„Wir haben von der geplanten neuen Regelung aus den Medien erfahren. In der Branche sorgt die Ankündigung für Unsicherheit“, berichtet Øystein Julsrud im Gespräch mit W&W. „Manche überlegen, ihre Mietverträge aufzulösen und auf reinen Online-Handel zu wechseln, denn diese neuen Regeln bedrohen unsere Existenz!“
Riesiger Schwarzmarkt
Grundsätzlich begrüße er jegliche Gesetzesänderung, die auf mehr Tierwohl abzielt, aber „Wenn bald jeder, der ein Reptil oder eine Amphibie halten möchte, einen vierstündigen Kurs nachweisen muss, wird das zum genauen Gegenteil führen“, ist Julsrud überzeugt. „Bereits jetzt existiert ein riesiger Schwarzmarkt für exotische Tiere, der sicher noch mehr Zulauf bekommen wird, wenn Zoohandlungen die Tiere nur noch dann verkaufen dürfen, wenn jemand einen Sachkundenachweis vorweisen kann.“
"Wer macht die Kurse?"
Ebenfalls unklar sei, wo diese Kurse absolviert werden können und was sie kosten sollen. „Die Anschaffung von einem geeigneten Terrarium ist schon recht kostspielig. Wenn dann auch noch so ein Kurs verpflichtend ist, wird die Rechnung gleich noch deutlich höher“, erklärt Julsrud. „Ebenfalls unklar ist noch, welche Tierarten mit so einem Kurs abgedeckt sind. Ein allgemeiner Kurs zur Reptilienhaltung ist in vier Stunden nicht durchführbar, denn es gibt unglaublich viele verschiedene Arten. Außerdem müsste dieser von einem Herpetologen durchgeführt werden, von dem es meines Wissens nicht gerade viele in Vorarlberg gibt.“ Andererseits gebe es aber auch pflegeleichte Tiere: „Für die Haltung einer Bartagame bekomme ich alle relevanten Infos auf einen A4-Zettel. Alles was darüber hinausgeht, ist sowieso eine Angelegenheit für den Tierarzt. Außerdem wundert mich schon, warum ich für eine Schildkröte einen vierstündigen Kurs brauche, bei einem Hund aber zwei Stunden ausreichend sein sollen.“
Wer kontrolliert?
Ähnlich sei es auch um die Kontrollen bestellt: „Bei uns kommt der Amtstierarzt aus Kapazitätsgründen durchschnittlich ein Mal im Jahr zur Kontrolle. Daher fragen wir uns natürlich auch, ob und von wem diese neuen Regelnungen für Tierhalter kontrolliert werden sollen“, merkt der Tierhändler an. „Wir Händler können diese Dinge nicht kontrollieren. Ich schätze, dass heute schon weniger als zwei Prozent aller Reptilien amtlich gemeldet werden. Am Ende werden wir aber gezwungen, unsere Kunden zu vergraulen, die ihre Tiere dann halt online bzw. auf dem Schwarzmarkt kaufen. Gerade die kleinen Geschäfte, denen das Tierwohl wirklich am Herzen liegt, werden durch diese Änderung massiv unter Druck geraten, denn sie leben zum Großteil vom Verkauf der Tiere.“
Einheitliche Regeln
Wo hingegen dringend eine Gesetzesänderung notwendig sei, werde nichts geändert: „Aquarienfische sind bei uns am wenigsten geschützt. In einem großen Aquarium können bis zu 100 Fische sein. Wenn da einer stirbt, wird ein neuer gekauft, aber woran er gestorben ist, interessiert kaum jemanden. Hier wäre es dringend notwendig, die Größen der Aquarien zu regulieren, denn diese sind meistens viel zu klein.“ Die Regeln für Aquarien, Terrarien und Käfige, die bei uns von jedem Bundesland selbst festgelegt werden, seien ohnehin zu überdenken: „Einen Hamster, der in einer Nacht 2-3 km zurücklegt, darf ich auf 60 x 30 x 30 cm halten. Für ein Chamäleon, das sich pro Nacht 2-3 Meter weit bewegt, verlangt der Gesetzgeber aber 120 x 60 x 120 cm. Hier wären einheitliche Regeln, die auch logisch nachvollziehbar sind, dringend notwendig“, betont Øystein Julsrud.