„Morally Grey Men“ steht für den moralisch ambivalenten Mann. Jemand, der weder gut noch böse ist, aber eine verdrehte Moral im Leben hat. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er seine Frau abgöttisch liebt und bereit ist, alles für sie zu tun. Dazu gehören sogar schwere Verbrechen wie Mord, Körperverletzung und Stalking. Auch ist ein Übermaß an toxischem Verhalten zu beobachten, wie Manipulation, Kontrollmissbrauch und Unterdrückung der Frau. Über dieses Verhalten wird in der #BookTok-Community allerdings oft hinweggesehen, stattdessen konzentrieren sie sich nur auf die romantischen Aspekte.
BoyMath vs. #BookTok
Der Hype verherrlicht alles, wogegen die #BoyMath-Community ankämpft, nämlich toxisches Männerverhalten. Sie argumentieren, dass der Hype solcher Figuren problematische Verhaltensweisen von Männern nur noch weiter normalisiert. Außerdem würden beeinflussbare Nutzerinnen dazu verleitet werden, solche Beziehungen zu idealisieren. Die #BookTok-Community widerspricht jedoch, dass diese Figuren eine tiefere, komplexere Erzählung bieten und menschlicher Unvollkommenheit widerspiegeln. Ihrer Meinung nach faszinieren die Charaktere deshalb, weil sie zeigen, dass die Welt nicht nur schwarz und weiß, sondern eben auch grau sein kann.
Stereotypische Bilder
Angelika Atzinger betrachtet den Hype kritisch: „Diese Verherrlichungen toxischer Männlichkeiten haben eine negative Auswirkung auf uns alle. Ich würde grundsätzlich hinterfragen, ob solche Männer, ihre Partnerin wirklich lieben. Stereotype Bilder von starken, beschützenden Männern und schwachen, hilflosen Frauen sind in unserer Gesellschaft fest verankert und werden nach wie vor romantisiert.“ Angelika erklärt, dass es bei Trends oft um eine Sehnsucht nach Sicherheit und Loyalität in Beziehungen geht. „Die Frage ist, wie wir solche Geschichten und Figuren interpretieren und inwiefern sie unsere Vorstellungen von Beziehungen beeinflussen. Wichtig wäre, toxische Männerbilder, stereotypische Frauenbilder und sexistische Strukturen sichtbar zu machen.“
Ein Zwiespalt
Einige Online User geben zu, dass sie Bücher und Filme mit toxischen Männern genießen, aber das im echten Leben niemals akzeptieren würden. „Ich glaube, es gibt grundsätzlich das Bedürfnis, dem eigenen Alltag zu entfliehen. Bei den genannten Filmen geht es aber auch oft um Aspekte von Sexualität und Lust – und weniger darum, was jemand in seinem Alltag erleben möchte. Dennoch müssen wir transportierte Rollenbilder kritisch hinterfragen und über Gewalt aufklären.“ Der Verein Amazone dient als Anlaufstelle für Mädchen und junge Frauen und bietet Beratung für Betroffene an.

„Absurde Argumente“
„Ich kann aus Erfahrung sagen, dass die meisten Männer oft gar nicht verstehen, wie falsch ihr Verhalten ist und rechtfertigen sich dann mit absurden Argumenten. Dafür verstehen viele junge Mädchen nicht, welche Schattenseiten es mit sich bringt, wenn man so ein Verhalten vom Partner zulässt.“

„Erfahrungen damit gemacht“
„Ich denke, dass diese Männer vielen Frauen das Gefühl von Sicherheit geben und sie deswegen darüber hinwegsehen. Ich habe leider auch schon meine Erfahrungen mit toxischen Partnern und Freunden gemacht.“

„Angst vor Kritik“
„Toxische Beziehungen scheinen spannender und leidenschaftlicher, ziehen aber viele Probleme mit sich. Ständige Angst vor Kritik und Unterdrückung wollen viele nicht am eigenen Leib erfahren. Ich spreche aus Erfahrung.“

Christian Grey als Ursprung von „Morally Grey Men“
Als der Film „Fifty Shades of Grey“ erschien, brachte er den Hype „Morally Grey Men“ ins Rollen. Im Film erfährt man von „Christian Grey“, einem reichen und attraktiven Unternehmer. Seine traumatische Kindheit ist Grund für sein Bedürfnis nach Kontrolle und dazu gehören auch die Frauen in seinem Umfeld, die er im Übermaß manipuliert. Seine komplexe Persönlichkeit macht ihn zu einer polarisierenden Figur, die dem Hype seinen Namen gab.
(WANN & WO)