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BVT-Prozess um Asyl für syrischen "Folter-General" fortgesetzt

Am Mittwoch wurde der BVT-Prozess rund um Asyl für einen angeblichen "Folter-General" aus Syrien fortgesetzt.
Am Mittwoch wurde der BVT-Prozess rund um Asyl für einen angeblichen "Folter-General" aus Syrien fortgesetzt. ©APA/GEORG HOCHMUTH (Symbolbild)
Am Mittwoch wurde der BVT-Prozess fortgesetzt. Dabei wird Mitgliedern des nun aufgelösten Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) vorgeworfen einem syrischen General in Österreich Asyl verschafft zu haben.
Ex-BFA-Direktor im BVT-Prozess befragt

Den BVT-Mitarbeitern wird vorgeworfen, sie hätten auf Basis einer Kooperation mit dem Mossad einen syrischen General in Österreich untergebracht und diesem trotz Fehlens der rechtlichen Voraussetzungen Asyl verschafft. Zu dieser Kooperation sagte am Mittwoch unter anderem der damalige stv. BVT-Direktor aus.

BVT-Mitarbeiter sollen syrischem General Asyl verschafft haben

Er war seinerzeit für den damals kurzfristig verhinderten angeklagten und aktuell nicht verhandlungsfähigen Ex-Abteilungsleiter Martin W. eingesprungen und statt diesem dienstlich nach Israel gereist. Dort soll er angeblich die Kooperationsvereinbarung mit dem Mossad zwecks Umsetzung der "Operation White Milk" abgeschlossen haben, was der frühere BVT-Vizechef vor Gericht aber entschieden in Abrede stellte: "Die Quelle, dass ich diese Kooperationsvereinbarung gemacht habe, ist Martin W. Das ist sein Storytelling. Die Frage ist, ob man die Glaubwürdigkeit des Herrn W. nicht hinterfragen sollte." An diesem ließ der Zeuge nämlich kaum ein gutes Haar: "Wenn ich drei Abteilungsleiter gehabt hätte wie den Martin W., hätte es sein können, dass ich als Oberösterreicher die Nerven schmeiß'." Dieser sei "vielleicht ein bisserl zu schnell die Karriereleiter hinaufgeklettert" und habe "vielleicht die Demut und den Respekt vor der Verantwortung, die er hatte" verloren. Martin W. habe sich "mit seiner kontrollaffinen Art zu viel aufgehalst", sagte sein ehemaliger Vorgesetzter: "Ich vermute, dass er einfach überfordert war."

Ex-BVT-Vizechef habe mit Mossad nichts bezüglich General vereinbart

Er habe jedenfalls mit dem Mossad nichts bezüglich des syrischen Generals vereinbart, bekräftigte der Zeuge: "Wenn er (Martin W., Anm.) der Einzige ist, der das behauptet, dann liegt er einfach falsch." Er habe auch nichts von einem Gespräch des BVT im Justizministerium gewusst, wo erstmals Folter-Vorwürfe gegen den syrischen Offizier thematisiert wurden. Martin W. habe ihn offenbar über den Termin nicht informiert, "er hat ja gute Kontakte in die Justiz gehabt". Überhaupt hätten wiederholt Vorgänge, die Martin W. in Aktenvermerken behauptet habe, im BVT keinen Niederschlag gefunden, sagte der seinerzeitige stellvertretende Behördenleiter: "Natürlich haben wir manches nicht bekommen."

Martin W. soll krankheitsbedingt nicht verhandlungsfähig sein

Das Verfahren gegen den erstangeklagten Martin W. war am ersten Verhandlungstag ausgeschieden worden, da dieser krankheitsbedingt nicht verhandlungsfähig sein soll. Aktuell hält sich der Mann angeblich in Dubai auf. Ursprünglich war auch gegen den Ex-BVT-Vizechef wegen Verdachts auf Amtsmissbrauch ermittelt worden, dieses Verfahren wurde aber eingestellt.

Angeblicher "Folter-General" sagte als Zeuge aus

Am Vormittag hatte der angebliche "Folter-General" als Zeuge ausgesagt. Der Offizier beantwortete allerdings kaum Fragen, wobei das Gericht auf Antrag eines Verteidigers zunächst entschieden hatte, dass lediglich der Themenkomplex zum Asylverfahren öffentlich erörtert wurde. Für alle darüber hinausgehenden Bereiche wurde die Öffentlichkeit ausgeschlossen, da das Bekanntwerden geheimdienstlicher Informationen die öffentliche Sicherheit gefährden könnte, wie die vorsitzende Richterin erklärte.

General ließ auch vergleichsweise harmlose Fragen unbeantwortet

Dessen ungeachtet ließ der General auch vergleichsweise harmlose Fragen unbeantwortet - etwa jene, ob er die Angeklagten kenne und in welcher Sprache er sich allenfalls mit diesen unterhalten hätte. "Ich möchte heute nicht aussagen und bitte Sie das zu respektieren", erklärte der Zeuge. Er habe "alles" der Staatsanwältin gesagt: "Ich möchte heute nichts mehr sagen. Ich habe bereits alle Fragen beantwortet." Er habe "Angst um mein Leben und das meiner Familie", führte der General ins Treffen, der in Begleitung seines Anwalts Timo Gerersdorfer zur Verhandlung erschienen war.

Offizier soll an folter in Gefängnis in Ar-Raqqa in Syrien beteiligt gewesen sein

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen den Offizier, der laut Anklage mit tatkräftiger Unterstützung des BVT nicht nur einen Aufenthaltsstatus, sondern auch eine Bleibe und finanzielle Mittel bekommen haben soll, wegen Beteiligung an Körperverletzungen und Folter in einem Gefängnis in Ar-Raqqa in Syrien, das er geleitet hatte. Er soll zumindest davon gewusst haben, dass Regimegegner dort gefoltert wurden, was er laut Gerersdorfer entschieden bestreitet.

Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen General wegen Folter

Der mit diesem Verfahren betraute Staatsanwalt erklärte als Zeuge, die inländische Zuständigkeit für dieses Verfahren sei "völlig klar", die Staatsanwaltschaft Wien ermittle seit 18. Mai 2016 gegen den General wegen Folter im Sinne des §312 a StGB. Aus rechtlichen Gründen werde ein möglicher Tatzeitraum zwischen Anfang Jänner und Ende März 2013 untersucht. Er habe seine Rechtsansicht gegenüber dem BVT auch nie anders kommuniziert: "Ich kann nicht beurteilen, wie es vom Empfängerhorizont aufgenommen wurde."

Bei einer Besprechung mit einem BVT-Beamten Ende 2016 habe er auch aufgrund dessen "nonverbalen Verhaltens" den Eindruck gewonnen, "dass er über die Person (den General, Anm.) mehr wusste, als er mir mitteilen wollte oder durfte", sagte der Vertreter der Wiener Anklagebehörde. Er habe nicht gewusst, dass das BVT zu diesem Zeitpunkt Kontakt zum syrischen Offizier hatte "und diesen betreut hat", wie der öffentliche Ankläger formulierte.

Kooperationsvereinbarung mit israelischen Geheimdienst Mossad

Die Kooperationsvereinbarung mit dem israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad, die unter der Bezeichnung "Operation White Milk" firmierte, soll das BVT am 6. Mai 2015 "zwecks Informationsgewinnung" abgeschlossen haben, wie in der Anklageschrift ausgeführt wird. Im Juli desselben Jahres soll das BVT dann eine Gefährdung des syrischen Generals behauptet haben, der sich zu diesem Zeitpunkt in Frankreich aufhielt und dort ein Asylverfahren laufen hatte. Es wurde eine "Gefährdungsprognose" erstellt, wobei die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) davon ausgeht, dass diese Behauptung ungeprüft war und ausschließlich dazu dienen sollte, die beabsichtigte Einreise des Generals in Österreich zu ermöglichen.

Mann wurde nach Österreich gebracht und in Salzburg "übernommen"

In weiterer Folge wurde der Mann nach Österreich gebracht, in Salzburg vom BVT "übernommen" und bei der Stellung eines Asylantrags unterstützt, wobei dieser laut WKStA unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gestellt wurde. Offenbar ist dem General sein Asylstatus inzwischen aber wieder aberkannt worden. Auf die Frage, ob sein Asylaberkennungsverfahren abgeschlossen sei, meinte er jetzt jedenfalls als Zeuge: "Zur Zeit habe ich keinen Asylstatus." Ob diese fremdenrechtliche Entscheidung rechtskräftig sei? "Ich habe keine Ahnung", entgegnete der General knapp.

BVT-Prozess: Damalige Richterin wurde als Zeugin befragt

Ebenfalls als Zeugin befragt wurde eine damalige Richterin im Justizministerium (BMJ), die an einer Besprechung im BMJ teilnahm, an der neben dem derzeit suspendierten Sektionschef im Justizministerium Christian Pilnacek, dem angeklagten Chefinspektor sowie dem angeklagten Ex-Spionagechef auch Vertreter der CIJA teilnahmen. "Ich hatte keinen Grund, an der Seriosität der Organisation zu zweifeln", sagte die Zeugin. Bei dem Gespräch äußerten Vertreter der NGO Bedenken, dass sich in Österreich ein mutmaßlicher Kriegsverbrecher befinde. Die angeklagten BVT-Beamten hätten daraufhin weder bekannt gegeben, den "Foltergeneral", von dem die Rede war, zu kennen, noch ihn betreut zu haben.

Pilnacek wurde nach Mittagspause als Zeuge befragt

Pilnacek selbst wurde am Mittwoch nach der Mittagspause als Zeuge einvernommen. Da ihm nach wie vor der Zugang zu seinem Computer "beharrlich verweigert" werde, habe er seine Erinnerungen an die sieben Jahre zurückliegenden Vorgänge "nicht auffrischen können", erläuterte Pilnacek eingangs seiner Einvernahme. An dem Gespräch habe er aber nur "passiv" teilgenommen, um einem der Teilnehmer - einem ehemaligen Botschafter - "protokollarisch die Reverenz zu erweisen". Fragen über die Besprechung mit der CIJA hinaus konnte oder wollte Pilnacek nicht beantworten, da seine Entbindung von der Amtsverschwiegenheit nur für diesen konkreten Termin gelte. "Weil ich ja einige Verfahren oder zumindest Erhebungen wegen Verletzung des Amtsgeheimnis hatte, bin ich da besonders vorsichtig", begründete er das.

Plinacek-Befragung dauerte nur 15 Minuten

Pilnaceks Befragung dauerte zwar nur 15 Minuten, kurz nach deren Ende verschaffte sich dieser aber einen zweiten Auftritt im Großen Schwurgerichtssaal. Bevor der nächste Zeuge zu Wort kam, fragte Pilnacek vom Zuseherbereich aus per Handzeichen die Richterin, wie er denn das Gebäude verlassen könne, da die Tore zum Gerichtssaal verschlossen seien. Pilnacek verließ kurz darauf durch einen Seiteneingang den Großen Schwurgerichtssaal, dessen Tore zu diesem Zeitpunkt offen standen.

Weiterer Beamter des BJM nahm an Besprechung im Ministerium teil

An der Besprechung im Ministerium nahm auch ein weiterer Beamter des BMJ teil. Dieser habe noch während der Besprechung eine Auskunft aus dem Zentralen Melderegister eingeholt und festgestellt, dass der General tatsächlich in Wien gemeldet sei. Die "Kollegen" aus dem BVT habe man beauftragt zu überprüfen, ob er dort auch wohnhaft sei. Denn nur wenn sich der General in Österreich aufgehalten hätte, wäre auch eine Gerichtsbarkeit gegeben. Diese hätten das zur Kenntnis genommen, jedoch keinen Hinweis darauf gegeben, dass diese Person vom BVT betreut worden wäre, sagte der Zeuge. Parallel dazu hätte man die NGO aufgefordert, weitere Informationen über den General zu liefern. "Diese NGO hatte ein Ziel, das war ganz klar. Die wollten, dass wir ein Strafverfahren einleiten (...). Sie sollten mehr Beweise liefern, dass er auch Befehlsverantwortung hatte."

Die CIJA hatte Informationen über den General und dessen mögliche Verwicklung in Kriegsverbrechen in Syrien dem Justizministerium übermittelt und damit die strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien gegen den Offizier angestoßen. In Stattgebung eines Beweisantrags der Verteidigung wird das Gericht einen Vertreter der CIJA laden und als Zeugen vernehmen, zu diesem Zweck wurde die Verhandlung auf den 10. Juli vertagt. Ob auch noch ein Mossad-Vertreter geladen wird, den die Verteidiger ebenfalls als Zeugen beantragt hatten, wird beim nächsten Termin entschieden. Wie die Richter ankündigte, wird es nach dem Juli jedenfalls einen weiteren Verhandlungstermin geben - "frühestens Anfang September", wie es hieß.

(APA/Red)

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