OeNB-Prognose: 3,8 Prozent Defizit und leichter Rückgang bei Wirtschaftswachstum erwartet

Trotz der Bemühungen der neuen schwarz-rot-pinken Regierung zur Haushaltseinsparung erwartet die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) nicht, dass das Defizit in diesem Jahr unter die Maastricht-Schwelle von 3 Prozent fallen wird. Die Regierung will wegen befürchteter negativer Konjunktureffekte dennoch keine weiteren Maßnahmen beschließen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen sieht einem möglichen EU-Defizitverfahren gelassen entgegen.
OeNB rechnet auch 2026 und 2027 mit Defizit von mehr als 3 Prozent
Van der Bellen könne Fiskalratschef Christoph Badelt und Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) "nur zustimmen: Kein Grund zur Panik", sagte der Bundespräsident am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit seinem albanischen Amtskollegen in Wien. Im Falle eines Defizitverfahrens würden lediglich formale Konsultationen mit der EU-Kommission stattfinden. "Das ist alles." Er habe deswegen "nicht verstanden, warum da so ein Drama daraus gemacht wurde, ob es nun ein Defizitverfahren oder kein sogenanntes Defizitverfahren gibt", so der Bundespräsident. Der Hintergrund sei allerdings "schon ein ernster", so Van der Bellen weiter. Das Budget sei in Zeiten einer Hochkonjunktur "leicht zu sanieren", aber im Falle einer Rezession sei Vorsicht geboten. "Warum? Weil zu starke Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen die Rezession ja weiter verschärfen würden". Daher sei das eine Situation, die "Fingerspitzengefühl braucht".
Ähnlich sieht das offenbar die Regierung: "Neue oder höhere Steuern sind aktuell nicht der richtige Weg, denn diese würden die Konjunktur nur zusätzlich belasten", sagte Finanzstaatssekretärin Eibinger-Miedl (ÖVP) in einer Stellungnahme. Ziel sei es, den Wirtschaftsmotor wieder anzukurbeln, "daher setzt die Regierung auf Planbarkeit sowie langfristig angelegte Reformen". In Kauf nimmt man damit ein EU-Defizitverfahren. Ein Defizitverfahren sei möglich, sagte die ÖVP-Staatssekretärin. "Ob ein solches Verfahren tatsächlich eingeleitet wird, hängt von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung ab und wird von der EU-Kommission im Juli 2025 entschieden". Die Regierung wolle jedenfalls am vereinbarten Konsolidierungskurs und den für heuer und kommendes Jahr geplanten Einsparungen festhalten, betonte sie.
Etwas anders klang es seitens der NEOS. Generalsekretär Douglas Hoyos versicherte in einer Aussendung zwar, dass man jedenfalls am ausverhandelten Spar- und Reformkurs festhalten und auch die geplanten Aktiv-Maßnahmen setzen wolle. Die NEOS wollten die verschlechterte Budgetlage aber auch nutzen, um in der Koalition über verstärkte Spar- und Reformanstrengungen zu beraten und rasch die Länder und Gemeinden an Bord zu holen. "Die Zahlen, von denen wir reden, betreffen immer das gesamtstaatliche Defizit - also Bund, Länder und Gemeinden", betonte Hoyos. Daher müsse man sich auch gemeinsam anstrengen und Möglichkeiten suchen, im System zu sparen und strukturelle Reformen auf den Weg zu bringen - was in einem allfälligen ÜD-Verfahren von der EU auch gefordert werde.
Die Budgetkonsolidierung wird durch die schwache Wirtschaftsentwicklung erschwert. In ihre Defizit-Schätzung hat die OeNB alle von der Regierung geplanten Sparmaßnahmen einkalkuliert. Die nach wie vor schwächelnde Konjunktur sorge für ein geringeres Wachstum bei den Steuereinnahmen und erhöhe die Ausgaben im Arbeitsmarktbudget, führt die Notenbank am Dienstag aus. Zudem habe sich bis 2024 die Abgabenquote trotz vieler Steuersenkungen erhöht. In den kommenden Jahren dürfte sich dieser Trend aber umkehren. Im Zuge dessen schätzt die OeNB das Konsolidierungsvolumen des geplanten Sparpakets für 2025 nur auf 4 Mrd. Euro, die Regierung hatte ein Volumen von mehr als 6 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. 2026 dürfte das Budgetdefizit dann auf 3,3 Prozent zurückgehen, erst für 2027 erwartet die Notenbank jedoch, dass das Defizit mit 3,1 Prozent nur noch knapp über der Maastricht-Grenze liegen wird. Der Grund: 2026 und 2027 werden weitere Konsolidierungsmaßnahmen wirksam und die Konjunktur sollte sich wieder etwas erholen.
Konsolidierungsbedarf beim Budget hat sich dramatisch erhöht
Im Zuge dessen schätzt die OeNB das Konsolidierungsvolumen des geplanten Sparpakets für 2025 nur auf 4 Mrd. Euro, die Regierung hatte ein Volumen von mehr als 6 Mrd. Euro in Aussicht gestellt. 2026 dürfte das Budgetdefizit dann auf 3,3 Prozent zurückgehen, erst für 2027 erwartet die Notenbank jedoch, dass das Defizit mit 3,1 Prozent nur noch knapp über der Maastricht-Grenze liegen wird. Der Grund: 2026 und 2027 werden weitere Konsolidierungsmaßnahmen wirksam und die Konjunktur sollte sich wieder etwas erholen. Wie bereits am Montag bekannt wurde, hat sich auch der Konsolidierungsbedarf beim Budget dramatisch erhöht. War man bisher davon ausgegangen, dass man gut 6,3 Milliarden Euro einsparen muss, um ein EU-Defizitverfahren zu vermeiden, hat sich die Summe nun fast verdoppelt. Fiskalrat-Chef Badelt geht von vier bis fünf Milliarden an weiterem Konsolidierungsbedarf aus.
Von der Opposition kam am Dienstag unterschiedliche Kritik. FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker kritisierte vor allem die ÖVP, die sich aus seiner Sicht viel früher mit der Situation hätte beschäftigen müssen. Bei einer Pressekonferenz warnte er vor einem Defizitverfahren, wodurch man "noch mehr Kompetenzen an Brüssel" abgeben würde. Zudem würde Österreich dadurch ein schlechteres Rating drohen. Grünen-Chef Werner Kogler sprach sich dagegen für ein EU-Defizitverfahren aus. "Wir dürfen nicht aufgrund falscher Regelverständnis das alles abwürgen, was für die Zukunft relevant wäre", so Kogler in einer Pressekonferenz. Verantwortlich für die Budgetzahlen machte er die Konjunkturlage und frühere Regierungen, die für eine "verbrecherische" Gasabhängigkeit von Russland gesorgt hätten.
OeNB senkt Wachstumsprognose für 2025
Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat ihre Wachstumsprognose für heuer und für die kommenden Jahre spürbar zurückgenommen. Für 2025 rechnet die Nationalbank nun mit einem leichten Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,1 Prozent. Im Dezember war sie noch von einem BIP-Plus von 0,8 Prozent ausgegangen. Damit bahnt sich in Österreich das dritte Rezessionsjahr an. Das Budgetdefizit wird trotz der Konsolidierungspläne der neuen Regierung mit 3,8 Prozent erwartet.
Auch für die kommenden beiden Jahre 2026 und 2027 hat die OeNB ihre Prognosen nach unten geschraubt. Für beide Jahre rechnet sie nun mit einem Wirtschaftswachstum von jeweils 1,2 Prozent, nachdem im Dezember noch ein Plus von 1,6 Prozent (2026) bzw. 1,3 Prozent (2027) angenommen wurde. Mit ihrer Einschätzung ist die Nationalbank derzeit eher auf der pessimistischen Seite. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) und das Institut für Höhere Studien (IHS) gehen laut ihren Schätzungen vom Dezember noch von einem Plus von 0,6 bzw. 0,7 Prozent aus. Am Donnerstag werden die Wirtschaftsforscher jedoch ihre aktuelle Frühjahrsprognose präsentieren.
Gründe für die Abwärtsrevision der BIP-Prognose seien neue Wirtschaftsdaten, die geopolitischen Unsicherheiten sowie das Konsolidierungspaket der neuen Regierung gewesen. Letzteres sei mit allen geplanten Maßnahmen eingepreist worden. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bereits Anfang März ihre BIP-Prognose für den Euroraum auf 0,9 Prozent gesenkt, nach einer Erwartung von 1,1 Prozent im Dezember.
OeNB-Chef Holzmann sieht Tiefpunkt der Wirtschaftsentwicklung überwunden
Trotz der gesenkten Aussichten rechnet die OeNB damit, dass sich die Wirtschaft heuer wieder stabilisiert. "Der Tiefpunkt der Wirtschaftsentwicklung dürfte überwunden sein", sagte OeNB-Gouverneur Robert Holzmann laut Aussendung. Die Inflation habe sich stabilisiert, sinkende Zinsen sorgten für geringeren Kostendruck auf Unternehmen und Haushalte und das Vertrauen von Industrie und Konsumentinnen und Konsumenten nehme wieder zu.
Ein Wachstum wird allerdings erst ab dem zweiten Halbjahr erwartet, weshalb die Prognose für das Gesamtjahr leicht negativ bleibt. Die deutlich gestiegene Energieinflation zu Beginn 2025 - nach Auslaufen einiger staatlicher Unterstützungsmaßnahmen - sowie eine überdurchschnittliche Dienstleistungsinflation treiben zudem die Inflationsprognose für das Gesamtjahr 2025 nach oben. Für heuer wird eine HVPI-Inflation von 2,9 Prozent erwartet. Für 2026 wird dann mit einem Rückgang der Teuerung auf 2,3 Prozent gerechnet, 2027 dürfte die Inflation bei 2,1 Prozent zu liegen kommen. Risiken für ihre Wachstums- und Inflationsannahmen sieht die OeNB in den von US-Präsident Donald Trump angedrohten Zöllen. Das deutsche Konjunkturpaket könnte indessen für positive Wachstumseffekte in Österreich sorgen.
Österreich hinkt der Eurozone bei den Inflationserwartungen damit etwas nach. Für die Eurozone wird erwartet, dass sich diese schon heuer in Richtung der EZB-Zielmarke von 2 Prozent bewegt. Anfang 2026 soll der Zielwert dann erreicht sein. Im Zuge dessen hat die EZB auch seit Juni 2024 ihre Leitzinsen sechs Mal gesenkt. Ob es bei der kommenden Sitzung im April eine weitere Zinssenkung geben wird, ließ OeNB-Gouverneur Robert Holzmann offen.
OeNB-Bilanzverlust 2024 bei 4,2 Mrd. Euro
Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat im abgelaufenen Jahr erneut einen milliardenschweren Verlust geschrieben. Unterm Strich blieb ein Bilanzverlust von 4,184 Mrd. Euro, das geschäftliche Ergebnis belief sich auf minus 2,122 Mrd. Euro. Bereits in den Vorjahren hatte die OeNB deutliche Verluste hinnehmen müssen. Grund sind die unterschiedlichen Verzinsungen von Aktiva und Passiva. Der Bund geht im Zuge dessen heuer erneut leer aus und erhält keine Gewinnausschüttung.
Der "Tiefpunkt bei den negativen Geschäftsergebnissen" sei überschritten, die geldpolitischen Maßnahmen der vergangenen Jahre hätten jedoch "ihre Spuren in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung der OeNB hinterlassen", sagte Vize-Gouverneurin Edeltraud Stiftinger am Dienstag laut Aussendung. Im Zuge der viele Jahre lang ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Krisen der vergangenen Jahre - allen voran die Coronapandemie und der Ukraine-Krieg - hat die OeNB zahlreiche Wertpapiere mit sehr niedriger Verzinsung in der Bilanz. Diese bringen nur wenig Geld für die Notenbank ein. Auf der Passivseite muss die Notenbank jedoch aufgrund des seit 2022 gestiegenen Zinsniveaus höhere Zinsen an die Geschäftsbanken für ihre Einlagen bei der Notenbank zahlen.
Von OeNB bezahlte Zinsen sechsmal so hoch wie Zinseinnahmen
"Die von der OeNB an Kreditinstitute gezahlten Zinsen betrugen im Geschäftsjahr 2024 das Sechsfache der erwirtschafteten Zinserträge aus den geldpolitischen Wertpapier-Ankaufprogrammen", so Stiftinger weiter. Die Einlagen österreichischer Banken bei der OeNB lagen im Vorjahr im Jahresdurchschnitt bei 87 Mrd. Euro und wurden im Schnitt mit 3,7 Prozent verzinst. Demgegenüber standen 107 Mrd. Euro an Wertpapieren, die die Notenbank 2024 zu geldpolitischen Zwecken hielt.
Die durch die frühere ultralockere EZB-Politik stark angestiegene Bilanzsumme wurde 2024 wieder etwas abgebaut. Zum Jahresende stand die Bilanzsumme bei 237 Mrd. Euro, das waren um 4 Prozent oder 10 Mrd. Euro weniger als im Jahr davor. OeNB-Gouverneur Robert Holzmann verwies darauf, dass die Nationalbank ihrem Geschäft auch mit einem Bilanzverlust nachgehen kann. "Ob eine Zentralbank Gewinne oder Verluste macht, ist ein nachrangiges Ergebnis ihres Mandats, die Preisstabilität auf mittlere Frist zu gewährleisten", sagte Holzmann. Auch Stiftinger betonte bei der Pressekonferenz am Dienstag, dass die Verluste "ganz bewusst in Kauf genommen" wurden um die Inflation zu bekämpfen und die Preise zu stabilisieren.
Bund geht wegen OeNB-Bilanzverlust wieder leer aus
Für den Bund fällt wegen des negativen Ergebnisses heuer das dritte Jahr in Folge keine Gewinnausschüttung ab. Die OeNB rechnet jedoch damit, dass es nun wieder bergauf geht. Nach dem Ende der Anleihen-Ankaufprogramme der EZB reifen viele Wertpapiere nun ab und werden nicht erneut veranlagt. Die Bilanzsumme sollte damit weiter zurückgehen. Danach seien auch wieder Gewinne zu erwarten. Bis die Anleihen vollständig abgereift seien, dürfte es aber noch viele Jahre dauern. "Es gibt ein starkes Abreifen bis zum Jahr 2031, da werden sie ungefähr um zwei Drittel zurückgegangen sein", so Stiftinger. Bis 2037 sollte der Rückgang in etwa 90 Prozent betragen. Den letzten Abbau werde man erst im Jahr 2051 sehen.
Positiv sei für die OeNB auch, dass das Vermögen die Verluste deutlich übertreffe, so die Vize-Gouverneurin. Im Vorjahr sei der Wert der Goldbestände um ein Drittel gestiegen. Der Bestand selbst ist jedoch seit 2007 unverändert und beträgt rund 280 Tonnen. Die OeNB hat keinerlei Ambitionen, Teile ihrer Goldbestände zu verkaufen. Das sei "keineswegs unsere Absicht, werden wir niemals tun", sagte Stiftinger. Denn Gold sei ein großer Stabilitätsanker und die OeNB sei nicht auf kurzfristige Wertsteigerungen ausgerichtet. Die Goldbestände machten im Vorjahr rund 64 Prozent des Vermögens der OeNB aus. Weitere 22 Prozent stammten aus Staatsanleihen und je 7 Prozent aus Unternehmensanleihen und Aktien.
OeNB für durchsetzbare Annahmepflicht von Bargeld
Eine wichtige Aufgabe der OeNB sei darüber hinaus die Sicherstellung der Bargeldversorgung. Bei der Pressekonferenz am Dienstag plädierte OeNB-Direktor Eduard Schock für eine durchsetzbare Annahmepflicht von Bargeld. 94 Prozent der österreichischen Bevölkerung nützten nach wie vor Bargeld und die vermehrte Ablehnung von Bargeldzahlungen von Händlern und Unternehmen gefährde die Wahlfreiheit zwischen den Zahlungsmitteln. Von 2020 bis 2024 sei der Prozentsatz der Betriebe, die Bargeld ablehnen, von 6 auf 9 Prozent gestiegen. Vor diesem Hintergrund sei auch die flächendeckende Versorgung mit Bargeld über Bankomaten weiterhin notwendig. Dazu wurde bereits vor über einem Jahr eine Vereinbarung zwischen den heimischen Banken und dem Gemeindebund getroffen.
Den Bankensektor sieht OeNB-Direktor Thomas Steiner indessen in resilienter Verfassung. Profitabilität und Kapitalisierung seien solide aufgestellt, die Kreditqualität verschlechtere sich allerdings. Vor allem in Österreich sei ein Anstieg der NPL-Quoten (non-performing loans/NPL) zu sehen, in den CEE-Töchtern laufe es dagegen besser. Herausforderungen für den Bankensektor und dessen Stabilität seien das politische und ökonomische Umfeld sowie Cyberrisiken und Digitalisierung.
(APA/Red)