Volksanwaltschaft fordert Schulung von Einsatzkräften für Sterbehilfe

Der Vorfall wird im Jahresbericht der Volksanwaltschaft beschrieben. Eine Frau, die zuvor eine rechtsgültige Sterbeverfügung aufgesetzt hatte, nahm eigenständig das in solchen Fällen von der Apotheke bereitgestellte tödliche Medikament ein. Etwa 15 Minuten später betraten Polizisten die Wohnung, drängten einen anwesenden Mann, der auf die Sterbeverfügung hinwies, beiseite und leiteten Wiederbelebungsmaßnahmen ein.
Sterbehilfe: Auch Rettung wollten Frau mit rechtsgültiger Sterbeverfügung reanimieren
Gleiches wiederholte sich nach Eintreffen von Rettungssanitäter und Notarzt. Auch diese zeigten sich vom Vorweisen der Sterbeverfügung und dem Nennen des Medikaments unbeeindruckt und setzten einen Defibrillator ein. Dies wurde fortgesetzt, bis das EKG keine Signale mehr anzeigte. Die Polizisten waren von einer Freundin der Verstorbenen alarmiert worden, von der sich die Frau vor Einnahme des Medikaments telefonisch verabschiedet hatte. Einwände des Mannes wiesen sie zurück - es sei ihre Pflicht, Leben zu retten und amtliche Informationen zum Sterbeverfügungsgesetz seien ihnen nicht bekannt.
Volksanwaltschaft macht Helfern keinen persönlicher Vorwurf
Volksanwalt Bernhard Achitz machte in einer Aussendung den Helfern persönlich keinen Vorwurf. "Was sie brauchen, sind klare Regelungen und Informationen zum Thema Sterbeverfügungsgesetz und assistierter Suizid. Rechtliche Widersprüche sollten beseitigt werden, damit Einsatzkräfte die Sterbeverfügungen respektieren dürfen." So seien etwa laut Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz die Rettungsdienste verpflichtet, wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofort erste notärztliche Hilfe zu leisten.
Die Volksanwaltschaft hat aber "gewichtige Bedenken, ob die Vorgangsweise der Polizisten und des Notarztrettungspersonals nicht ein sachlich ungerechtfertigter Eingriff in die grundrechtlich geschützte Sphäre sowohl der Sterbenden als auch des Mannes war". Unter anderem verweist man auf die Regelungen zur Patientenverfügung, die an einem Rettungseinsatz beteiligte Sanitäter sowie Notärztinnen verpflichtet, in der Verfügung genannte Maßnahmen nicht durchzuführen.
Ebenso könne eine Sterbeverfügung für die Beurteilung des mutmaßlichen Patientenwillens herangezogen werden, auch wenn das Sterbeverfügungsgesetz das derzeit nicht ausdrücklich vorsehe. Der Zweck des Gesetzes wie auch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs ließen aber erkennen, dass "die freie und selbstbestimmte Errichtung und Umsetzung der Sterbeverfügung grundsätzlich auch die (für die Polizei und Rettungskräfte verbindliche) Ablehnung anschließender lebensrettender bzw. lebenserhaltender Maßnahmen beinhaltet".
(APA/Red)