Nationalrat: Pensionsalter, Whistleblower-Schutz, Volksbegehren

Die SPÖ schloss sich ÖVP und Grünen beim Beschluss des Fahrplans an, kritisierte aber wie die FPÖ und NEOS scharf die Pensionspolitik der Regierung. Ebenso kritisiert wurde von der Opposition der "Pflegebonus", obwohl eine Erhöhung von 2.000 auf 2.460 Euro beschlossen wurde.
Lücke im Heimopferrentengesetz geschlossen
Einstimmig geschlossen wurde eine Lücke im Heimopferrentengesetz. Damit bekommen auch - prinzipiell anspruchsberechtigte - dauerhaft arbeitsunfähige Personen eine Heimopferrente, die bisher keinen Anspruch auf Sozialhilfe haben, weil ihr Partner bzw. ihre Partnerin zu viel verdient. Bisher mussten sie bis zum Regelpensionsalter auf den Bezug warten.
Bei den Stichtagen für die Pensionsalters-Angleichung hat sich die Regierung "bewusst" für eine Auslegung entschieden, die Frauen zugute kommt und verfassungskonform sei, erläuterte Sozialminister Johannes Rauch (Grüne). Konkret war - wegen unterschiedlicher Gesetze - zu klären, welcher Stichtag für Mitte Juni bzw. Dezember Geborene gilt, die ja mit 1. Juli bzw. 1. Jänner in Pension gehen. Die Regierung entschied sich, dass auf den Geburtstag und nicht den Pensionsantritt abgestellt wird - für diese Frauen also noch nicht der nächste Halbjahresschritt gilt.
Der erste Halbjahresschritt Richtung 65 wird bei den Frauen gesetzt, die zwischen 1. Jänner und 30. Juni 1964 geboren wurden. Halbjährlich gibt es dann Steigerungen um ein weiteres halbes Jahr. Frauen, die nach dem 30. Juni 1968 geboren sind, werden als erste wie Männer ein Regelpensionsalter von 65 Jahren haben.
Loacker empörte sich über "Pensionsgeschenk"
Bei den NEOS stieß die Begünstigung einiger Frauen auf Kritik: "Das kostet eine Mrd. Euro" Geld der nachfolgenden Generationen, empörte sich Sozialsprecher Gerald Loacker über ein "Pensionsgeschenk". Man müsse dem Vertrauensgrundsatz genüge tun, argumentierte der Grüne Markus Koza mit Hinweis auf eine mögliche Anfechtung beim Verfassungsgerichtshof.
SPÖ vermisste weitere Schritte für gerechteres Pensionssystem
Die SPÖ hatte zwar nichts gegen die Stichtags-Festlegung, vermisste aber weitere Schritte für ein gerechteres Pensionssystem. Besonders vehement forderte Sozialsprecher Josef Muchitsch, die Aliquotierung der Pensionsanpassung für Neuzugänge abzuschaffen. Die geringere Anpassung für später im Jahr Geborene sei "ein weiterer Pensionsraub". Seitens der FPÖ warf Erwin Angerer der Regierung vor, oft gegen die Pensionisten (etwa mit Abschaffung der Hacklerpension) zu agieren; auch sei die Pensionserhöhung angesichts der massiven Teuerung viel zu niedrig.
"Politik ist kein Wunschkonzert", hielt ÖVP-Abg. Bettina Zopf all diesen Begehren entgegen. Die Politik müsse immer so handeln, "dass es für die nächsten Generationen passt", und das mit Blick auf die budgetären Möglichkeiten.
FPÖ stimmte Pflegebonus-Erhöhung zu
Der Erhöhung des Pflegebonus stimmte seitens der Opposition nur die FPÖ zu. SPÖ und NEOS kritisierten die gesetzliche Regelung und die Kriterien massiv - und vermisste Maßnahmen zum Abbau der Personalnot. Minister Rauch will solche auch setzen, kündigte er an: Das sei nur ein erster Schritt, "wir sind sicher nicht am Ende angelangt bei der Reform der Pflege, auch um das Thema Personalbeschaffung werden wir uns intensiv kümmern", verwies er auch auf die laufenden Finanzausgleichsverhandlungen.
Nationalrat befasste sich mit Volksbegehren
Am Vormittag hatte sich der Nationalrat mit gleich zehn Volksbegehren beschäftigt. Rund 70 Redner traten an, um sich mit den von den Bürgern ins Haus gebrachten Anliegen - von Impfgegnerschaft bis zu Tiertransporten - auseinanderzusetzen. Prominent behandelt wurde auch das Rechtsstaat- und Antikorruptionsvolksbegehren.
Vier Volksbegehren wurden zum Teil abschließend behandelt - u.a. die besonders erfolgreiche Initiative "Stoppt Lebendtier-Transportqual" des niederösterreichischen Landesrats Gottfried Waldhäusl (FPÖ) und die medial aufmerksam verfolgte Anti-Korruptionsinitiative. Sechs weitere, darunter die ebenfalls sehr erfolgreiche Initiative Bargeld, wurden einer "Ersten Lesung" unterzogen, ehe sie im Ausschuss dann im Detail behandelt werden.
Nationalrat beschloss Regelung zum besseren Whisteblower-Schutz
Der Nationalrat hat am Mittwoch - mit der Regierungsmehrheit - eine neue gesetzliche Regelung zum besseren Schutz von Whistleblowern (Hinweisgebern) beschlossen. Basierend auf EU-Vorgaben, sieht es die Einrichtung von internen und externen Meldestellen für Hinweisgeber im öffentlichen Sektor sowie in jedem Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten vor.
Die Meldestellen sollen Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten oder Missstände nachgehen, beispielsweise hinsichtlich der Einhaltung des Datenschutzes oder bezüglich Verstößen im öffentlichen Auftragswesen. Der private Sektor erhält auch eine externe, betriebsunabhängige Meldestelle, die im Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) angesiedelt werden soll. Personen, die internen bzw. externen Stellen (mutmaßliche) Rechtsverletzungen melden, werden unter anderem vor Kündigung, Disziplinarmaßnahmen, Gehaltskürzungen und anderen Repressalien wie Einschüchterung und Mobbing geschützt und können gegebenenfalls Schadenersatz einklagen.
"Gute Lösung" geortet
Peter Haubner (ÖVP) lobte das Gesetz als "praktikable, gute Lösung", die Hinweisgeber schütze, aber die Arbeitgeber nicht mit Bürokratie überfordere. Man habe nicht nur die zugehörige EU-Richtlinie - die eigentlich schon Ende 2021 fällig war - umgesetzt, sondern den Entwurf auch durch die Korruptionstatbestände des nationalen Rechts erweitert. Agnes Prammer (Grüne) sprach von Schutz vor, durch und für den Arbeitgeber, eine "Win-Win-Win-Situation". Sie erhoffte sich eine Kulturänderung, denn noch werde in Österreich nicht auf den gezeigt, "der das Hauferl ins Eck macht, sondern auf den, der sagt, da stinkt's".
Von der Opposition kam Kritik an dem Gesetz, das 2026 evaluiert werden soll. Verena Nussbaum (SPÖ) monierte, es fehle Transparenz und der Gesamtschutz für Hinweisgeber. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) wertete das Gesetz als "nicht praktikabel, nicht umsetzbar", es sei auf halbem Weg hängen geblieben und konterkariere den Gesetzeszweck. Für Johannes Margreiter (NEOS) sind die Anlassfälle zu schwammig formuliert. Sehe man sich die Strafsanktionen für falsche gegebene Hinweise an, dann sehe man, dass das Gesetz nicht funktionieren könne.
Nächste Nationalratssitzung im März
Mit Debatten einer ganzen Reihe von Rechnungshof-Berichten sind am Mittwoch die ersten regulären Plenarsitzungen im neu renovierten Parlament am Ring zu Ende gegangen. Zur Kenntnis genommen wurden Prüfungen und Empfehlungen des Rechnungshofes in Sachen Energie, Verkehr, zur Elementarpädagogik und Universitäten. Die nächste Sitzung des Nationalrates findet in einem Monat, am 1. März, statt.
(APA/Red)