Claudia Gamon: Von Brüssel nach Vorarlberg, mit Siegeswillen für die NEOS

Ein ambitioniertes Vorhaben, das sowohl Mut als auch politische Erfahrung erfordert – beides Eigenschaften, die Gamon in Fülle besitzt.
Ein ambitioniertes Ziel
Die Voraussetzungen für die Partei, bei der Landtagswahl am 13. Oktober deutlich an Relevanz zu gewinnen, sieht sie jedenfalls erfüllt. Wie man in Wahlkämpfen Erfolg hat, weiß sie auch. "Wir wollen so stark werden, dass man bei der Regierungsbildung nicht an uns vorbeikommt", stellte Spitzenkandidatin Claudia Gamon im Interview mit der APA fest.
Den NEOS schloss sich die aus Nenzing im Bezirk Bludenz stammende Gamon von Anfang an, sie gehört zu den Gründungsmitgliedern. Die von ihr maßgeblich geprägten Jungen Liberalen wurden in die JUNOS umgewandelt, deren stellvertretende Vorsitzende sie war. Massiv in die Schlacht warf sich Gamon 2014 bei der Wahl in Vorarlberg, wo erstmals der Einzug in ein Landesparlament gelang. So spricht Gamon bezüglich des heurigen Wahlgangs auch von ihrer "dritten Vorarlberger Landtagswahl" nach 2014 und 2019, obwohl es für sie persönlich zum ersten Mal um ein Mandat im Landesparlament geht. Bereits davor (2011 und 2013) war Gamon bei der ÖH-Wahl als JuLis-Spitzenkandidatin angetreten. Ihr Studium - Internationale Betriebswirtschaftslehre bzw. International Management - hat sie längst abgeschlossen.

Politische Erfahrung aus Wien und Brüssel
Obwohl die 35-Jährige aktuell keinen Sitz im Vorarlberger Landtag hat, ist mangelnde Parlamentserfahrung das Letzte, was man ihr vorwerfen kann. Als die heutige NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger 2015 in den Wiener Landtag wechselte, übernahm Gamon deren Mandat im Nationalrat, übrigens als einzige Frau in ihrer Fraktion. Dort war sie zu allen möglichen Themen engagiert, etwa zu Frauen- und Wissenschaftsangelegenheiten, aber eben auch in Sachen Europa oder Digitalisierung. 2019 gelang ihr der Sprung ins Europäische Parlament, wo sie dem Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie angehörte.
Rückkehr nach Vorarlberg
Dass es sie allerdings zurück nach Vorarlberg zog, wurde spätestens klar, als sie im Februar 2023 die Parteispitze der Vorarlberger NEOS von Sabine Scheffknecht übernahm. Im März des heurigen Jahres erfolgte die Kür zur NEOS-Spitzenkandidatin - sie ist bei der Landtagswahl die einzige Frau unter den Listenersten. Gamon ist mit einem Bregenzerwälder Hotelier verheiratet, im September 2023 kam die gemeinsame Tochter zur Welt, die sie via Instagram als "Eine neue Europäerin" vorstellte.
Überhaupt setzt die 35-Jährige in Sachen Kommunikation stark auf soziale Medien und lässt so die Öffentlichkeit an ihrem politischen und privaten Leben teilhaben. Persönlich hat Gamon einen gewinnenden Charakter, ist umgänglich und scheut auch den Kontakt mit dem Wahlvolk nicht, was in den kommenden Wochen von Vorteil sein dürfte. Aus Brüssel habe sie mitgenommen, "mit jedem eine Gesprächsbasis zu finden", sagt sie.
Zur Person
Claudia Gamon, geboren am 23. Dezember 1988 in Feldkirch, verheiratet, Mutter einer Tochter. Master im Studium International Management/CEMS. Außerhalb der Politik war sie im elterlichen Weinhandelsbetrieb und beim ÖAMTC beschäftigt. Zweimal Spitzenkandidatin der Jungen Liberalen (später JUNOS) bei ÖH-Wahlen, von Oktober 2015 bis Juni 2019 Abgeordnete zum Nationalrat, von Juli 2019 bis Juli 2024 Mitglied des Europäischen Parlaments. Seit 4. Februar 2023 Landessprecherin der Vorarlberger NEOS.

Gamon nennt als Hobbys unter anderem Laufen und Wandern. Die 2014 in den Vorarlberger Landtag eingezogenen NEOS sind nach ihren Anfangstagen längst in der Landespolitik angekommen. Nach zwei Mandaten (6,89 Prozent Stimmenanteil) bei der Premiere reichte es bei der Landtagswahl 2019 für den Klubstatus (drei Mandate, 8,51 Prozent). Hinter der bei EU- oder Nationalratswahlen erhaltenen Zustimmung blieb man aber deutlich zurück. Als neue Parteichefin peilt Claudia Gamon eine Ergebnis-Verbesserung und eine Regierungsbeteiligung an.
(APA)