AA

Roter Preisschock

©APA/ROLAND SCHLAGER
Gastkommentar von Johannes Huber. Gebührenerhöhungen in Wien setzen auch Pamela Rendi-Wagener zu: Ihre Anti-Teuerungskampagne bricht in sich zusammen.

Eher als der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil schadet die Wiener SPÖ von Bürgermeister Michael Häupl der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner: „Die Preise müssen runter“, erklärt sie seit Wochen, ja Monaten. Der Teuerungswahnsinn müsse gestoppt werden. Jetzt wird sie hämisch an solche Aussagen erinnert: Unter sozialdemokratischer Verantwortung werden in der Hauptstadt nicht nur Strom und Gas teurer, sondern auch Müll-, Wasser- und Kanalgebühren erhöht. Es geschieht also genau das Gegenteil von dem, was Rendi-Wagner fordert. Als würde es sich um eine parteiinterne Böswilligkeit handeln, die gegen sie gerichtet ist.

In Wirklichkeit rächt sich „nur“ der Populismus, den die Kanzlerkandidatin betreibt: Sie hat Preissteigerungen politisch allein gegen die türkis-grüne Regierung instrumentalisiert; sie hat den Eindruck entstehen lassen, dass Karl Nehammer (ÖVP) und Co. mir nichts, dir nichts gegen unersättliche Konzerne vorgehen und Belastungen ganz generell abwenden könnten.

Umso weniger kann Rendi-Wagner nun auf Verständnis hoffen: Wer soll verstehen, dass Wien Energie, eine 100-Prozent-Tochter der Wiener Stadtwerke, die wiederum zu 100 Prozent im Eigentum der SPÖ-dominierten Gemeinde sind, Strom für einen durchschnittlichen Dreipersonenhaushalt um monatlich 57 und Gas um gar 108 Euro teurer macht? Natürlich: Es handelt sich um ein Unternehmen, das so agieren muss. Wenn die Gemeinde aber so gar keinen Einfluss darauf hat, warum wird dieses Unternehmen dann nicht gleich privatisiert? Damit kein Missverständnis entsteht: Erklärbar ist alles, einfach ist das jedoch nicht (mehr).

Schier unmöglich ist es bei den Gebührenerhöhungen: Bei diesen Inflationsanpassungen handelt es sich um eine Art zweckgebundene Gemeindesteuer für bestimmte Leistungen, wie etwa die Abfallentsorgung. Ein Gemeinderatsbeschluss würde reichen, damit zumindest diese Belastung ausbleibt. Wenn Rendi-Wagner vom Bund eine Mehrwertsteuersenkung verlangt, sollte es Wien ein Leichtes sein, auf Gebührenerhöhungen zu verzichten und anderswo zu sparen, um das zu ermöglichen. Es geschieht jedoch nicht. Die Anti-Teuerungskampagne der SPÖ-Vorsitzenden bricht in sich zusammen.

Ausgleichsmaßnahmen der Stadt machen die Sache nicht besser. Sie sorgen für kein „Preise runter“, sondern sind eine Antwort auf Preissteigerungen. Den geplanten Energiebonus von 200 Euro im vierten Quartal gibt es zudem nur auf Antrag, womit Betroffene zu Bittstellern gemacht werden. Beides ist besser als nichts und vielleicht auch alternativlos. Es widerspricht aber dem billigen Populismus, der so tut, als könne der Staat von vornherein alles regeln und sämtliche Belastungen verhindern.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

Kommentare
Kommentare
Grund der Meldung
  • Werbung
  • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
  • Persönliche Daten veröffentlicht
Noch 1000 Zeichen