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Geplanter Anschlag auf Regenbogenparade: Diskussion um Zugriff auf Messenger-Dienste

Diskussion um Zugriff auf Messenger-Dienste.
Diskussion um Zugriff auf Messenger-Dienste. ©Canva (Symbolbild)
Nach dem womöglich verhinderten islamistischen Anschlag auf die 27. Regenbogenparade in Wien ist es in der Regierung zu einer Diskussion darüber gekommen, ob die Strafverfolgungsbehörden über hinreichende Mittel zur Überwachung extremistischer Gefährder verfügen.
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Der Chef der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), Omar Haijawi-Pirchner, hatte schon Ende Februar im "Standard" bessere Zugriffsmöglichkeiten auf Inhalte von Messenger-Diensten verlangt.

Karner: "Nicht mehr modern und zeitgemäß"

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sagte dazu am Montag am Rande einer Veranstaltung in Wien, es sei "Teil des Regierungsprogrammes, dass es hier zu Änderungen kommen soll", weil man in diesem Bereich "nicht mehr modern und zeitgemäß" sei. Moderne Nachrichten- und Messengerdienste könne man derzeit "nicht mehr überwachen".

Gleichzeitig betonte Karner, dass es "nicht um Massenüberwachung" gehe: "Es geht darum, die einzelnen Gefährder, die es zweifelsohne gibt, aus dem Verkehr zu ziehen. Da braucht die Polizei die entsprechenden Befugnisse und Kompetenzen dazu."

DNS-Chef: Österreich "de facto Schlusslicht"

Der Chef der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), Omar Haijawi-Pirchner, unterstützte das in Interview für "ZiB2" und "Kurier". Er bezeichnete im ORF Österreich als "de facto Schlusslicht" auf diesem Gebiet. Es kämen derzeit sehr viele Personen nach Österreich, die IS-Anhänger seien - wie in jedes andere europäische Land. Das heiße, man habe die gleiche Bedrohung, aber nicht die gleichen Ermittlungsmöglichkeiten: "Uns geht es keinesfalls um eine breitflächige Überwachung, sondern um den anlassbezogenen Zugriff auf die Kommunikation von Hochrisiko-Gefährdern, wie dies beispielsweise im Rechtsextremismus oder islamistischen Extremismus der Fall ist", meinte der DSN-Chef im "Kurier".

"Grüne Position klar"

Darauf reagierte der Regierungspartner umgehend. "Was die Ausweitung von Überwachungsmaßnahmen wie die Einführung eines Bundestrojaners betrifft, ist die Grüne Position klar, auch mit Blick auf die Wahrung der Grundrechte: Die Gefahren einer solchen Maßnahme überwiegen ihren Nutzen", hieß es in einer von der APA erbetenen Stellungnahme des grünen Parlamentsklubs. Auch der Verfassungsgerichtshof (VfGH) habe dem Bundestrojaner bereits eine eindeutige Absage erteilt: "Von den Forderungen des ÖVP geführten Innenministeriums sind wir überrascht, da sich die Partei zuletzt stets gegen die Auswertung von Chats und Mobiltelefonen gewehrt hat."

Die Grünen räumten ein, eine der zentralen Aufgaben in einer Demokratie sei "selbstverständlich, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten". Allerdings sei im Rahmen der BVT-Reform der Nachrichtendienst reformiert und strukturell verbessert worden, "so dass die DSN die bestehenden Befugnisse nun wieder effizient zum Schutz der Bevölkerung nutzen kann. Die DSN konnte auch bereits Ergebnisse liefern, wie das aktuelle Beispiel zeigt".

Ministerium sieht Polizei vor "enormen Hürde"

Aus dem Innenministerium hieß es dazu am Montagnachmittag, im Kampf gegen politische und religiöse Extremisten sowie Schwerstkriminalität stehe die Polizei vor einer "enormen Hürde". Denn während etwa die Kommunikation von Terrorverdächtigen über Telefone überwacht werden kann, sei die Überwachung derselben Kommunikation über Messenge-Dienste am Smartphone rechtlich nicht möglich. "Schwerstkriminelle, für die wir diese Befugnis brauchen, wissen, dass die österreichische Polizei keine derartigen Befugnisse hat und nutzen diesen 'blinden Fleck' der Sicherheitsbehörden tagtäglich aus", hielt das Ministerium gegenüber der APA fest.

Warnung von Innenministerium

Unter Berufung auf die DSN und das Bundeskriminalamt warnte das Innenministerium davor, diese "enorme Sicherheitslücke" gefährde nicht nur laufende Ermittlungen, sondern sei "auch und vor allem eine enorme Gefahrenquelle für die Bevölkerung und die nationale Sicherheit, zum Beispiel wenn ein Anschlag ausschließlich über diese Messenger geplant wird, wo die Polizei nicht 'mitlesen' darf". Die derzeitigen Befugnisse seien daher zur Bekämpfung der Schwerstkriminalität im Bereich Terrorismus, Kapitalstraftaten und organisierter Kriminalität nicht mehr ausreichend. Eine wünschenswerte gezielte Überwachung der Online-Kommunikation von Schwerstkriminellen müsse natürlich "strengsten gesetzlichen Regelungen unterworfen sein", was Rechtsschutz unter Einbindung der Gerichte inkludiere.

(APA/Red)

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