Vier Tage arbeiten, drei Tage frei und das bei vollem Lohnausgleich – es klingt beinahe zu schön, um wahr zu sein. Ist es aber. Zumindest bei einigen Firmen in Vorarlberg. Die haben in der jüngeren Vergangenheit auf die Vier-Tage-Woche umgestellt. WANN & WO bat zwei von ihnen, zu evaluieren, wie das Modell ankommt.
Vorreiter aus Bludenz
Ein Vorreiter dabei ist die Køje, die in Bludenz Zirbenbetten herstellt. „Wir haben bereits im Oktober 2019, nach einer Testphase und demokratischer Abstimmung im Køje-Team, die Vier-Tage-Woche mit 37 Arbeitsstunden pro Woche eingeführt“, erklärt Gründer und Geschäftsführer Christian Leidinger auf WANN & WO-Anfrage. Dass die Firma heute, vier Jahre später, noch immer an dem Modell festhält, spricht dabei für sich. Heute befindet sich die gesamte Køje-Manufaktur und das Büro im „Vier-Tage-Modus“. „Für die meisten im Team wäre ein anderes Modell wahrscheinlich gar nicht mehr vorstellbar“, ist sich Leidinger sicher.

„Der Tagesablauf ist etwas straffer geworden, die Produktivität leidet aber nicht“, stellt der Køje-Chef klar. „Neben einer besseren Work-Life Balance werden Behördengänge, Arztbesuche und ähnliches jetzt hauptsächlich am freien Freitag und nicht in der Arbeitszeit erledigt. Und wenn es die Auftragslage tatsächlich erfordert, dass Überstunden notwendig sind, wird ausnahmsweise am Freitag gearbeitet und das Wochenende bleibt immer noch frei.“
Auch die Rückmeldungen der KundInnen seien positiv. Für viele sei „eine nachhaltige Produktion wichtig“, sagt Leidinger. „Durch die Vier-Tage-Woche verringern wir gleichzeitig die Belastung für die Umwelt und unsere eigenen Energiekosten, da an drei Tagen alle Maschinen stillstehen, kein Licht brennt und das Heizvolumen heruntergefahren wird. Außerdem entfallen die Arbeitswege aller Mitarbeiter für einen kompletten Tag.“
Sorge um Servicequalität
Ein anderes Bild von den KundInnen-Reaktionen zeichnet der Chemiegroßhändler Deuring aus Hörbranz. Wobei: Die Firma führte die Vier-Tage-Woche nicht aus dem ursprünglichen Gedanken heraus ein, sondern um angemessen auf einen marktbedingten Auftragsrückgang zu reagieren – und eben Kurzarbeit oder gar Entlassungen zu vermeiden. „So hatten wir das auch unseren KundInnen kommuniziert“, beschreibt Geschäftsführer Patrick Deuring im Gespräch mit WANN & WO.

„Dementsprechend verwundert waren wir, dass unsere GeschäftspartnerInnen befürchtet hatten, dass wir nicht die gewohnte Servicequalität bieten könnten. Was wir aber natürlich getan haben.“ Mittlerweile hat sich die Auftrags-lage normalisiert und die Firma Deuring ist zu den gewohnten Arbeitszeiten zurückgekehrt.
Pluspunkt bei Mitarbeitersuche
Und die Vier-Tage-Woche bringt einen weiteren Bonus, der gerade heute besonders wichtig ist: Sie macht das Unternehmen attraktiver für Jobsuchende. „Heute ist es für uns wesentlich einfacher, MitarbeiterInnen und vor allem Lehrlinge zu finden“, so Leidinger. „Letztere gehen erfahrungsgemäß gerne in die Industrie, weil es dort höhere Löhne gibt. Seitdem wir die Vier-Tage-Woche eingeführt haben, können wir unsere Lehrlinge aussuchen.“

„Bin motivierter“
„Ich finde die Vier-Tage-Woche sehr gut, weil man nach einem langen Wochenende am Montag einfach entspannter und motivierter zur Arbeit kommt. Private Termine und Erledigungen können wir auf Freitag legen und wir sparen zudem Sprit und Geld, wenn wir am Freitag nicht mit dem Auto zur Arbeit fahren.“ Ana Brugger, Lehrling in der Køje-Manufaktur

„Individuelle Lösung“
„Als junger Familienvater gibt mir die Vier-Tage-Woche mehr Freiräume im Alltag mit zwei kleinen Kindern. Ich persönlich profitiere zusätzlich von einer individuellen Lösung: Mein freier Tag ist am Mittwoch, dafür arbeite ich freitags. Somit bin ich privat noch flexibler und das Køje-Büro ist auch am Freitag besetzt.“ Julian Rojas, Planung & Entwicklung bei der Køje
(WANN & WO)