Van der Bellen gab bei Mayr-Angelobung Comeback

Mayr leitete im Finanzministerium seit 2012 die Sektion Steuerpolitik und Steuerrecht. Der 1972 geborene Jurist und Ökonom soll bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung Minister bleiben. Er folgt auf Magnus Brunner (ÖVP), der als EU-Kommissar nach Brüssel wechselt.
Brunner hatte zuvor am Dienstag offiziell seinen Rücktritt eingereicht, um sich auf die neue Aufgabe vorzubereiten. Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer nominierte daraufhin Mayr als Nachfolger. Mittwochnachmittag fand dann die Amtsübergabe im Finanzministerium statt. Brunner übergab dabei symbolisch den historischen Schlüssel des Finanzministeriums an den neuen Hausherrn. Mayr, der sich als Sektionschef für Steuerrecht und -Steuerpolitik vorübergehend freistellen ließ, wird laut einem Bericht der "Kleinen Zeitung" interimistisch von seinem Stellvertreter, Stefan Melhardt, ersetzt.
Mayr-Angelobung mit Van der Bellen
Durchgeführt wurde die Angelobung des bisherigen Sektionschefs, der in Begleitung von Bundeskanzler Nehammer in die Präsidentschaftskanzlei kam, von Van der Bellen. Dieser war während seiner Rekonvaleszenz von Kanzler Nehammer vertreten worden.
"Die heutige Betrauung und Angelobung hat gute europäische Gründe", verwies Van der Bellen auf die Bestellung Brunners zum EU-Kommissar, dem er für die Dienste an der Republik seinen Dank ausrichtete.
Die Bundesverfassung sehe zurecht vor, "dass es immer eine handlungsfähige Bundesregierung gibt", so der Präsident zur Angelobung Mayrs. "Sie übernehmen das Amt in keiner einfachen Zeit", blickte er auf die stotternde Wirtschaftslage. "Das hat naturgemäß Folgen für das Budget." Auch verwies Van der Bellen auf weitere Herausforderungen wie die "volatile Sicherheitsarchitektur", die Klimakrise und auch die Wahl des neuen US-Präsidenten Donald Trump, mit der sich "einiges ändern" werde, "wir wissen aber noch nicht was".
Auch erwähnte Van der Bellen die derzeit laufenden Koalitionsgespräche zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS. "Die Sondierungsphase geht nun in Regierungsverhandlungen über." Die Zeit dafür sei "gut investiert", wenn diese zu einer zukunftsträchtigen Vereinbarung führt, sagte er.
Gespräch mit Nehammer
An Nehammer richtete er den Wunsch, sich nach der Angelobung noch "ein paar Minuten" Zeit zu nehmen, um ihm über den Stand der Gespräche zu berichten. Nehammer und Van der Bellen zogen sich im Anschluss dann auch zu einem kurzen Gespräch ins Büro des Präsidenten zurück. Öffentliche Äußerungen gab es danach keine.
Mayr wiederholte nach seiner Angelobung seine Aussage, wonach das in ihn gerichtete Vertrauen auch ein Ausdruck in das Vertrauen in die österreichische Beamtenschaft sei. Er verwies auf seine langjährige Tätigkeit im Finanzressort, wodurch Kontinuität gewahrt bleibe. Im Anschluss werde er ins Parlament gehen und dort Bericht erstatten, sagte er.
Dank von Van der Bellen
Van der Bellen nahm den Termin auch zum Anlass, um Nehammer für die Vertretung zu danken. "Wie Sie alle wissen, habe ich eine Bandscheiben-Operation vornehmen lassen müssen." Diese sei erfolgreich gewesen, die Schmerzen "sind weg". Der Heilungsprozess verlaufe zufriedenstellend, sagte das Staatsoberhaupt, das sich auch bei den behandelnden Ärzten und dem gesamten Krankenhauspersonal bedankte sowie für alle Genesungswünsche.
Der neue Minister Mayr studierte in Innsbruck und arbeitet seit 2003 im Finanzministerium. In seiner Position als Professor für Finanzrecht an der Universität Wien ist er zurzeit karenziert. Mayr ist verheiratet und hat zwei Töchter.
Finanzminister präsentierte sich Nationalrat
Kurz nach seiner Angelobung präsentierte sich der neue Finanzminister Gunter Mayr schon dem Nationalrat. Der bisherige Spitzenbeamte versprach, das Amt mit Demut auszuüben und sah seine Ernennung als "Ausdruck des Vertrauens in die Beamtenschaft". Die begleitende Debatte brachte einerseits Kritik an der Budgetpolitik der Regierung und einen Ausblick, wie sich die Koalitionsverhandler eine Sanierung der Staatsfinanzen vorstellen.
Mayr versprach dann auch "volle Konzentration auf die budgetäre Situation". Missfallen haben ihm offenbar die Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute, die sehr hohe Defizite voraussagen. Die EU-Kommission erwarte nämlich ein geringeres Defizit von 3,6 Prozent für heuer und von 3,7 Prozent für kommendes Jahr. Freilich ist auch Mayr dieser Wert zu hoch: "2025 sollten wir unter drei Prozent kommen." Denn sonst komme ein Defizitverfahren: "Das gilt es natürlich abzuwenden."
Auch die bisherige Koalition war bemüht, die eigene Arbeit in einem positiveren Licht darzustellen. Österreich sei in Sachen Wirtschaftskraft noch immer unter den besten in Europa, betonte Beamtenminister Werner Kogler (Grüne). Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) verwies auf die schwierigen Zeiten, in denen sich Österreich befunden habe und dass neben der Bewältigung der diversen Krisen auch Offensiv-Maßnahmen wie die Aufrüstung des Bundesheers vonnöten gewesen sein. Mayrs Vorgänger Magnus Brunner (ÖVP) dankte Nehammer dafür, "besonnen" und "mit kühlem Kopf" agiert zu haben. Vertrauen hat Nehammer auch in den neuen Ressortchef: "Ich bin überzeugt, dass er die richtige Wahl für das Finanzministerium ist."
Was die Koalitionsverhandlungen angeht, meinte der VP-Chef: "Ziel muss sein, eine handlungsfähige Regierung zu bilden." Ziel sei, den Österreichern im besten Sinne des Wortes zu dienen. Dabei brauche es keine "rückwärtsgerichtete Politik", für die die FPÖ stehe, ergänzte der geschäftsführende Klubchef August Wöginger.
"Riesen-Herausforderung"
Dass gespart werden muss, steht einigermaßen außer Diskussion, die Frage des wie blieb aber auch in dieser Debatte umstritten. SP-Klubchef Andreas Babler sprach von einer "Riesen-Herausforderung", die zu bewältigen sei. Dies werde aber nicht mit einem "zusätzlichen hineinsparen" funktionieren, würde man damit doch jeden Konjunkturmotor abwürgen. Vielmehr denkt der SP-Vorsitzende nun wieder Steuern für Vermögende an: "Breitere Schultern sollen mehr tragen als schwächere Schultern."
NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger gab Babler insofern recht, als auch aus ihrer Sicht Zukunftsinvestitionen getätigt werden müssten: "Es muss aber auch ausgabenseitig etwas getan werden." Die Lage sei ernst, alleine für 2025 liege der Konsolidierungsbedarf bei 5,7 Milliarden. Kogler meinte, es müsse gespart werden und das schneller, als SP-Chef Babler vielleicht glaube. Ansetzen würde er z.B. bei klimaschädlichen Subventionen. Wichtig sei es sinnvoll zu sparen, damit man auch investieren könne.
FPÖ-Klubchef Herbert Kickl war nicht rasend begeistert von der Wahl Mayrs. Denn er möchte geklärt haben, wer auch in der Beamtenschaft an der budgetären "Vorwahl-Vertuschung" beteiligt gewesen sei. Damit bezog er sich darauf, dass Brunner die höhere Defizitprognose erst nach der Nationalratswahl präsentiert hat. Unverständnis äußerte Kickl einmal mehr darüber, dass er bei der Regierungsbildung nicht zum Zug kommt. Der FP-Chef beklagte eine Missachtung des Wahlergebnisses und glaubt, dass sich 1,4 Millionen freiheitlicher Wähler zu Wählern zweiter Klasse degradiert sähen. Kanzler Nehammer nannte er "Verlierer und Schuldenkaiser". VP-Generalsekretär Christian Stocker konterte in der zunehmend emotionaler werdenden Debatte: "Nehmen sie zur Kenntnis, es will sie niemand."
Dass es die FPÖ in der Regierung bräuchte, befand der freiheitliche Abgeordnete Georg Kaniak. Nur mit ihr würde das Budget halten und eine Wirtschaftsperspektive entstehen: "Wenn man die Regierung anhand der Zahlen bewertet, kann es nur ein klares Nicht genügend geben." Brunner sei immerhin dem Schulverweis zuvorgekommen und freiwillig gegangen. Mayr gestand er zwar Expertise zu, doch hätte es aus seiner Sicht für die Aufgabe einen "parteiunabhängigen Experten" gebraucht. Fürs erste will die FPÖ einmal Geld ausgeben. Sie beantragte eine Verlängerung der Strompreisbremse.
Neue Volksanwältin Schwetz bestellt
Die Volksanwaltschaft ist wieder komplett. Der Nationalrat bestellte Elisabeth Schwetz zur Nachfolgerin von Walter Rosenkranz, der als Präsident zurück ins Parlament gewechselt ist. Gegen die Personalie stimmten zum Abschluss der mittwöchigen Plenarsitzung nur die NEOS. Deren Abgeordnete Stephanie Krisper kritisierte, dass die Auswahl hinter verschlossenen Türen und ohne Kriterienvorgabe erfolgt sei.
Schwetz war bisher Bezirkshauptfrau von Wels-Land. Die FPÖ argumentierte ihre Eignung auch mit ihrer Funktion als Obfrau des Sozialhilfeverbands in ihrer Heimatregion. ÖVP und SPÖ, die mit Gaby Schwarz und Bernhard Achitz jeweils ebenfalls eine Vertretung in der Volksanwaltschaft haben, verwiesen auf die Bestimmung, wonach die drei stärksten Fraktionen geeignete Personen auswählen. Die Grünen kritisierten den Bestellungsmodus als zu wenig transparent und zu wenig qualitativ, stimmten dem Vorschlag letztlich aber zu.
Schwetz verfolgte die Abstimmung über ihren künftigen Job von der Tribüne mit und durfte sich des Beifalls fast aller Abgeordneter erfreuen.
(APA/Red)