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Kickl sagt Danke

©APA/Max Slovencik
Gastkommentar von Johannes Huber. Ob Nehammer, Brunner oder Hanke: Sie haben in ihren ehemaligen Funktionen versagt und sind trotzdem befördert worden. Für ihre Parteien wird sich das rächen.

Die Wien-Wahl findet zwar nicht im Herbst, sondern schon am 27. April statt, für die SPÖ von Bürgermeister Michael Ludwig ist das Thema Budgetmisere aber schon bedrohlich stark aufgekommen. Statistik Austria hat gerade mitgeteilt, dass das gesamtstaatliche Defizit im vergangenen Jahr viel höher ausgefallen ist als ohnehin schon befürchtet.

In Wien selbst mag man ursprünglich von noch übleren Zahlen ausgegangen sein; die über eineinhalb Milliarden Euro Neuverschuldung der Stadt sind jedoch exorbitant: Sie entsprechen ungefähr der Gesamtsumme, die für alle übrigen österreichischen Gemeinden sowie die Bundesländer Niederösterreich und Burgenland ausgewiesen wird.

Schlimmer: Für heuer erwartet die Stadt ein Defizit von bis zu 3,8 Milliarden Euro. Das ist – für die kommunale Ebene – ein schier unglaubliches Niveau. Und es wird dazu führen, dass nach der Wahl schmerzliche Einschnitte unausweichlich werden.

Umso bemerkenswerter ist, dass die Frage nach der politischen Verantwortung für diesen Schlamassel so vernachlässigt wird. Klar ist: Einen Teil trägt der ehemalige Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ). Konsequenzen ziehen muss er jedoch nicht. Auf Wunsch von Ludwig und mit Zustimmung von SPÖ-Bundesparteichef, Vizekanzler Andreas Babler ist er in gewisser Weise vielmehr belohnt und vor wenigen Wochen zum Verkehrsminister gemacht worden.

Budgetpolitisches Versagen ist in Österreich ganz offensichtlich auf allen Ebenen egal. Den Bürgerinnen und Bürgern werden hinterher Leistungen gekürzt. Aber sonst? Auf Bundesebene hat Ex-Kanzler Karl Nehammer gemeinsam mit Ex-Finanzminister Magnus Brunner bis zur Nationalratswahl im September behauptet, dass kein Sparpaket kommen werde; dass ein Wirtschaftsaufschwung ein solches erübrigen werde. Heute weiß man: Über die wahre Lage haben sie die Leute hinweggetäuscht, um es vorsichtig zu formulieren. Und anstelle eines Booms läuft noch immer eine Rezession.

Der Ex-Kanzler und sein damaliger Finanzminister wurden trotzdem belohnt: Karl Nehammer ist vom amtierenden Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) für einen Direktoriumsposten in der Europäischen Investitionsbank nominiert worden und Brunner ist bereits EU-Kommissar.

FPÖ-Chef Herbert Kickl sagt Danke: Er mag persönlich eine Krise haben, weil er sich selbst ums Kanzleramt gebracht hat. Gut möglich aber, dass er früher oder später zu einer zweiten Chance kommen wird. Hier wird daran gearbeitet: Es entspricht seiner Erzählung, dass Eliten jegliches Gespür dafür verloren hätten, was geht und was nicht geht; dass sie es sich richten, den Leuten aber Sparpakete zumuten.

Da sollten sich ÖVP und SPÖ nicht wundern, wenn Kickl bei der nächsten Nationalratswahl mit seiner Partei noch deutlicher vorne liegt bzw. sie noch weiter zurückfallen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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