Heimliche Tonband-Aufnahme: Anfangsverdacht gegen Sobotka wird geprüft

Die Staatsanwaltschaft Wien untersucht derzeit, ob es einen Anfangsverdacht gegen den Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) wegen versuchten Amtsmissbrauchs gibt. Dies wurde von einer Sprecherin der Austria Presse Agentur (APA) am Donnerstag mitgeteilt.
Heimlich aufgenommenes Tonband lässt Behörden tätig werden
Die Vorwürfe beziehen sich darauf, dass Christian Pilnacek in einem informellen Gespräch in einem Lokal im vergangenen Sommer erwähnte, dass ihm Sobotka vorgeworfen habe, Ermittlungen nicht abgeschlossen zu haben. Das Gespräch wurde heimlich aufgezeichnet und in den letzten Tagen verschiedenen Medien zur Verfügung gestellt. Ein Sprecher des Nationalratspräsidenten hatte bereits am Dienstag Pilnaceks Darstellung bestritten.
Die Staatsanwaltschaft prüft derzeit, ob ein formelles Verfahren eingeleitet werden soll, und untersucht auch die mögliche Zuständigkeit für den Fall. Es besteht die Möglichkeit, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ebenfalls in den Fall einbezogen wird. Es wurde auch ein Verfahren gegen andere, auf der Aufnahme nicht identifizierte Personen eingeleitet.
Die Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (StAV) nutzte die Causa am Donnerstag, um auf die noch ausstehende Umsetzung des vorliegenden Entwurfs zur Schaffung einer Generalstaatsanwaltschaft aufmerksam zu machen. Diese sei dringend notwendig "um auch eine klare strukturelle Trennung von Politik und Justiz an der Weisungsspitze zu gewährleisten."
NEOS drängen auf unabhängigen Bundesstaatsanwalt
Ins selbe Horn stießen die NEOS. Sie forderten die Regierung dringend auf, endlich den Widerstand gegen eine Entpolitisierung der Justiz aufzugeben. "Schon der leiseste Verdacht, dass es sich manche richten können, ist tödlich für eine Demokratie und einen Rechtsstaat", erklärte NEOS-Klubchef Nikolaus Scherak in einer Stellungnahme. Am nächsten Donnerstag wollen die NEOS daher neuerlich ihren Antrag zur Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalt im Justizausschuss einbringen. Das werde der Lackmustest für die Grünen, die nach Bekanntwerden der neuen Vorwürfe beteuert hätten, "dass ihnen die Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts ebenso wichtig ist wie uns", so Scherak, "wenn es ihnen ernst ist, stimmen sie unserem Antrag zu".
Der Entwurf sieht vor, dass künftig nicht mehr der Justizminister bzw. die Justizministerin an der Spitze der Weisungskette der Staatsanwälte steht, sondern eine unabhängige Generalstaatsanwaltschaft. Bisher scheiterten die koalitionsinternen Verhandlungen vor allem an der Spitze der Generalstaatsanwaltschaft, an der sich die Grünen (wie auch die Staatsanwälte) einen Dreier-Senat wünschen. Die ÖVP hätte hingegen gerne eine Einzelperson, den sogenannten "Bundesstaatsanwalt" bzw. die "Bundesstaatsanwältin". "Bereits der Anschein, dass auf ein Ermittlungsverfahren Einfluss genommen werden könnte, schadet dem Ansehen der Justiz massiv", betonte StAV-Präsidentin Cornelia Koller.
(APA/Red)