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So will Bernhard Amann Vorarlberger Kiffern den Konsum in Deutschland ermöglichen

Bernhard Amann äußert sich zur bevorstehenden Legalisierung von Cannabis in Deutschland.
Bernhard Amann äußert sich zur bevorstehenden Legalisierung von Cannabis in Deutschland. ©MJ/Canva
Der Hohenemser "Legalize!"-Obmann zeigt sich angesichts der bei unseren Nachbarn anstehenden Legalisierung erfreut, prüft nun aber rechtliche Schritte, um den heimischen Cannabis-Konsumenten ebenfalls straffreies Kiffen über der Grenze zu ermöglichen. Amann spart nicht mit heftiger Kritik an Innenminister Karner.

Deutsches Dope für Ländle-Kiffer? Im Gespräch mit Bernhard Amann informiert der "Legalize!"-Obmann und Gründer der Drogenberatungseinrichtung "Ex und Hopp" über die Auswirkungen der bevorstehenden Cannabis-Legalisierung in Deutschland.

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An der österreichischen Politik, insbesondere unter Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), lässt er kein gutes Haar.

Kein Freibrief für "Cannabis-Tourismus"

Deutschland rüstet sich für die Cannabis-Legalisierung. Ab 1. April soll dort der Anbau und Besitz von Marihuana für Volljährige unter bestimmten Bedingungen möglich werden. Zunächst erfolgt die Legalisierung des Anbaus von bis zu drei Pflanzen sowie des Konsums von maximal 50 Gramm pro Monat. Ab Juli wird es den Konsumenten dann möglich sein, ihr Marihuana durch sogenannte Cannabis-Clubs zu erwerben.

Zunächst erhofften sich viele heimische Kiffer damit eine Möglichkeit, ihr geliebtes Cannabis-Harz, zumindest auf deutschem Boden, straffrei zu erwerben und zu konsumieren. Dem ist jetzt aber nicht so, wie Bernhard Amann kritisiert: "Der Konsument muss mindestens sechs Monate den ordentlichen Wohnsitz in Deutschland haben. Eine Weitergabe von Cannabis bleibt weiterhin strafbar.Das heißt auf Klartext: Ausländische Konsumenten dürfen in Deutschland weder konsumieren noch erwerben." Dazu habe sich die deutsche Regierung entschlossen, um einem sogenannten "Cannabis-Tourismus" vorzubeugen.

Bernhard Amann läuft Sturm und prüft rechtliche Schritte

"Dies entspricht aus meiner Sicht nicht dem Gleichheitsgrundsatz. Daher ist eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof einzuleiten. Wir lassen nun dieses Gesetz von Juristen prüfen. Dies wurde auch im Suchtbeirat des Landes empfohlen", informiert der Hohenemser "Legalize!"-Obmann.

Im VOL.AT-Interview spricht der Suchtberatungs-Experte ausführlich über die seiner Ansicht nach dringend zu befürwortenden Legalisierung in Deutschland.

Bernhard Amann über die bevorstehende Cannabis-Legalsierung in Deutschland. ©MJ

"Lauterbach hat das Gesetz 'durchgezogen', das freut mich"

VOL.AT: In Deutschland steht die Legalisierung von Cannabis im Raum. Welche Auswirkungen hat das Ihrer Meinung nach auf Vorarlberg?

Bernhard Amann: Ich bin wirklich froh, dass Deutschland in dieser Angelegenheit aufgewacht ist. Dass der Gesundheitsminister Lauterbach hier vorangeht und auch das Gesetz zu Joints "durchgezogen" hat, finde ich besonders erfreulich. Es ist allerdings eine relativ komplizierte Angelegenheit, mit vielen "Wenns" und "Abers".

VOL.AT: Wie stehen Sie zur Grenzwertdebatte, insbesondere im Hinblick auf Autofahrer?

Bernhard Amann: In Vorarlberg haben wir einstimmig gefordert, dass es einen Grenzwert geben muss. Es ist eine Frechheit, wie Innenminister Karner diese Diskussion vermeidet. Über die Hälfte der Konsumenten liegen unter einem mit 0,5 Promille Alkohol vergleichbaren Grenzwert, aber ihnen wird trotzdem der Führerschein abgenommen. Das ist unerträglich.

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat der Cannabis-Legaliserung in Deutschland den Weg geebnet. ©APA

"Unsere Politik ist zu feige"

VOL.AT: Herr Amann, Sie haben die österreichische Politik in Bezug auf die Cannabis-Politik scharf kritisiert. Können Sie Ihre Gedanken dazu näher ausführen?

Bernhard Amann: Ja, das Problem ist nicht der Cannabis- oder die Cannabiskonsumenten, sondern die Politik. Die österreichischen Politiker und Politikerinnen sind, gelinde gesagt, feige. Wir marschieren Richtung Ungarn, Hand in Hand mit Orban, was die Drogenpolitik betrifft. Das ist besorgniserregend. Wenn junge Menschen, die laufend kriminalisiert werden, sich von der Politik abwenden, kann ich das nachvollziehen. Die derzeitige Politik behandelt Konsumenten ungerecht und verhindert, dass sie an gesellschaftlichen Lösungen mitwirken möchten.

VOL.AT: Und wie sehen Sie die Auswirkungen dieser Politik auf die Gesellschaft insgesamt?

Bernhard Amann: Es sind nicht nur die individuellen Schicksale, die hier zu beklagen sind. Die volkswirtschaftlichen Schäden, die familiären Konflikte – all das hat langfristige Folgen für unsere Gesellschaft. Eine fortschrittliche Drogenpolitik, die Entkriminalisierung oder sogar Legalisierung umfasst, ist der einzige Weg, um dem organisierten Verbrechen das Geschäft zu nehmen und unsere Jugend zu schützen. Die aktuelle Politik lässt Menschen im Stich und fördert ein Klima der Ignoranz und des Misstrauens gegenüber der Politik.

VOL.AT: Es gibt Bedenken, dass Cannabis als Einstiegsdroge fungieren könnte. Glauben Sie, dass die Legalisierung in Deutschland einen sogenannten "Cannabis-Tourismus" fördern wird?

Bernhard Amann: Natürlich wird es einen Effekt geben, aber die Diskussion über Psychosen durch Cannabis ist weit überzogen. Wichtig ist, dass man lernt, mit der Substanz umzugehen. Eine moderate Legalisierung könnte auch gegen illegale Beschaffungskriminalität wirken und für kontrollierte Abgaben sorgen.

"In Deutschland rechnet man mit durchschnittlichen
Steuer-Einnahmen von bis zu 2,5 Milliarden Euro"

VOL.AT: Wie sehen Sie die potenziellen wirtschaftlichen Vorteile einer Legalisierung?

Bernhard Amann: In Deutschland rechnet man mit Einnahmen von circa 2,5 Milliarden Euro. Für Österreich könnte das etwa 250 Millionen bedeuten. Die Entlastung des Verfolgungsapparats würde zusätzliche Einsparungen bringen. Es ist auch wichtig, die volkswirtschaftlichen Schäden zu betrachten, die durch das Kriminalisieren von Konsumenten entstehen.

In Deutschland wird Cannabis bald legal erwerb- und konsumierbar.

Könnte Vorarlberg zur Modellregion werden?

VOL.AT: Angesichts der Toleranzpolitik der Nachbarländer, wie steht es um Vorarlberg? Könnte Vorarlberg eine Modellregion werden?

Bernhard Amann: Vorarlberg könnte sicher experimentieren, z.B. mit universitären Feldversuchen. Die Lage zwischen der Schweiz und Deutschland gibt Vorarlberg eine Sonderposition, aber wir müssen vorsichtig sein und dürfen die Auswirkungen nicht überschätzen.

VOL.AT: Was bedeutet dies für die Exekutive in Vorarlberg, insbesondere im Hinblick auf Grenzkontrollen und Fahrtauglichkeit?

Bernhard Amann: Die heimische Exekutive muss aufmerksam bleiben. Es ist wichtig, dass auch der Innenminister sich mit jungen Menschen auseinandersetzt und vielleicht eine andere Perspektive gewinnt. Vielleicht sollte er selbst mal an die Grenze stehen und mit Betroffenen das Gespräch suchen.

(VOL.AT)

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