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Gold-Medaille für Lukas Mähr und Lara Vadlau

In Medal Race an siebenter Stelle
In Medal Race an siebenter Stelle ©APA
Lara Vadlau aus Kärnten und der Bregenzer Lukas Mähr haben sich am Donnerstag bei den olympischen Segelbewerben vor Marseille die Goldmedaille nicht mehr nehmen lassen.
Olympia als Antrieb zur Unsterblichkeit
Gold für Mähr – 64 Jahre nach Hubert Hammerer

Das 470er-Duo kam im Medal Race der besten zehn an die siebente Stelle und beendete die Regatta mit 38 Punkten vor den Japanern Keiju Okada/Miho Yoshioka (41) und den Schweden Anton Dahlberg/Lovisa Karlsson (47). Für das ÖOC war es die zweite Medaille bei den Sommerspielen in Frankreich nach Judo-Bronze durch Michaela Polleres.

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"Wir können es beide noch nicht glauben, es ist so unfassbar. Wir haben gedacht, dass wir eine Medaille holen können, wenn wir gut segeln. Aber dass wir jetzt Olympiasieger sind, ist unbeschreiblich", sagte Steuerfrau Vadlau in einer ersten Reaktion im ORF. "Wir haben brutal vieles trainiert", erzählte Mähr. "Wir haben so viel vorbereitet, die letzten drei Monate waren wir fast täglich am Wasser - wann immer es gegangen ist, auch hier in Marseille. Wir haben versucht, uns in all diesen unterschiedlichen Bedingungen wohlzufühlen und anscheinend ist uns das gut gelungen", sagte der Vorschoter.

Erstes Segel-Gold seit 20 Jahren

Für den heimischen Segelsport bedeutet dies die erste Medaille bei Sommerspielen seit Bronze durch Thomas Zajac/Tanja Frank im Nacra 17 im Jahr 2016 in Rio de Janeiro. Es war der erste Titelgewinn seit 2004 in Athen, als Roman Hagara/Hans Peter Steinacher im Tornado ihr zweites Gold einheimsten. Hagara ist als Leiter der Technologieabteilung im OeSV in Marseille mit dabei. Insgesamt hält der Verband bei nun neun Medaillen im Zeichen der Fünf Ringe.

Vadlau/Mähr bewiesen während der ganzen Regatta nach einem Fehlstart in der ersten Wettfahrt Nervenstärke. Nicht nur am Wasser in Aktion, sondern auch aufgrund der vielen windbedingten Verschiebungen.

Aufholjagd nach schlechtem Start

Ausgerechnet im Medal Race klappte es zunächst nicht nach Wunsch, Vadlau/Mähr waren an der ersten Boje nur Letzte, hatten sich an der zweiten auf Platz neun vorgearbeitet und wählten im Gegensatz zu den direkten Konkurrenten um die Medaillen zunächst die andere Seite, machten Platz für Platz gut. Bei Markierung drei lag das rot-weiß-rote Duo bereits an der sechsten Stelle und damit auf dem Goldrang. Auch der siebente reichte letztlich noch. "We have gold or not", brüllte Vadlau ungläubig, ehe sie Mähr in die Arme fiel.

Erstes Gold für Vorarlberg seit 1960

Historisch ist die Medaille auch für Vorarlberg: Es ist das erste Gold bei Olympischen Sommerspielen seit 1960. Damals gewann der Bregenzerwälder Sportschütze Hubert Hammerer Gold in Rom.

Reaktionen zur Goldmedaille für Vadlau/Mähr

  • Karl Stoss (ÖOC-Präsident): "Es ist großartig, ich freue mich für dieses Team. Vor allen Dingen freue ich mich für Lara, die schon 2010 bei den Youth Olympic Games in Singapur die Goldmedaille gewonnen hat und für den Luki Mähr - wieder einmal für Vorarlberg eine Medaille. Das gesamte Segelteam hat ausgezeichnete Teamarbeit gezeigt und sich jahrelang darauf vorbereitet. Für uns als Olympisches Komitee ist es eine große Freude, gerade nach den herben Enttäuschungen, die wir in den letzten Tagen gesehen haben. So ist es im Sport. Man kann nicht immer nur Gold-, Silber- und Bronzemedaille erwarten. Es gibt fünfte, sechste, siebente, zehnte Plätze, die auch hervorragend sind. Aber was am Ende zählt, sind Medaillen. Das heute ist ein ganz großer Erfolg, der uns hoffentlich Schub für die letzten Tage gibt."
  • Christoph Sieber (ÖOC-Sportdirektor): "Ich bin fertig. Es war unerträglich. Die Spanier haben ihnen ordentlich zugesetzt, deshalb der bescheidene Start. Da waren alle Medaillen kurzfristig schon weg. Bei diesem Leichtwind, was jetzt nicht ihr 'Favorite' ist, dann sich wieder peu à peu so zurückzukämpfen, die Nerven zu behalten, war eine unglaubliche Leistung. Dann hat es tatsächlich gereicht. Für mich war es ein Deja vu von meiner eigenen letzten Wettfahrt in Sydney, wo ich auch vom Siebenten aufgeholt habe. Es ist eine große emotionale Verbundenheit mit den beiden."
  • Matthias Schmid (Oesv-Sportdirektor): "Unsere Sportart ist keine Sportart, wo man mit 22 so weit ist, um das alles umzusetzen. Sie haben viele Kampagnen durchgestanden und waren beide schon sehr extrem gute Segler und haben es geschafft, sich zusammenzutun und das gemeinsam zu meistern. Das ist schon ein sehr erwachsenes Produkt, wo sehr viel Arbeit und Planung drinsteckt. Für einen Sportfachverband ist es wahnsinnig wichtig, wir werden bewertet nach Medaillen. In Tokio waren wir nicht gut, in Rio haben wir eine Medaille geschafft, wir können das nicht immer erwarten. Jetzt ist es einmal wieder für uns gelaufen, es geht so schnell."
  • Roman Hagara (Doppel-Olympiasieger): "Natürlich ist das eine super Geschichte für alle, die da mitgearbeitet haben, für das ganze Umfeld. Es sind irrsinnig viele Leute, die im Hintergrund arbeiten, die man immer wieder vergisst, ohne die wär das auch nicht möglich. Sie haben es perfekt umgesetzt in der Wettfahrt, besser geht es nicht. Lara hat nach dem Fehlstart am Anfang gesagt, jetzt machen wir es eben auf die harte Tour. Sie hat es mit Willensstärke durchgezogen bis zu Ende. Das macht einen Sportler aus. Solche Dinge werden oft im Kopf entschieden, wenn man mental stark ist, kann kommen was will. Das Wichtigste ist, dass man aus den Fehlern lernt und es dann in die richtige Richtung umsetzt. Das hat sie gemacht, sie hat sicher sehr viel gelernt aus ihren Fehlern aus der Vergangenheit, hat das in die anderen Richtung umgedreht, und hat jetzt perfekt performt."
  • Werner Kogler (Sportminister): "Ich ziehe meinen Hut vor so viel Professionalität, Siegeswillen und Nervenstärke. Gratulation an das erfolgreiche Segel-Duo, Sportdirektor Matthias Schmid und das gesamte Trainer:innen - und Betreuer:inneteam rund um Doppel-Olympiasieger Roman Hagara."
  • Klaudia Tanner (Verteidigungsministerin): "Ich bin unglaublich stolz auf die Leistung unserer Segler Zugsführer Lara Vadlau und Zugsführer Lukas Mähr. Mit der Goldmedaille im Segeln haben sie eine erfolgreiche Tradition im Segelsport fortgeführt."
  • Oliver Böhler (Präsident Yacht Club Bregenz): "Wir können es alle noch nicht recht glauben. Olympiagold ist für den Vorarlberger Segelsport absolut bahnbrechend. Es ist an der Zeit, den Segelsport in Vorarlberg und am ganzen Bodensee mehr zu forcieren. Segeln ist keine elitäre Sportart, jeder kann sie ausüben. Der Yacht Club Bregenz verfügt über eine große Jugendgruppe, für die das Olympiagold einen großen Schub bedeutet."

Das Medal Race im Liveticker:

Im perfekten Mix zur Erfüllung des Goldtraums

Lara Vadlau und Lukas Mähr haben es auf den Punkt gebracht. Beide waren in ihren davor absolvierten Olympia-Kampagnen nicht erfolgsgewöhnt gewesen, doch der Mix zwischen ihnen in der neuen Mixed-Besetzung der 470er-Klasse hat von Anfang an gepasst. Bei den seit ihrem Zusammenschluss 2021 absolvierten Großereignissen ohne Medaille geblieben, landeten sie nun bei den Sommerspielen in Paris den großen Coup - und das noch dazu in Gold.

Das 470er-Boot war den beiden schon wohlvertraut gewesen, als sie ihre gemeinsame Kampagne starteten. Die mit viel Talent und vielleicht noch mehr Ehrgeiz gesegnete Vadlau war mit der vor den Rio-Spielen eingebürgerten Jolanta Ogar als Favoritin in die Frauen-Konkurrenz der 470er gegangen, ausgerechnet bei der wichtigsten Regatta wurde es aber nur Rang neun. Die Favoritenrolle hatte sich das Duo in den vier Weltmeisterschaften davor mit zweimal Gold und je einmal Silber und Bronze verdient, dazu holten Steuerfrau Vadlau und die um zwölf Jahre ältere Ogar zwei EM-Titel.

Offene Rechnung beglichen

Die Kooperation brachte zwar noch den Gesamtweltcupsieg 2016, hatte aber auf längere Sicht keine Zukunft. Ogar startete mit Agnieszka Skrzypulec und für Polen eine weitere Olympia-Kampagne, was in Tokio prompt in 470er-Silber mündete. Vadlau freilich ging in eine seglerische Auszeit. Seit sie sieben Jahre alt war, hatte sie Segel gesetzt. "Meine Eltern hatten mich in ein kleines Boot namens Optimist gesteckt", erinnert sich Vadlau auf ihrer Homepage zurück. "An diesem Tag fegte der Wind nur so übers Wasser und meine große Leidenschaft für diesen Sport war geboren!"

Dann war aber einmal Pause. Die Kärntnerin stürzte sich in ihr Medizinstudium, schloss es überaus erfolgreich ab. Und auch wenn sie mit ihrer Doktorarbeit bis 2023 beschäftigt war, die Liebe zum Segeln war wieder da. Die Umstellung der 470er tat das Übrige. Sie habe noch eine Rechnung mit Olympia offen, sagte die 30-Jährige. "Die Ausgangsposition war zu verlockend, die Konstellation nie besser", erklärte Vadlau damals. Während die mit Eva-Maria Schimak 2012 in London 20. der 470er-Klasse auf ihre dritten Spiele losging, visierte der vier Jahre ältere Mähr seine ersten an.

"Mega-hart gemeinsam gearbeitet"

"Luki und ich haben ein Super-Team in den letzten Jahren geformt, wir haben mega-hart gemeinsam gearbeitet", sagte Vadlau über ihren Vorarlberger Vorschoter. "Jetzt macht es einfach Spaß, mit ihm gemeinsam zu segeln. Wir kämpfen, bis der letzte Meter geschafft ist, und ich finde, das macht es aus. Als Team sind wir einfach stark." Als solches wurde in der Olympia-Regatta der Druck nach der Disqualifikation in der ersten Wettfahrt weggesteckt. Vadlau: "Wir haben dann immer das Messer halb im Hals stecken gehabt. Angenehm war es nicht."

Mit Mähr hatte die Lebensgefährtin der deutschen Teamfußballerin Lea Schüller jemanden ins Boot geholt, der ebenfalls mit Akribie für den Erfolg arbeitet. OeSV-Sportdirektor Matthias Schmid bezeichnete Mähr als "einen der besten 470er-Vorschoter der Welt". Der heute 43-jährige Schmid muss es als dreifacher olympischer 470er-Steuermann (8. in Rio 2016) wissen. Mähr, mit Frau und seinen beiden Kindern in Gutenstein in Niederösterreich lebend, kniete sich den Erfolg vor Augen hinein. Anders als Vadlau hatte er in seiner Segelkarriere noch nicht so viel gewonnen.

Auf olympischer Ebene bisher kein Glück

Sein engerer Landsmann David Bargehr war über drei Olympia-Kampagnen sein Steuermann, Höhepunkt der beiden war der Gewinn von WM-Bronze 2017. Auf olympischer Ebene hatten die ehemaligen Junioren-Vizeweltmeister kein Glück. Für 2012 und 2016 erhielten Schmid und Florian Reichstädter den ersegelten 470er-Quotenplatz, für 2021 wurde die Qualifikation verpasst. Mit Vadlau passte das Timing besser. Zwar war bei drei Welt- und Europameisterschaften bei der WM 2023 Rang vier mit der Erringung des Olympia-Quotenplatzes das Maximum, nun waren sie aber am Punkt da.

Schmid weiß, warum. "Lara hat es geschafft, Luki, der auch eine starke Meinung hat, in das Boot zu holen. Das Teamgefüge Lara - Luki funktioniert sehr gut. Sie wissen, worum es geht. Sie haben sich nicht beirren lassen. Luki hat mit der Familie ganz viel hinten angestellt. Lara hatte ein paar Dinge upzudaten. Dem gilt es sehr viel Respekt zu zollen. Ich sage nicht, dass sie privat die besten Freunde sind, aber am Boot hakeln sie voll rein. In jeder Sekunde geben sie alles - sie haben Respekt voreinander, es gibt aber auch Reibung. So haben sie sich vorwärts gearbeitet."

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(APA)

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