Bankraub und Drogen: Wiener Polizei fasste Pärchen-Bande

Mit der eigentlich mageren Beute - der Gesamtschaden aller sechs Delikte lag im mittleren fünfstelligen Bereich - finanzierten die Verdächtigen Drogengeschäfte und -konsum, aber auch ein bisschen High Life. So mieteten sie sich nach den Coups teilweise in Luxushotels ein.
Bankraub, Drogen, Luxushotels: Wiener Polizei fasste Prächen-Bande
Die anachronistisch anmutende Serie - Banküberfälle werden schließlich kaum noch verübt - begann am 21. November in einem Geldinstitut in Hernals. Ein Mann kam mit Zettel mit der Aufschrift "Schnell, auszahlen!" in die Bank und zeigte zur Untermauerung seines Ansinnens eine Faustfeuerwaffe in seinem Hosenbund her. Nach kurzer Zeit flüchtete der Mann mit Geld. Am 27. November war eine Bank in der Leopoldstadt an der Reihe, wieder kam der Räuber mit einem Zettel, auf dem diesmal "Geld, schnell" zu lesen war. "Schon da hatten wir die Vermutung, dass die beiden Fälle zusammengehören könnten", sagte Dietmar Berger, stellvertretender Leiter des Ermittlungsbereichs im Landeskriminalamt (LKA) Wien, am Dienstag vor Journalisten.
Der Modus Operandi der Bande
Das gründete sich unter anderem auf dem Modus Operandi, aber auch auf Bilder von Überwachungskameras und Zeugenaussagen, die übereinstimmend die sehr markante Nase des Räubers erwähnten bzw. zeigten. Am 11. Dezember schlug die Gruppe dreimal zu, zweimal davon allerdings vergeblich. Zunächst scheiterte ein Überfall auf ein Geldinstitut in der Donaustadt, nicht einmal eine Stunde später war eine Tankstelle in Favoriten an der Reihe, wo der Raubzug auch gelang. Ein weiterer Banküberfall kurze Zeit später in Margareten ging hingegen wieder schief.
"Nase" als Kopf und Haupttäter der Gruppe
Die relative Erfolglosigkeit mag daran liegen, dass die "Nase" - Kopf und Haupttäter der Gruppe - diesmal den männlichen Komplizen vorgeschickt hatte. Der Hauptverdächtige zog jedenfalls seine Schlüsse daraus und wurde am Tag nach der Serie wieder selbst aktiv. In einer Bank in Liesing raubte er Geld.
Ermittler waren der Bande schon länger dicht auf den Fersen
Schlüsse hatten unterdessen aber auch die Ermittler bereits gezogen und waren der Bande bereits dicht auf den Fersen. Bald war klar, dass es sich um keinen Einzeltäter handelte. Die "Nase" traf nach den Überfällen ab dem dritten Delikt vor den Schauplätzen einen zweiten Mann, Lichtbilder, Zeugenaussagen und Hinweise, "die in eine bestimmte Richtung gegangen sind", brachten die Polizei bald auf die richtige Spur. Hauptverdächtiger war die "Nase", ein 26-jähriger Österreicher, der schon früher in Zusammenhang mit dem Suchtmittelgesetz vor Gericht gestanden war. Im Zuge der Ermittlungen erfuhren die Wiener Kriminalisten auch, dass ihre Kollegen vom niederösterreichischen LKA gegen den 26-Jährigen bereits seit geraumer Zeit wegen Suchtmittelhandels ermittelten und gegen ihn seit einem Jahr eine Festnahmeanordnung bestand. Somit lebte die "Nase" als U-Boot.
EKO Cobra gelang die Festnahme der Bande
Am Freitag konnten die Ermittler in einem Auto in Wien-Währing unweit des Johann-Nepomuk-Vogl-Platz lokalisieren. Mit Unterstützung des EKO Cobra gelang die Festnahme. Die "Nase" versuchte noch zu flüchten, kam aber nicht weit. Die Amtshandlung verlief sehr spektakulär. Ein Cobra-Beamter wurde leicht verletzt und hatte dabei noch großes Glück, dass ihm nicht das Bein zertrümmert wurde, ein Einsatzfahrzeug gerammt. Im Auto, an dem andere Kennzeichen montiert waren, fanden die Polizisten die Pistole der serbischen Marke Zastava bei dem 26-Jährigen, außerdem 8.000 Euro in bar und auch Suchtgift.
Das Stoppen des Wagens war überhaupt fast eine Art Jackpot für die Ermittler. Neben der "Nase" saßen der 27-jährige Komplize - als Ausführungstäter bei den beiden gescheiterten Banküberfällen und beim Tankstellenüberfall verdächtig - und die Freundin des 26-Jährigen im Wagen. Sie soll in vier der sechs Überfällen das Fluchtauto gesteuert haben, bei den ersten beiden Coups war die Freundin des 27-Jährigen am Lenkrad des Fluchtfahrzeugs. Der vierte Insasse, ein 25-Jähriger, hatte laut Berger mit den Taten nichts zu tun und war "einfach zur falschen Zeit am falschen Ort".
25-Jährige erst frisch aus dem Gefängnis gekommen
Die 25-jährige Lebensgefährtin der "Nase" ist übrigens gerade erst frisch aus dem Gefängnis gekommen. Am 11. November war sie mit der "Nase" in einem Wagen im oberösterreichischen Asten gestoppt worden. Während die 25-Jährige mit den Beamten in einem heftigen Clinch ging, konnte ihr gesuchter Freund noch einmal entkommen. Sie wurde wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt inhaftiert. Bei der Festnahme in Asten seien im Auto ebenso Suchtmittel sichergestellt worden wie bei einer folgenden Hausdurchsuchung, bestätigte die Landespolizeidirektion Niederösterreich am Dienstag. Ermittlungen des Landeskriminalamtes dauerten an.
Die Ermittler zeigten sich jedenfalls am Dienstag heilfroh, dass die Verdächtigen zunächst aus dem Verkehr gezogen sind. Vor allem der "Nase" schrieben sie erhebliches Gefährdungspotenzial zu und wollten nicht ausschließen, dass er die Zastava, deren Seriennummer herausgefeilt worden war, in konfrontativen Situationen auch benutzt hätte. Gegen den 26-Jährigen besteht ein Waffenverbot. Bei ihm handelt es sich um einen Thaiboxer, was auch ein Mitgrund für die markante Ausprägung seines Riechorgans sein könnte.
26-Jähriger zeigte sich schweigsam
In den Einvernahmen zeigte sich der 26-Jährige bisher schweigsam. Und wenn er sprach, wies er alle Vorwürfe zurück. Deutlich gesprächiger war da sein Komplize, der ein umfassendes Geständnis ablegte und dabei die "Nase" auch schwer belastete. Warum sich die Gruppe ausgerechnet Banken als Ziel für die Überfälle ausgesucht hatte, blieb zunächst offen. Die Zahl solcher Coups ist in den vergangenen zehn Jahren nicht zuletzt deshalb so drastisch gesunken, weil an den Schaltern kaum noch Bargeld in größerem Ausmaß zu bekommen ist sowie das Risiko - und die Strafandrohung - sehr hoch sind. Auf schweren Raub stehen bis zu 15 Jahre Haft.
Und nicht zuletzt deshalb betonen Ermittler immer wieder, dass Bankraub eigentlich ein "Delikt für Dumme" ist. Was sich aber offensichtlich noch nicht überall herumgesprochen hat ...
(APA/Red)