AA

Sind die Grünen erledigt?

Die Grünen ernteten viel Kritik.
Die Grünen ernteten viel Kritik. ©APA/GEORG HOCHMUTH (Symbolbild)
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Beihilfe zur Einstellung der „Wiener Zeitung“ kommt einer Bankrotterklärung von Werner Kogler und Co. gleich. Jetzt können sie nur hoffen, dass nicht Andreas Babler SPÖ-Chef wird.

Das muss gemeint sein, wenn von einem „Sturm der Entrüstung“ die Rede ist: Nachdem die Grünen von Vizekanzler Werner Kogler und Klublobfrau Sigrid Maurer am Mittwoch im Verfassungsausschuss des Nationalrats der Einstellung der „Wiener Zeitung“ zugestimmt hatten, ernteten sie in sozialen Medien sehr viel Kritik von Leuten, die ihnen grundsätzlich wohlwollend gegenüberstehen. Nicht selten war die Drohung zu lesen, sie nie wieder zu wählen. Was auf den ersten Blick verwundern mag: Federführend in der Sache sind Türkise, Medienministerin ist die Sebastian-Kurz-Entdeckung Susanne Raab von der ÖVP.

Die Grünen leisteten „bloß“ Beihilfe, sie sicherten mit ihrer Zustimmung die nötige Mehrheit. Das Problem für sie ist jedoch, dass sie mit anderen Ansprüchen konfrontiert werden. Bei den Türkisen verwundert es weniger, dass sie Qualitätsjournalismus schwächen, der Mächtigen immer wieder lästig sein muss. Bei den Grünen ist das ein bisschen anders: Durch die Mitwirkung an einer Politik, wie sie auch von Viktor Orbán in Ungarn betrieben wird, überraschen sie.

Es ist ihnen eher nur wichtig, Regierungserfahrung zu sammeln und ein bisschen Klimaschutz zu betreiben. Soweit sie dies neben der ÖVP halt dürfen. Wäre Justizministerin Alma Zadić nicht bemüht, diverse Korruptionsaffären aufklären zu lassen, könnte man sagen, dass ihnen alles andere vollkommen egal ist. So muss man feststellen, dass sie entlarvend viel in Kauf nehmen.

Im Klartext: Die Grünen sind nicht mehr diejenigen, die sagen können, dass Demokratie einen besonderen Stellenwert für sie habe. Das ist eine Lüge. Sonst hätten sie bei der „Wiener Zeitung“, die einen relevanten Beitrag für eine informierte Öffentlichkeit leistet, ein Veto eingelegt. Im Übrigen hätten sie kritischen Stimmen dazu eine Bühne gegeben. Genauso wie Interessenten für eine Weiterführung der ältesten noch erscheinenden Tageszeitung der Welt (Gründungsjahr: 1703).

Das wäre letzten Endes alles auch im Sinne der Demokratie gewesen. Sie lebt nicht davon, dass Regierende, wie Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), willkürlich Kampagnen durchführen, wie es ihnen gefällt, sondern unter anderem von möglichst vielen starken Medien, die den Bürgern mitteilen, was ist. Problem: Österreich ist ein kleines Land und hat ohnehin schon zu wenige.

Im Moment würden die Grünen bei einer Nationalratswahl zwar verlieren, sich jedoch bei rund zehn Prozent halten. In Anbetracht dessen, was Kogler und Co. liefern und wie es von wahrnehmbaren Teilen ihrer Anhängerschaft aufgenommen wird, könnten sie glücklich darüber sein. Vormachen sollten sie sich jedoch nichts: Es ist darauf zurückzuführen, dass sich nicht wenige Menschen mit Grauen von der zerstrittenen SPÖ abwenden, für die die Grünen ein geringeres Übel und die einzige Alternative sind. Doch wehe, der linke Bürgermeister Andreas Babler, der nebenbei auch Klimaschutz in seinem Programm hat, übernimmt die Sozialdemokratie: Dann könnte es für die Grünen gefährlich werden. Wie damals bei der Nationalratswahl 2017, als ihnen die SPÖ unter Christian Kern mehr als ein Viertel ihrer Wählerschaft abgenommen hat und sie aus dem Hohen Haus geflogen sind.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

  • VIENNA.AT
  • Johannes Huber
  • Sind die Grünen erledigt?
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen