Klima-Glossar zu Atlantikströmung und Golfstrom

Es besteht die Gefahr, dass sich die Atlantische Umwälzströmung durch die Klimakrise verlangsamt, was Auswirkungen auf den Golfstrom und somit auf das Klima in Europa hat.
Golfstrom wichtig für das Klima in Europa
Der Golfstrom spielt eine wichtige Rolle bei der Bereitstellung von Wärmeenergie für das gemäßigte Klima in Mittel- und Nordeuropa.

Wenn der Golfstrom schwächer wird, zusammen mit der atlantischen Umwälzströmung (Atlantic Meridional Overturning Circulation, AMOC), könnte dies zu einer Abkühlung des europäischen Klimas führen. Insbesondere die Winter würden deutlich kälter als derzeit ausfallen. Insgesamt würde das Klima kontinentaler und die Niederschläge würden weniger ausfallen.
Weltweite Folgen durch Atlantische Umwälzströmung
Nicht nur Europa, sondern auch das globale Klima würde negative Auswirkungen erfahren, wenn es zu einer solchen Situation käme. Dies könnte einen Anstieg des Meeresspiegels in Nordamerika sowie Auswirkungen auf den Monsun zur Folge haben. Laut dem im August 2021 veröffentlichten Bericht des Weltklimarats Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ist es zwar unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen, dass im 21. Jahrhundert ein Kollaps der AMOC stattfindet. Festzustellen ist bereits, dass sich die Umwälzströmung verlangsamt hat und diese Entwicklung voraussichtlich weitergehen wird.
Warnung vor nahendem Kollaps der Atlantischen Umwälzströmung
Seit den "Tipping Points" wurden jedenfalls zahlreiche Studien zur Umwälzströmung publiziert, die sich unter anderem auch mit dem Eintritt des befürchteten AMOC-Kollapses beschäftig haben. Ende Juli 2023 sorgten so etwa Klimaforscher Peter Ditlevsen und Mathematikerin Susanne Ditlevsen von der Universität Kopenhagen für eine Kontroverse. Mit ihrer im Fachmagazin "Nature Communications" publizierten Studie setzen sie sich in Widerspruch zum Sachstandsbericht des UNO-Weltklimarats IPCC. Sie setzten den AMOC-Zusammenbruch höchstwahrscheinlich zwischen 2025 und 2095 an.
Kritik aus der Wissenschaft war eine Folge. Das deutsche Science Media Center (SMC) wies damals grundsätzlich auf den Umstand hin, dass in den vergangenen Dekaden keine offensichtlichen Trends beobachtet worden seien, jedoch eine große natürliche Schwankungsbreite. Klimamodelle, die eine künftige Entwicklung der Golfstromzirkulation genau vorhersagen, seien wegen des komplexen Strömungssystems und zu dünner Datenlage noch nicht möglich. Jochem Marotzke, Direktor der Forschungsabteilung Ozean im Erdsystem, Max-Planck-Institut für Meteorologie, äußerte bei der konkreten Studie Zweifel daran, "ob man Messungen der Oberflächentemperatur einfach als AMOC-Stellvertreterdaten benutzen kann".
Keine konkrete Zeitspanne für Zusammenbruch von Atlantischer Umwälzströmung
Im Februar 2024 folgte jedoch eine weitere, im Fachjournal "Science" publizierte Studie, die für einiges mediales Aufsehen sorgte. Deren Autoren unter Hauptautor René van Westen von der Universität Utrecht wagten zwar keine derartige Prognose, gingen jedoch davon aus, dass "die heutige AMOC auf dem Weg zum Kippen ist", wie es im Abstract heißt. "Eine konkrete Zeitspanne für das Erreichen von diesem Kipppunkt gibt die neue Studie nicht an, bestätigt aber die Tatsachen einer letztjährigen Untersuchung, dass das noch bereits eben in diesem Jahrhundert passieren kann, womöglich sogar in den kommenden wenigen Jahrzehnten", lautete der Kommentar von Olefs Marc von Geosphere Austria in einem Beitrag im Ö1-"Morgenjournal" (14. Februar 2024").
Ganz andere Töne schlug indes noch eine 2020 eine im Fachjournal "Science Advances" publizierte Studie an. Demnach habe sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht viel verändert. "Wir zeigen, dass sich der AMOC-Zustand im vergangenen Jahrzehnt nicht merklich von jenem der 1990er-Jahre im Nordatlantik unterscheidet", verlautbarten die Autoren hier in der Zusammenfassung. "Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Zirkulationsänderungen und Veränderungen der Eigenschaften des Ozeaninneren möglicherweise in sehr unterschiedlichem Tempo ablaufen", erläutert der Mitautor und Ozeanograph Johannes Karstensen vom Kieler Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung. Keine Zeitangabe, aber eine zur Temperatur gab es 2022 in der in "Science" publizierte Studie "Exceeding 1.5°C global warming could trigger multiple climate tipping points". Sie geht davon aus, dass ein AMOC-Zusammenbruch bei einer Erderwärmung ab vier Grad Celsius eintreten könnte.
(APA/Red)