecks, Fortbildungen – und vor allem: Unsere Hunde dürfen zur Arbeit, sie müssen nicht", betont Doris.
"Da wusste ich: Alles hat sich gelohnt"
Besonders berührt hat Doris, die seit zwölf Jahren mit ihren Hunden im Einsatz ist, eine Begegnung in einer Volksschule: In einer Klasse mit Kindern, die besondere Unterstützung brauchen, war ein Junge, der große Angst vor Hunden hatte. "Beim zweiten Besuch habe ich eine Karte von ihm bekommen: 'Emil ist mein Freund.' Da wusste ich: Alles hat sich gelohnt."

Therapiebegleithunde schaffen Verbindung – auch dort, wo Worte fehlen. "Viele freuen sich, wenn sie streicheln, füttern oder einfach nur Zeit mit dem Hund verbringen können. Manche erinnern sich an eigene Tiere, andere legen ihre Schüchternheit ab. Der Hund wirkt ganz ohne Erwartung, einfach durch seine Präsenz."
Wie Samy eine demente Frau zum Sprechen brachte

Auch Michaela weiß um diese besondere Wirkung. Mit ihrem Hund Samy besucht sie regelmäßig Gruppen mit Kindern oder Bewohner in Pflegeeinrichtungen. "Samy ist sehr achtsam. Wenn viel Energie im Raum ist, spielt er lebendig mit. Wenn jemand ruhig ist oder schüchtern, bleibt er bei mir liegen und strahlt Ruhe aus", beschreibt sie das feine Gespür ihres tierischen Partners.

Ein unvergesslicher Moment: "Im Seniorenheim haben wir regelmäßig eine Dame mit Demenz besucht. Anfangs sprach sie kaum. Aber mit jedem Besuch wurde sie aktiver. Sie begann zu lächeln, streichelte den Hund – und irgendwann fing sie wieder zu sprechen an. Das hat selbst das Pflegepersonal tief bewegt", erzählt Michaela, die seit zwölf Jahren mit Therapiebegleithunden arbeitet.

"Ein kleiner Reset fürs Herz"
Was macht Hunde zu so außergewöhnlichen Seelentröstern – oft sogar einfühlsamer als wir Menschen? "Ein Hund wertet nicht", sagt Doris. "Ihm ist egal, ob du stotterst, rechnen kannst oder traurig bist. Er hört einfach zu." Diese bedingungslose Akzeptanz hat enorme Wirkung: Studien belegen, dass beim Kontakt mit Tieren Stresshormone gesenkt und Glückshormone wie Oxytocin ausgeschüttet werden. Der Blutdruck sinkt, der Herzschlag beruhigt sich. "Es ist wie ein kleiner Reset fürs Herz", meint Michaela.

Besonders Kinder profitieren. "Ein Hund ist oft der beste Icebreaker" erklärt sie. "Viele Kinder erzählen ihm mehr als einem fremden Erwachsenen. Sie fühlen sich sicher und gesehen."
Ausbildung: Ab 2026 wieder in Vorarlberg möglich
Die Arbeit der Therapiebegleithunde-Teams ist anspruchsvoll – emotional wie organisatorisch. Sie ist nicht ehrenamtlich, da die Teams eine Aufwandsentschädigung erhalten. Trotzdem ist der Einsatz freiwillig und mit viel Hingabe verbunden. "Wir investieren Zeit, Geld und Herzblut. Unsere Hunde brauchen medizinische Checks, müssen entwurmt sein, und ein Einsatz darf laut Tierschutz nur 45 Minuten dauern", erklärt Doris.

Der Verein "Therapiehunde – Mensch und Tier" ist österreichweit aktiv. Ausbildungen gibt es unter anderem im Burgenland, Tirol – ab 2026 auch wieder in Vorarlberg. "Wir freuen uns über jede und jeden, der Interesse hat", sagt Doris. "In unserer offenen Gruppe kann man einfach mal reinschnuppern, sich austauschen und sehen, ob diese Arbeit etwas für einen ist", fügt sie abschließend hinzu.

Kontaktinformation: Verein Therapiehunde – Mensch und Tier
- Aktiv in ganz Österreich
- www.therapie-hunde.at
- Kontaktaufnahme über das Formular auf der Website oder direkt bei den regionalen Ansprechpartnern
- Infoabende & offene Gruppen: Auf Anfrage möglich
- Interessierte Hundebesitzer sind herzlich willkommen!



(VOL.AT)