"Yannick" am Dienstag Abschlussfilm der Viennale

Als Musiker ist Quentin Dupieux unter dem Pseudonym Mr. Oizo ("Flat Beat") bekannt, als Regisseur spätestens seit dem zweiten Film, der Groteske "Steak" (2007). Wie 2022 bringt der Franzose heuer zwei Produktionen auf die Leinwand: Die Kunst-Mockumentary "Daaaaaali!" und "Yannick". Beide sind bei der Viennale zu sehen.
"Yannick" Abschlussfilm der Viennale
Was passiert, wenn mitten in einer Theateraufführung jemand aus dem Publikum diese unterbricht und das Stück und die Schauspieler kritisiert? Ein mögliches Szenario entwirft Dupieux, der auch das Drehbuch verfasste, hinter der Kamera stand und den Schnitt anfertigte, mit "Yannick". Der Namensgeber des bloß 64 Minuten dauernden Films (inklusive Vor- und Abspann) arbeitet als Parkwächter und zeigt sich lautstark von der Boulevardkomödie "Le Cocu" (um einen Gehörnten und einen Liebhaber mit Darmproblemen) in einem Pariser Theater enttäuscht. Er habe sich extra frei genommen, sagte er, eine lange Anreise gehabt, und statt unterhalten zu werden, würde die Darbietung seine Probleme nur vergrößern, statt sie vergessen zu machen.
Yannick (Raphaël Quenard) formuliert sein Anliegen zunächst höflich, dann mit Spott und Zynismus und schließlich mit zunehmender Aggressivität. Einer der Schauspieler verweist ihn den Saales, doch der Unzufriedene kommt mit einer Pistole wieder - und zwingt Publikum und Darsteller sein eigenes Stück auf, das er während der Geiselnahme mühevoll auf einem Laptop tippt. "Unterbrechen Sie mich nicht, ich bin inspiriert", warnte er eine Schauspielerin, die anbietet, ihm die Schreibarbeit abzunehmen. Mit pointierten One-Linern hat Dupieux in "Yannick" grundsätzlich nicht gespart.
Fast keine Schauplatzwechsel
Dagegen gibt es fast keinen Schauplatzwechsel. Das Publikum (das vor der Leinwand) fühlt sich in dem Theater mitgefangen, nur wenige Male lässt Dupieux in einen der (leeren) Gänge und an die Garderobe blicken, eine kurze Einstellung zeigt das Haus von außen. Musik gibt es erst kurz vor und während des Abspanns, davor - als einzige Vertonung - nur ein paar nervtötende dumpfe Schläge, während Yannick sein Werk mit einem Finger tippt. In diesem klaustrophobischen Kammerspiel brilliert Quenard als (wohl nicht nur mit dem Boulevardstück) Unzufriedener, der behauptet, es grundsätzlich besser zu können.
Man kann einiges Hineininterpretieren in diese oberflächlich launige Geschichte von "Yannick" und in die Person Yannick; sich Gedanken machen über den jungen Mann aus der Arbeiterklasse, der mit seinen bissig-sarkastischen Kommentaren in vielen Dingen so manchem aus dem Herzen spricht, aber letztendlich zunehmend psychopathische Zuge aufweist. Doch Dupieux, der mutig inszeniert und (analog zu seiner Hauptfigur) mit Gewohntem bricht, geht nicht zu sehr in die Tiefe, sondern verdichtet, konzentriert sich auf die Dynamik zwischen den Charakteren und lässt am Ende vieles offen. In Locarno wurde der Streifen mit dem Europa Cinemas Label als bester europäischer Film geehrt, an den Kinokassen in Frankreich war er weniger erfolgreich.
(APA/Red)