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Stichwahl in Lochau: Letztes Rededuell vor der Entscheidung – Visionen, Differenzen und Übereinstimmungen im Überblick

©VOL.AT/Paulitsch
Am malerischen Ufer des Bodensees in Lochau trafen der amtierende Bürgermeister Frank Matt (Grüne) und sein Herausforderer Stephan Schnetzer (ÖVP) zum letzten großen Rededuell vor der Stichwahl am kommenden Sonntag aufeinander.
Sieben Fragen an die Bürgermeisterkandidaten
Wie sieht Ihre langfristige Vision für Lochau aus?

In einem offenen, teils hitzigen, aber stets respektvollen Schlagabtausch stellten beide Kandidaten ihre Positionen zu zentralen Zukunftsthemen der Gemeinde dar – von Infrastrukturprojekten über Finanzen bis hin zu sozialen Herausforderungen wie leistbarem Wohnen.

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Die alte Fähre – Erhalt oder Erneuerung?

Der Bürgermeister und sein Herausforderer vor der Alten Fähre. ©VOL.AT/Paulitsch

Gleich zu Beginn wurde die Zukunft der alten Fähre diskutiert – ein emotional behaftetes Thema in der Gemeinde.

Frank Matt betonte den historischen und identitätsstiftenden Wert des Schiffs: "Die alte Fähre ist ein Wahrzeichen von Lochau." Er erklärte, dass die Betriebsbewilligung kürzlich um zehn Jahre verlängert wurde. "Was danach passiert, muss gemeinsam mit der Gemeindevertretung entschieden werden. Derzeit ist alles offen."

Stephan Schnetzer sieht das anders – er forderte mehr Klarheit und einen langfristigen Plan: "Wir müssen jetzt schon so entscheiden, dass wir nicht in 30 Jahren dieselbe Diskussion wieder führen. Mir ist die Euregia – als Ersatz – schlicht zu groß. Das passt nicht zu Lochau."

Bahnausbau – Einigkeit beim Tunnel

Beim Thema zweigleisiger Bahnausbau entlang der Bodenseebahn zeigten sich beide Kandidaten wenig überraschend einig: eine oberirdische Lösung kommt für keinen in Frage.

Einig sind sich die beiden Kandidaten wenn es um den Ausbau der Bahnstrecke geht. ©VOL.AT/Paulitsch

Frank Matt verwies auf langjährige Bemühungen und politische Vernetzung: "Wir haben uns in der IGUP – Interessensgemeinschaft unterirdische Bahnlösung – engagiert. Für uns ist klar: wir wollen die Güter- und Fernverkehrsstrecke unterirdisch im Pfändertunnel."

Auch Schnetzer – selbst Baumeister – stimmte zu: "Die Bahn gehört in den Tunnel. Das ist nicht nur eine Frage des Lärmschutzes, sondern auch der Sicherheit. Der Pfändertunnel ist hochwassersicher, Rettungswege sind vorhanden – technisch ist das machbar und wirtschaftlich sinnvoll."

Veranstaltungshalle – Jahrzehntelang verschleppt, jetzt Einigkeit?

Eine Mehrzweckhalle im Ortszentrum - unabhängig vom Ausgang der Wahl soll diese kommen. ©VOL.AT/Paulitsch

Ein zentrales Thema im Wahlkampf: die längst überfällige neue Mehrzweckhalle für Veranstaltungen, Schule und Vereine.

Schnetzer plädierte für eine schnelle Umsetzung: "Seit 30 Jahren liegt dieses Thema brach. Es ist Zeit, dass wir das endlich auf Schiene bringen. Die Vereine, die Schule – alle warten darauf." Er wolle die Halle im Rahmen des Schulcampus realisieren: "Die Synergien sind offensichtlich."

Frank Matt zeigte sich erfreut über die laut ihm späte Übereinstimmung: "Es freut mich außerordentlich, dass der ÖVP-Kandidat jetzt auch auf dieses Thema aufgesprungen ist. Wir haben die Finanzierung vorbereitet, ein Architekturwettbewerb ist in Planung. Die Umsetzung ist längst überfällig."

Haushaltslage – solide oder grenzwertig?

Beim Thema Finanzen sind sich die beiden Kandidaten dann allerdings weniger einig. ©VOL.AT/Paulitsch

Ein Streitpunkt war die Interpretation der Finanzlage der Gemeinde.

Matt sagte: "Lochau steht finanziell gut da. Unsere Einnahmen sind deutlich gestiegen – durch kluge Investitionen, beispielsweise in Grundstücke." Die Verschuldung sei unter seiner Amtszeit gesunken, so der Bürgermeister.

Schnetzer war zurückhaltender: "Unsere Finanzen sind grenzwertig. Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe – wir brauchen eine solide Basis, dürfen uns aber in Krisenzeiten nicht vor Investitionen scheuen. Das bedeutet auch, Vertrauen in die Zukunft zu zeigen."

Wohnbau – Wer kann sich Lochau noch leisten?

Ein hoch emotionales Thema war der leistbare Wohnraum in der attraktiven Bodenseegemeinde.

Frank Matt verwies auf eine hohe Zahl an Sozialwohnungen: "Jede vierte Wohnung in Lochau ist eine Sozialwohnung – das ist ein Spitzenwert im Land." Sein Fokus liegt nun auf Mietkaufmodellen für junge Einheimische: "Ich will, dass junge Lochauer zu Eigentum kommen können."

Leerstandsabgabe und Mietkaufwohnungen sollen helfen, meint der amtierende Bürgermeister. ©VOL.AT/Paulitsch

Schnetzer konterte: "Das ist schön und gut – aber wir müssen dafür sorgen, dass überhaupt jemand aus Lochau eine Wohnung bekommt. Bei vielen Projekten sind die Wohnungen längst verkauft, bevor ein Lochauer überhaupt davon erfährt. Wir brauchen Pilotprojekte, bei denen die Gemeinde über Baurecht Einfluss nimmt."

Für Schnetzer ist das Problem mit Luxus und Investorenwohnungen in Lochau in der Praxis schwer zu lösen. ©VOL.AT/Paulitsch

Toiletten im Naherholungsgebiet – Luxus oder Notwendigkeit?

Ein kleiner, aber symbolträchtiger Konflikt entzündete sich am Thema öffentlicher Toiletten.

Matt kritisierte: "Toiletten im Wald? Das finde ich etwas kurios. Da kann ich nur sagen: Gute Nacht, Lochau. Wir haben andere Prioritäten."

Schnetzer verteidigte den Vorschlag: "Wir wollen keine 100.000-Euro-Toiletten. Aber funktionierende sanitäre Infrastruktur ist notwendig – vor allem in der Hochsaison."

Bürgermeister Matt wundert sich über einzelne Punkte im Wahlprogramm von Matt. ©VOL.AT/Paulitsch

Jugend und Freizeit – doppelt hält besser?

Auch die ÖVP-Initiative für neue Räume für Jugendliche sorgte für Diskussion.

Matt zeigte sich skeptisch: "Die Vereine leisten hervorragende Jugendarbeit. Warum sollen wir doppelte Strukturen schaffen? Das erzeugt nur zusätzliche Kosten."

Schnetzer hielt dagegen: "Wir denken an die Jugendlichen, die eben nicht im Verein aktiv sind. Auch die haben das Recht auf Räume und Angebote."

Frank Matt und Stephan Schnetzer im VOL.AT Wahlduell am Bodenseeufer in Lochau. ©VOL.AT/Paulitsch

(VOL.AT)

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