Österreich tritt "Sky Shield" bei

Anwesend sein werden dabei auch ihr deutscher Amtskollege Boris Pistorius und die Schweizer Verteidigungsministerin Viola Amherd, denn auch die Schweiz wird am Freitag dem von Deutschland initiierten Schutzschirm beitreten. Beide Länder sehen dadurch keinen Bruch ihrer Neutralität.
Tanner: "Nichts davon trifft zu"
Die Neutralität bedeute, "an keinem Krieg teilzunehmen, keine fremden Truppen auf unserem Gebiet und keinem Militärbündnis beizutreten", erklärte Tanner im Gespräch mit der APA in Bern. "Nichts davon trifft auf diese Absichtserklärung zum 'European Sky Shield' zu". Darüber hinaus werde in einer Zusatzerklärung festgehalten, dass Österreichs "besondere verfassungsrechtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden". Diese Erklärung sei "gleichlautend" mit jener der neutralen Schweiz.
Die Schweizer Neutralität und das Kriegsmaterialgesetz erlauben es Bern nach eigenen Angaben nicht, Kriegsmaterial an Länder zu liefern, die an einem bewaffneten Konflikt beteiligt sind. So lehnte die Regierung in Bern Ende Juni ein Ansuchen des Schweizer Rüstungskonzerns Ruag ab, 96 eingelagerte Panzer an Deutschland zu verkaufen. Die Kampfpanzer vom Typ Leopard 1 hätten in Deutschland instandgesetzt und an die Ukraine geliefert werden sollen. Anders als Österreich hat die Schweiz ein Minenräumungsgerät in die Ukraine geschickt.
Österreich mit finanzieller Unterstützung
Die Regierung in Österreich ihrerseits stellt der Ukraine keine Entminungsgeräte zur Verfügung und bildet auch keine ukrainischen Soldaten aus. Beim vergangenen EU-Gipfel lehnte es Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) außerdem gemeinsam mit anderen neutralen Staaten ab, der Ukraine Sicherheitsgarantien zuzugestehen. Österreich leistet vor allem finanzielle Unterstützung. Mit 150 Millionen Euro gehöre Österreich zu den Ländern, die am meisten humanitäre Hilfe pro Kopf leiste, argumentiert die Bundesregierung.
Die Unterzeichnung der Absichtserklärung zum "Sky Shield" findet im Rahmen eines trilateralen D-A-CH-Treffens der Verteidigungsminister von Deutschland, Österreich und der Schweiz statt. Die Schweiz hat derzeit den Vorsitz in diesem Forum, das sich regelmäßig trifft. Tanner, Amherd und Pistorius treffen in der Früh zu trilateralen Gesprächen zusammen. Es wird erwartet, dass dabei auch Rüstungsgeschäfte ein Thema sein wird. Die Unterzeichnung selbst ist für 10.00 Uhr vorgesehen. Damit ist dann der Beitritt Österreichs und der Schweiz zu "Sky Shield" besiegelt.
"European Sky Shield"-Initiative umfasste bisher 17 Länder
Die "European Sky Shield"-Initiative (ESSI) umfasste bisher 17 Länder. Sie bezweckt, Beschaffungsvorhaben zur bodengestützten Luftverteidigung besser zu koordinieren und allenfalls zu bündeln. Auch der Informationsaustausch soll erleichtert werden. Beteiligt sind außer Deutschland die NATO-Mitglieder Großbritannien, Slowakei, Lettland, Ungarn, Bulgarien, Belgien, Tschechien, Finnland, Litauen, Niederlande, Rumänien, Slowenien, Estland sowie Norwegen. Im Februar schlossen sich auch Dänemark und der NATO-Beitrittskandidat Schweden dem Projekt an.
Nicht bei der deutschen Initiative sind etwa Frankreich, Italien, Spanien und Polen. Paris missfällt, dass dabei nichteuropäische Technologie eingekauft werden soll. Angedacht ist der Kauf von US-amerikanischen Patriot-Systemen sowie dem israelischen Raketenabwehrsystem Arrow 3. Frankreich und Italien wollen das gemeinsam von ihnen entwickelte System SAMP/T benutzen. Auch Polen beschafft andere Systeme wie das britische System CAMM.
"Sky Shield" soll helfen, Lücken zu schließen
"Sky Shield" soll vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Ukraine helfen, bestehende Lücken im derzeitigen Schutzschirm für Europa zu schließen. Bereits 2024 soll ein Schutz vor Raketen und Geschossen kleiner und mittlerer Reichweite geboten und 2025 der ganze Schirm aufgespannt werden. Tanner bezeichnete diesen Zeitplan gegenüber der APA als "ambitioniert".
Die Teilhabe am "Sky Shield" entbindet Österreich laut Tanner allerdings nicht davon, seinen Luftraum aktiv selbst zu schützen und auch die Entscheidungsgewalt zu behalten. Laut Experten ist die Teilnahme Österreichs am "Sky Shield" nur dann mit der Neutralität vereinbar, wenn das Kommando in Österreich bleibt - und nicht etwa dem NATO-Oberbefehlshaber unterstellt wird. Welchen Beitrag Österreich zu dem Schutzschirm leisten kann, ist derzeit noch nicht klar. Tanner nannte etwa das Radardatensystem "Goldhaube" als eine Möglichkeit.
"Sky Shield": Kickl für Volksabstimmung
FPÖ-Parteiobmann Herbert Kickl forderte unterdessen eine Volksabstimmung. Er kritisierte am Freitag in einer Aussendung, dass die schwarz-grüne Bundesregierung seit Beginn des Ukraine-Kriegs "Schritt für Schritt an der Aushöhlung und Abschaffung" der Neutralität arbeite. Die Österreicher müssten "in einer Volksabstimmung klar entscheiden können, ob sie für die ,Sky Shield -Beteiligung und damit den Weg der schwarz-grün-rot-pinken Einheitspartei in Richtung NATO sind oder unsere immerwährende Neutralität, die uns jahrzehntelang Sicherheit, Frieden und Ansehen in der Welt garantiert hat, erhalten wollen", erklärte Kickl.
(APA/Red)