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Wälder Traditionsbetrieb "Fischer Wolle" schließt im Dezember nach fast 150 Jahren

Kurt Fischer geht mit 77 in den Ruhestand.
Kurt Fischer geht mit 77 in den Ruhestand. ©VOL.AT/Mayer, Canva Pro
Nach fast anderthalb Jahrhunderten schließt eines der ältesten Textilunternehmen im Bregenzerwald. VOL.AT hat mit Kurt Fischer, der den Betrieb in vierter Generation führt, über die Hintergründe gesprochen.

Fischer Wolle ist eine wahre Institution im Bregenzerwald. Bereits 1875 wurde die Wollspinnerei Fischer gegründet, was das Unternehmen zu einem der ältesten noch existierenden Textilbetriebe im Ländle macht.

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Fischers Ur-Großeltern gründeten den Betrieb

Mittlerweile führt Kurt Fischer (77) den Betrieb in vierter Generation. Seine Ur-Großeltern starteten die Familientradition, er selbst ist mit dabei, seit er 15 Jahre alt war. Nun geht der Seniorchef in Pension. Das Fachgeschäft in Bezau schließt somit mit Ende 2024.

Das Fachgeschäft von Fischer Wolle in Bezau. ©VOL.AT/Mayer

Langjährige Mitarbeiterin: "Es ist schade"

Früher gab es das Lädele direkt bei der Produktion in Ellenbogen. Schon seit 2000 findet man den ehemaligen Fabrikverkauf von Fischer Wolle direkt an der Hauptstraße Pelzrain in Bezau. Viele Vorarlberger kommen in den Bregenzerwald, um dort Hauswolle, Garne, Fachmagazine und Co. zu kaufen. Auch Damen- und Bademoden gibt es. Kunden schätzen vor allem die Beratung im Geschäft und die Qualität der Produkte, wie Kurt Fischer erklärt. Eine langjährige Mitarbeiterin des Fachgeschäfts, Frau Huberta Hartmann, drückt ihre Enttäuschung über die bevorstehende Schließung aus: "Es ist schade. Es sprechen mich viele Kunden darauf an", gibt sie zu verstehen.

Huberta Hartmann ist seit 24 Jahren im Unternehmen. ©VOL.AT/Mayer
Ein Blick ins Geschäft. Garn und Wolle soweit man blickt. ©VOL.AT/Mayer

"Einmal ist halt alles vorbei"

In einem Gespräch mit VOL.AT äußerte sich Kurt Fischer zur Schließung: "Wir hatten das Geschäft lange Jahre offen", meint er. "Nächstes Jahr haben wir 150-Jahrfeier." Bereits vor fünf Jahren - 2018 - wurde die Spinnerei in Ellenbogen geschlossen, das Fachgeschäft blieb weiterhin für die Kunden geöffnet. "Meine Söhne sind nicht in den Beruf eingetreten", begründet Fischer den Grund zur Schließung. Einer seiner Nachkommen lebt und arbeitet in Wien, der andere an der Nordsee, wo er einen eigenen Betrieb führt. "Der Jüngste ist noch in Bezau – Gott sei Dank", schildert Fischer. Er helfe zwar manchmal im Betrieb mit, habe seinen Job aber eigentlich bei einem Kartonagenhersteller. "Einmal ist halt alles vorbei", erklärt er.

Kurt Fischer ist der Chef. Er ist im Betrieb, seit er 15 Jahre alt war. ©VOL.AT/Mayer
Direkt am Wohnhaus steht die ehemalige Spinnerei. Heute beheimatet die große Halle ein Paketzentrum der Post. ©VOL.AT/Mayer

Der "halbe Wald" als Kundschaft

Der Entschluss, das Geschäft zu schließen, war keine leichte Entscheidung, wie der Chef zu verstehen gibt. Kurt Fischer und seine Frau, die beide 77 Jahre alt sind, sehen sich auch mit persönlichen Herausforderungen konfrontiert: "Meine Frau hatte immer das Geschäft, aber sie ist leider jetzt fast blind. Das ist mit ein Grund: Dass wir nicht mehr das machen können, was wir früher gemacht haben", betont der Senior gegenüber VOL.AT. Über die Jahrzehnte hat Fischer Wolle eine treue Kundschaft aufgebaut, die aus dem ganzen Bregenzerwald kam, um Wolle zu kaufen. Man habe sicher "den halben Wald" als Einzugsgebiet gehabt, so Fischer. "Es ist ja sonst kein Wollgeschäft mehr hier. Man hat die Kunden immer gerne bedient."

Die Hauswolle ist sehr beliebt. ©VOL.AT/Mayer
Ein Archivbild von 2009 zeigt Klaus und Kurt Fischer in der Spinnerei. ©VN/Gasser

"Wir haben gute Mieter"

"Das Lädele, muss ich sagen, war zufriedenstellend", meint Kurt Fischer im VOL.AT-Gespräch. "Jetzt würden wir gerne noch ein paar Jahre für uns haben." Die Hallen beim Wohnhaus in Ellenbogen wurden derweil an die österreichische Post als Paketzentrum für den Bregenzerwald vermietet. "Ich bin glücklich", verdeutlicht Fischer dazu. "Wir haben gute Mieter." Das Leben sei heute sorgloser als früher, als man sich noch Gedanken um die große Produktion und die Mitarbeiter machen musste. Ein Teil der Hallen bleibt weiterhin bei Fischer Wolle. Kurt will sie bei sich behalten: "Damit ich nicht gleich nichts mehr tun kann", meint er. Er könne sich gut vorstellen, dass der kleine Gewerbepark Ellenbogen sehr gefragt werden könnte, betont er.

In Fischers Wohnhaus hängen mehrere Luftbilder der Produktion. ©VOL.AT/Mayer
Ein Blick auf das Firmengelände in Ellenbogen. ©VOL.AT/Mayer

"Wir haben jeden Tag 500 Kilo Wolle gemacht"

In der Firmengeschichte gab es insgesamt viermal einen Teil-Anbau. Seinen ersten Anbau machte Kurt Fischer im Jahr 1964. Damals war er 17 Jahre alt. "Ich habe ganz jung angefangen", schildert er. "Mein Vater war mir ein großes Vorbild und er hat auch sehr viel Anteil an dem, was aus uns geworden ist." Damals sei eine sehr gute Zeit für Wollbetriebe gewesen. "Wir haben jeden Tag 500 Kilo Wolle gemacht und ganz Österreich beliefert", erinnert sich der Seniorchef. Auch große Unternehmen und Versandhäuser wie "Kastner und Öhler" und "Moden Müller" zählten zum Kundenstamm. Ab 2000 habe er dann beobachtet, dass es zurückgehe. "Wir hatten ein großes Investitionsvorhaben: Wir haben eine neue Halle gebaut, die jetzt das Paketzentrum beheimatet. Ich habe keine teuren Maschinen gekauft, eher gebraucht und neue Hallen gebaut", gibt er zu verstehen. Diese Hallen seien heute das Glück des Unternehmens, da man sie vermieten könne.

Garn und Wolle im Geschäft in Bezau. ©VOL.AT/Mayer
Kurt Fischer vor dem alten Lädele. ©VOL.AT/Mayer

"Wir hatten einen riesigen Maschinenpark"

Auch nach der Schließung der Produktion gab es für das Team von Fischer Wolle viel zu tun. "In den letzten fünf Jahren hatte ich damit zu tun, die Maschinen abzubauen. Ich habe 27 Lkw-Züge voll davon verkauft. Wir hatten einen riesigen Maschinenpark", schildert der Chef. Er habe Kunden und somit auch die Connections gehabt, um die Geräte an den Mann zu bringen. "Nach Dänemark habe ich zum Beispiel eine ganze Anlage verkauft", verrät er. Der Kunde habe zwar keine große Produktion, aber dafür zweieinhalbtausend Schafe: "Er hat viele Kollegen, er hat die Spinnerei bei mir nur gekauft, damit er die anderen mit bedienen kann."

Dieses Plakat hängt am Spinnereigebäude. ©VOL.AT/Mayer

Herausforderungen in der Branche

Im VOL.AT-Gespräch blickt Kurt Fischer auch auf die Herausforderungen der Branche und die Zukunft des Geschäfts: "Du kriegst heute für den Maschinenpark und alles – keine Leute mehr. Du müsstest alles voll automatisieren", erklärt er. Sein mittlerer Sohn betreibe heute einen vollautomatisierten Betrieb für technische Garne. "Der braucht niemanden mehr", gibt der Unternehmer zu verstehen. Auch die Konkurrenz durch den Online-Handel sieht Fischer. Wolle werde hier mittlerweile aus China und Co. bestellt. "Ich sehe ja, was hier jeden Tag läuft", meint er mit einem Wink zum Paketzentrum der Post. Er beobachte hier, wie viele Pakete in Bezau eintrudeln und von Andelsbuch bis Warth verteilt werden.

Auch Arbeitsbeispiele gibt es im Geschäft. ©VOL.AT/Mayer

"Am 31.12. schließen wir", nennt Fischer ein konkretes Datum für das Ende des Fachgeschäftes. "Wir werden dann vielleicht noch ein paar Mal Sonderverkäufe haben." Das Lager sei noch ziemlich voll, so der Seniorchef. In den wohlverdienten Ruhestand zu gehen, sei aber eigentlich ein erlösendes Gefühl. "Ich bin sehr zufrieden damit, wie es sich entwickelt hat", betont Fischer abschließend.

Fischer Wolle
Adresse: Pelzrain 159b, Bezau
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag von 14 bis 18 Uhr
Samstag von 9 bis 12 Uhr

(VOL.AT)

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