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Teure Lebensmittel: Preise einfrieren für Handel keine Option

Rainer Will vom Handelsverband hat das Problem der hohen Energiekosten als Ursache für die hohen Preise hervorgestrichen.
Rainer Will vom Handelsverband hat das Problem der hohen Energiekosten als Ursache für die hohen Preise hervorgestrichen. ©ZiB2/ORF.at
Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will sieht die Schuld an der Teuerung nicht bei seiner Branche, wie er in der "ZiB 2" erläuterte. Um die Kosten für Lebensmittel zu senken, könne er sich eine geringere Mehrwertsteuer vorstellen, ein temporäres Einfrieren der Preise sei dagegen keine Option.
Druck auf Regierung steigt
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Sozialminister Johannes Rauch und Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen sowie Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) wollen am Montag bei einem Lebensmittel-Gipfel mit Vertretern von Handel und Industrie beraten, was man gegen die starke Teuerung bei Lebensmitteln unternehmen könnte. Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will hat am Sonntagabend in der "ZiB 2" für seine Branche jede Schuld an der Teuerung zurückgewiesen: "Der Wettbewerb ist perfekt", so Will.

Hohe Energiekosten wirken sich auf Lebensmittelpreise aus

Bei der Teuerung würden Ursache und Wirkung verwechselt, meinte Will. "Die Ursache sind die durch die Decke gehenden Energiekosten, die Mietpreissteigerung und die Personalkosten, aber auch die Finanzierungskosten der Banken." Die Regierung habe nur die Industrie unterstützt und es verabsäumt, den Handel zu unterstützen. Dennoch seien die Lebensmittelpreise im EU-Vergleich in Österreich am geringsten gestiegen.

An der Börse seien zwar die Energiepreise gesunken, "aber die Energieversorger geben's nicht weiter", sagte Will. Der heimische Handel habe nur ein bis zwei Prozent Gewinnspanne. Die börsennotierten internationalen Markenartikel-Produzenten hätten aber Gewinnsteigerungen im zweistelligen Prozentprozent verzeichnet.

Auch die Kritik der Arbeiterkammer, dass gerade die Preise für Eigenmarken der Händler besonders stark gestiegen seien, wies der Geschäftsführer des Handelsverbandes zurück. Das sei damit zu erklären, dass die Energiepreise bei den günstigeren Eigenmarken einen größeren Anteil an den Kosten hätten.

Handelsverband-Chef Will: "Der Wettbewerb ist perfekt"

Falls es zu einer Senkung der Mehrwertsteuer käme, wie sie von SPÖ, FPÖ und Grünen ins Spiel gebracht wird, würde der Handel die Senkung "selbstverständlich" ein zu eins weitergeben, versicherte Will.

Das von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) angedachte französische Modell, das ein temporäres Einfrieren der Preise bestimmter Lebensmittel vorsieht, sei nicht möglich, sagte Will. "Wenn die Inflation durch die anderen Treiber steigt, können wir die Preise nicht halten." Zudem werde bei dem Modell den großen Ketten "ein Körberlgeld unterstellt, das nicht erzielt wird". Der Finanzminister habe außerdem die Nahversorger völlig vergessen. "Die würden komplett die Kunden verlieren, weil die können unmöglich mit."

Zwar wird der Lebensmittelmarkt in Österreich fast zur Gänze von den vier großen Ketten Rewe, Spar, Hofer und Lidl kontrolliert, doch könne keiner dieser Händler seine Preise erhöhen, weil er sonst Kunden verlieren würde, argumentiert Will. "Daher ist der Wettbewerb perfekt."

Preisunterschiede zu Deutschland wegen Gehalt und Mehrwertsteuer

Dass die Preise in Österreich deutlich höher sind als in Deutschland, begründete Will damit, dass "man in Österreich 14 Gehälter verdient, in Deutschland nur 12". Außerdem betrage in Deutschland die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel 7 Prozent und in Österreich 10 Prozent, der Aktionsanteil liege in Österreich bei 30 Prozent und in Deutschland bei 10 Prozent. Außerdem sei Österreich ein kleiner Markt und die Beschaffung daher teurer.

Auch Rainer Trefelik, Obmann der Handelssparte in der Wirtschaftskammer, sieht keinen Handlungsbedarf bei Transparenz oder Wettbewerb. Auch im Energiesektor gebe es keine Preistransparenz, vergleicht Trefelik. Über eine Veröffentlichung der Preise einzelner Produkte könne man reden, aber es gebe "kein Urmaß bei Butter, Reis oder Mehl", die Qualitäten seien unterschiedlich, Preisvergleiche daher anders als bei Benzin schwierig.

Transparenz für Konsumenten laut Trefelik gegeben

Alle angebotenen Produkte öffentlich zu machen wäre ein zu hoher bürokratischer Aufwand. Trefelik sieht in der Kritik am Lebensmitteleinzelhandel vor allem Populismus. Der Großhandelsindex etwa sei zwar insgesamt gesunken, nicht aber bei relevanten Kategorien wie Zucker, Backwaren oder anderen für Lebensmittel relevanten Produkten. Transparenz gebe es über die Plattformen der Supermarktketten ohnehin, "die Konsumenten können sich gut informieren, wenn sie wollen", so Trefelik im "Morgenjournal".

Der Weg für eine Absenkung von Preisen ist aus Trefeliks Sicht eine Verringerung der Kosten der Händler, vor allem für Energie, aber auch Mietkostenindizierung sollte abgeschafft werden. Preisvergleiche mit Deutschland seien unfair, der deutsche Markt sei zehn Mal so groß und die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel mit sieben Prozent niedriger als in Österreich, wo zehn Prozent Steuern fällig werden. Außerdem gebe es in Deutschland mehr Diskonter, in Österreich mehr Bio. Eingriffe in die Preise lehnt Trefelik ab.

IHS-Direktor warnt vor Mehrwertsteuersenkung

Zum Sozialgipfel am Montag ist auch IHS-Direktor Klaus Neusser eingeladen. Er hält ein Einfrieren der Preise für bestimmte Lebensmittel für eine gewisse Zeit für überlegenswert, wie er in der ORF-"Pressestunde" sagte. "Alles, was auf freiwilliger Basis gemacht wird, ist sicher gut." Eine Mehrwertsteuer-Senkung für bestimmte Lebensmittel würde hingegen die Nachfrage und damit die Inflation befeuern.

(APA/Red)

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