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"Boden zu verbrauchen ist nichts Schlechtes"

Der ÖVP-Landesparteichef Martin Gruber gab der APA vor der Kärntner Landtagswahl 2023 ein Interview.
Der ÖVP-Landesparteichef Martin Gruber gab der APA vor der Kärntner Landtagswahl 2023 ein Interview. ©APA/GERT EGGENBERGER
Zugewinne für seine Partei, will ÖVP-Chef und Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Kärnten, Martin Gruber, einstreichen.

"Ich bin der einzige, der sich schützend vor das Landesvermögen der Kärntnerinnen und Kärntner stellt", sagt der 39-jährige Nebenerwerbsbauer im APA-Interview und meint damit vor allem den Klagenfurter Flughafen, den er vom Investor zurückkaufen und durch die öffentliche Hand weiter betreiben möchte.

Gruber vor Kärnten-Wahl: "Boden zu verbrauchen ist nichts Schlechtes"

"Ich weiß bis heute nicht, warum Peter Kaiser (Landeshauptmann, SPÖ, Anm.) dem Mehrheitseigentümer so die Mauer macht und sich bei Grund und Boden so über den Tisch ziehen lässt." Der Investor habe es nur auf die Grundstücke des Airports im Norden von Klagenfurt abgesehen, ist Gruber überzeugt. Zwei Mal scheiterte der ÖVP-Landesrat mit seinen Anträgen auf Ziehen der Call Option an der SPÖ-Mehrheit in der Landesregierung. Wie möchte er weitertun, falls der Rückkauf gelänge? "Es gilt dann, eine neue Geschäftsführung einzusetzen, die sich mit den Hauptthemen beschäftigt: Flugbetrieb - und das ist harte Arbeit und Klinkenputzen von Airline zu Airline und Hub zu Hub. Und das beste Projekt für die nicht betriebsnotwendigen Grundstücke zu finden." Aus den Erlösen solle dann der Flugbetrieb finanziert werden. An der Entscheidung, den Flugbetrieb aufrecht zu erhalten, würde Gruber "momentan absolut nicht" rütteln.

Gruber findet keine weiteren Verfassungsänderungen notwendig

Dass das Einstimmigkeitsprinzip gefallen sei - ein Zugeständnis an die SPÖ zu Beginn der Legislaturperiode - ist aus Grubers Sicht kein Problem. Bis auf die Flughafen-Call Option seien trotzdem alle Beschlüsse einstimmig gefallen. "Es hat gut funktioniert." Weitere Verfassungsänderungen braucht es laut Gruber nicht. "Momentan würde mir keine einfallen, wo es notwendig wäre."

Uneinigkeit in der Koaliton über weiteren Beschluss in Kärnten

Über einen weiteren Beschluss war man sich in der Koalition uneinig: Ein von der SPÖ eingebrachter Genderleitfaden samt umfangreichem Wörterbuch wurde nur von den Roten beschlossen, Gruber verließ die Sitzung vor der Abstimmung. "Ich habe dem Landeshauptmann im Vorfeld gesagt, das ich da nicht mitstimmen werde, weil ich's nicht kann. Bei einer solchen ideologischen Bevormundung der Kärntnerinnen und Kärntner und einer Verhunzung der deutschen Sprache mache ich nicht mit." Außerdem habe man gerade größere Probleme. "Bitte das nicht als Geringschätzung zu werten."

Wörterbuch sei "zum Davonlaufen" gewesen

Das (später wieder zurückgezogne, Anm.) Wörterbuch sei "zum Davonlaufen" gewesen. "Bei aller Wertschätzung für Gleichberechtigung - meine Reden beginnen immer mit Damen und Herren, Kärntnerinnen und Kärntner. Das will ich nicht falsch verstanden wissen. Nur wenn in einem Wörterbuch drinnen steht Polizeikraft, Erstland statt Vaterland, und das hat mir wirklich aufgestoßen, statt Bäuerinnen und Bauern in der Landwirtschaft beschäftigte Personen, dann ist das nämlich inhaltlich auch falsch. Als Eigentümer (...) bin ich nicht der Beschäftigte irgendwo." Dass Kaiser das Wörterbuch gelesen habe, bezweifle Gruber, aber: "Es ist auf seinen expliziten Wunsch hin eingebracht worden." Wie er selbst das mit der Sprache handhabe? Gruber: "Ich werde niemals einen Doppelpunkt verwenden. Das findet sich in keinem Wörterbuch und keinem Duden." Er nenne die männliche und weibliche Form - "und da sollen sich bitte alle angesprochen fühlen". "Ich halte wirklich nichts davon, Eigenartigkeiten noch einzuführen, um Deutsch noch schwerer zu machen. Es ist eh schon so eine schwere Sprache wie man bei manchen merkt, die zu uns kommen."

Gruber sieht große Herausforderungen für Arbeitsmarkt

Zur kürzlich entflammten Teilzeit-Debatte sagt Gruber: "Wir haben prinzipiell eine große Herausforderung am Arbeitsmarkt, Arbeitskräftemangel. Wobei wir vielleicht bei jenen ansetzen sollten, die nicht wollen. Das wäre der Zugang mit dem degressiven Arbeitslosengeld." Arbeitslose würden sagen, für 200 Euro mehr gehe ich nicht arbeiten. "Da muss man ansetzen, das ist ein Fehler im System." Hier sei die "soziale Hängematte zu breit geraten", so Gruber. Er verstehe es auch nicht, wenn junge Menschen nur 20 Stunden arbeiten wollen, weil sie eh bei den Eltern wohnen und eben nicht mehr brauchen.

Gruber darüber, wei man die Klimawende in Kärnten erreichen will

Wie Kärnten die Klimawende schaffen soll? "Wir machen schon wahnsinnig viel und manche Dinge muss man noch zulassen: Das eine ist im Bereich der erneuerbaren Energie, den kompletten Energiemix zulassen - von der Wasserkraft bis zu den - auch wenn sie mir nicht gefallen - Windkrafträdern, die wir auch brauchen werden." Der zweite Bereich sei der öffentliche Verkehr, da hätten die Grünen (in der vorangegangenen Legislaturperiode, Anm.) ein "Niemandsland" hinterlassen. Inzwischen passiere viel. "Streckenaufbau, Taktungen erhöhen plus dann auch das Kärnten Ticket. Für 399 (Euro pro Jahr, Anm.) in ganz Kärnten, das ist kein schlechtes Angebot, wenn auch die Taktungen und Anbindungen passen."

Grünen hätten Eisenbahnstrecken und Buslinien eingesparrt

Die Grünen hätten Buslinien eingespart und Eisenbahnstrecken geschlossen. "Und so bin ich als Straßenbaureferent für Eisenbahnschienen zuständig. Die aufgelassene Gailtalbahn gehört der Straßenbauabteilung. Jetzt haben wir dort Geleise, als Straßenbau." Und was passiere damit? "Das ist eine gute Frage. Was tut der Straßenbau damit?" Auch die Schließung der Rosentalbahn kritisiert Gruber, "öffentlicher Personennahverkehr ohne öffentliche Mittel trägt sich gar nie - und jetzt schon gar nicht mit dem Kärnten Ticket. Aber das ist zu investieren, um einen Beitrag zu leisten gegen den Klimawandel."

Gruber: "Boden zu verbrauchen ist per se nichts Schlechtes"

Bei Einschränkungen des Bodenverbrauchs und der Verbauung ist Gruber vorsichtig. "Boden zu verbrauchen ist per se nichts Schlechtes. Wenn daraus Wertschöpfung generiert wird, ist es eine Grundlage unseres Wohlstandes." Notwendig sei Bodenverbrauch, wenn sich ein Betrieb niederlasse oder Infrastruktur errichtet werde, nicht notwendig hingegen ein Hektar Parkplatz vor einem Einkaufszentrum. "Das gibt es auch nicht mehr. Das ist mittlerweile verboten für Neubauten." Und es sei bereits viel geschehen, um Projekte in Ortskernen zu fördern, beispielsweise bei Selbstbedienungshütten. "Wenn man sich da in einem Leerstand in einem Ortskern ansiedelt hat, war die Förderung höher als am freien Feld." In die Gemeindeautonomie bei Widmungen möchte Gruber nicht eingreifen. "Schlussendlich wissen die Gemeinden am zielführendsten, wo erweitert werden kann und wo nicht."

Großes Thema für Kärntner Bauern ist der Wolf

Großes Thema - vor allem der Bauern - ist der Wolf. Will Gruber den Räuber in Kärnten wieder ausrotten? "Ich will nichts ausrotten lassen, aber ich stelle nicht den Schutz eines Tieres über den Schutz eines anderen." Der Wolf sei eine massive Belastung für die traditionelle Landwirtschaft und für die Bevölkerung. "Man muss darüber diskutieren, ob dieser exorbitant hohe Schutzstatus gerechtfertigt ist - vor allem bei einem Raubtier, das bei Gott nicht vom Aussterben bedroht ist." Mit seiner Abschuss-Verordnung habe er jeglichen Rahmen ausgenützt, den die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie vorgibt. "Für mich hat der Wolf keinen Platz in Kärnten. Weil wir keine Natur haben in Kärnten - das ist alles Kulturlandschaft." Einem Raubtier bleibe da kein Rückzugsgebiet. "Er trifft dort immer auf Menschen. Wir sind durch besiedelt, durch bewirtschaftet. Da passt der Wolf nicht hinein."

Und was würde Gruber tun, wenn er in der neuen Periode ein Gesetz beschließen könnte ohne Rücksicht auf Mehrheiten? "Man könnte im gesamten Naturschutzbereich effizienter werden auch im Zulassen von Dingen, die unsere Zukunft absichern. Wieder erneuerbare Energien angesprochen, Betriebserweiterungen, Tod und Teufel - Entbürokratisierung wäre das Stichwort."

Alle Infos zur Kärntner Landtagswahl 2023

(APA/Red)

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