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Zukunftsthema Soziale Nahversorgung – Die Stärke des Dorfes

©ARGE Soziale Nahversorgung
Die positive Nachricht zuerst: Es geht uns gut in Vorarlberg! Ländliche, insbesondere kleinere Gemeinden sind weniger von sozialen und gesellschaftlichen
Zukunftsthema Soziale Nahversorgung

Problemen wie Einsamkeit und Armut betroffen als große Städte. Die sozialen Rahmenbedingungen haben aber sehr großen Einfluss auf die wahrgenommene Lebensqualität der Bevölkerung – und diese Bedingungen ändern sich gerade massiv.

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Armut, Einsamkeit, gesundheitliche Einschränkungen bei deutlich gestiegener Lebenserwartung, die damit verbundene geringere Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben – die Lebensbedingungen vieler Menschen sind derzeit im Umbruch.

„Für uns kleinere Gemeinden ist es wichtig, dieses wichtige Zukunftsthema proaktiv anzugehen. Wir müssen uns vorbereiten und aktiv mitgestalten“, so Guido Flatz, Obmann der Regio Bregenzerwald und stellvertretender Obmann der ARGE Soziale Nahversorgung, “Vorbeugen statt Heilen sozusagen!”.

Bei der Sozialen Nahversorgung geht es um das gesellschaftliche Miteinander, unter gestaltender Rolle der Gemeinden. Wie ein bekanntes Sprichwort sagt: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen! Die besondere Stärke des Dorfes, dass jeder jeden kennt, kann dazu genutzt werden, um Inklusion und Solidarität der Menschen bewusst zu fördern. Außerdem stehen in der kleinsten Verwaltungseinheit viele Ressourcen zur Verfügung, die dazu eingesetzt werden können: Gemeindeservice, lebendige Vereine, verschiedene Begegnungsorte u.ä.

Diese Vorteile gilt es zu nutzen, dennoch braucht es Kooperationen auf verschiedenen Seiten. Die Gemeinden kooperieren untereinander, insbesondere auch auf der Ebene des Bürgerservice. Dies fördert den Informationsaustausch und Wissensaufbau der Mitarbeiter:innen. „Im Projekt Soziale Nahversorgung hat sich dieser positive Nebeneffekt bereits nach wenigen Treffen gezeigt!”, so Sabine Duelli, Projektleiterin der ARGE Soziale Nahversorgung.

Außerdem sind Kooperationen mit Facheinrichtungen, Bezirks- und Landesverwaltungen – und nicht zuletzt auch die Einbeziehung von ehrenamtlich engagierten Personen – wesentlich. Schon seit längerem zeigt sich, dass die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben Einzelner abnimmt – sowie die Solidarität der anderen. Aus verschiedenen Gründen ist es schwieriger geworden, Menschen für ehrenamtliches Engagement zu begeistern. Die Gesellschaft lebt aber von aktivem Ehrenamt und Teilhabe möglichst aller Personen.

Die Gemeinden sind nah an den Bürger:innen und tragen die Letztverantwortung für das gesellschaftliche Gelingen, umso mehr, wenn soziale Probleme zunehmen. Damit kommt ihnen eine zentrale Bedeutung für das gesellschaftliche Miteinander und dessen Weiterentwicklung zu.

Der finanzielle Druck auf die kleinsten Verwaltungseinheiten im Land steigt derzeit jedoch enorm. Die Ausgaben steigen und die Zahl der Abgangsgemeinden wird höher. Jede Position des Gemeindebudgets muss gut überlegt werden. Ausgaben für soziale Bereiche sind jedoch Investitionen für ein friedliches, gemeinschaftliches und nachhaltiges Miteinander im Dorf. Sparen an dieser Stelle könnte sich später bitter rächen.

Viele Vorarlberger Kommunen beobachten eine Verschiebung ihrer Tätigkeiten weg von reinen Verwaltungsaufgaben hin in Richtung Sozialbereich – oft ohne klaren Auftrag oder entsprechende Ausbildung der Mitarbeiter:innen dafür. Insbesondere der Bürgerservice als erste Anlaufstelle im Gemeindeamt fungiert hier als Puffer zwischen den Bürger:innen und den verschiedenen Institutionen.

Die Arbeitsanforderungen steigen, der Umgangston wird aufgrund existenzieller Bedrohungen der Antragsteller:innen mitunter rauer. Daher ist es besonders wichtig, die Bürgerservice-Mitarbeiter:innen gut zu schulen, sie zu unterstützen und ihnen durch die Gemeindepolitik Rückendeckung zu geben. „Wenn es uns gut geht, stecken wir auch den einen oder anderen ‚Granthammel‘ leichter weg!“, so eine Teilnehmerin aus der Projektgruppe.

Neben dem Fachaustausch auf Ebene des Bürgerservice sind auch maßgeschneiderte Schulungsangebote notwendig. Daher werden im weiteren Verlauf des Projektes Weiterbildungsempfehlungen erarbeitet, die die Mitarbeitenden auf den Gemeindeämtern für die künftigen Herausforderungen bestmöglich vorbereiten. „Da kommt die Fachhochschule ins Spiel”, sagt Oliver Mössinger, Fachhochschule Vorarlberg, Fachbereich Soziales und Gesundheit. „Von unserem Knowhow und von der Fachkompetenz unserer Absolvent:innen, bestens ausgebildete Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern, können Gemeinden rund um soziale Themen profitieren!”

Es ist wesentlich, über den Tellerrand zu blicken. Sozialplanung kann nicht alleine in der Gemeinde passieren. „Miteinander Reden und gemeinsames Gestalten unserer zukünftigen Lebenswelt stehen im Vordergrund“, betont Guido Flatz. „Gerade in den Dörfern ist der Zusammenhalt noch größer – diese Stärke müssen wir nutzen!“

Am 25. Jänner 2024 fand eine Fachtagung zum Thema „Zukünftige Rolle und Entwicklungschancen der Gemeinden“ in Dornbirn statt. Die Tagung wurde gemeinsam von der ARGE Soziale Nahversorgung und der Fachhochschule Vorarlberg – Fachbereich Soziales und Gesundheit veranstaltet.

Die Projektgruppe Soziale Nahversorgung diskutierte dabei mit Bürgermeister:innen, Bürgerservice-Kolleg:innen aus anderen Gemeinden und Expert:innen aus dem Sozialbereich. Die Fachleute setzten sich aus einem bunten Mix aus Vertreter:innen verschiedener Sozialsprengel und Regios, Mitarbeiter:innen aus Verwaltungs-, Sozial- und Bildungseinrichtungen des Landes Vorarlberg und engagierten Initiatoren diverser Projekte in anderen Gemeinden zusammen. Das Interesse an der Veranstaltung war erfreulich hoch.

Fact Box

Originalzitate aus den verschiedenen Workshops mit der Projektgruppe, Diskussionen mit den Bürgermeistern und Gesprächen mit Expert:innen:

„Ist das Bürgerservice ein Amt oder der Anwalt für die Bürger:innen?“

„Der Teil vom Bürgerservice, der nicht Amt ist, nimmt immer mehr zu.“

„Bürgerservice ist der anspruchsvollste Job im Gemeindeamt.“
„Es ist wichtig, die leisen Menschen nicht zu vergessen –
die lauten verschaffen sich ohnehin leichter Gehör.“

„Die Sozialplanung hat nicht den gleichen Stellenwert wie die Raumplanung oder andere Themen“

„Das Problem sind nicht die Bürger:innen, sondern die internen Strukturen und politischen Vorgaben.“

Hintergrund zum Projekt Soziale Nahversorgung

Seit Jänner 2023 treffen sich Mitarbeiter:innen und engagierte Ehrenamtliche aus acht Vorarlberger Gemeinden im Projekt „Soziale Nahversorgung“ regelmäßig, um die zukünftige Ausrichtung des Bürgerservice im Hinblick auf soziale Anliegen zu diskutieren. Wo und wie gelingt Soziale Nahversorgung bereits heute? Welche Rolle übernimmt der Bürgerservice dabei? Welche Unterstützungen oder Weiterbildungen brauchen die Angestellten dazu?

Den Projektinitiatoren ist es dabei besonders wichtig, nichts „neu zu erfinden“, das bereits existiert oder bestehende Projekte zu torpedieren. Vielmehr geht es darum, Vorhandenes zusammenzuführen, den Blick über den Tellerrand hinaus zu schärfen und stärkeres Bewusstsein für die Probleme zu entwickeln. Das Projekt läuft bis Mitte 2024 und wird durch LEADER gefördert.

Teilnehmergemeinden Walgau: Frastanz, Bludesch, Dreiklang Schnifis – Düns – Dünserberg 
Teilnehmergemeinden Bregenzerwald: Doren, Hittisau, Mellau 

Kontakt

ARGE Soziale Nahversorgung
Sägenplatz 1, 6820 Frastanz

Mag. (FH) Sabine Duelli, sabine.duelli@nahversorgung.org, 0699 / 11 44 84 82
Mag. Karl-Heinz Marent, karlheinz.marent@nahversorgung.org, 0664 / 122 07 02

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