AA

Ukraine-Krieg: Nehammer bietet Wien als Verhandlungsort an

Österreich als Verhandlungsort für Friedensgespräche im Ukraine-Konflikt angeboten.
Österreich als Verhandlungsort für Friedensgespräche im Ukraine-Konflikt angeboten. ©APA/GEORG HOCHMUTH
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer hat Wien als Verhandlungsort im Krieg zwischen der Ukraine und Russland an. "Wir bieten uns an, aber wir biedern uns nicht an", sagte Nehammer am Sonntag in der ORF-Pressestunde.
Angebot für Wien als Gesprächsort gefordert
Ukraine will keine Verhandlungen in Belarus

Voraussetzung dafür sei allerdings ein Waffenstillstand, wozu die russische Seite derzeit "überhaupt nicht willens" sei. Nehammer betonte außerdem die Solidarität mit den Nachbarländern der Ukraine bei der Bewältigung der Flüchtlingssituation.

Österreich ist bereit Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen

Das Innenministerium stehe im Kontakt mit Polen, der Slowakei, Ungarn und Rumänien und sei bereit, Flüchtlinge zu übernehmen, sollte es zu Versorgungsengpässen kommen. "Wir bereiten uns vor, Quartiere sicherzustellen." Bei der Ukraine "handelt es sich um einen Nachbarstaat", sagte Nehammer. "In der Nachbarschaftshilfe war Österreich in der Geschichte immer wieder vorbildlich."

"Putin will offenbar die Sowjetunion wieder errichten."

Nehammer betonte: Das, was in der Ukraine gerade passiere, sei von vielen als unvorstellbar erachtet worden. "Wir haben seit 1945 keinen Krieg in Europa, wo ein Land ein anderes überfällt". Auf die Frage, ob Österreich in der Vergangenheit zu russlandfreundlich war, antwortete Nehammer: "Ja, wir haben nicht alles richtig gemacht. Ja, es gab mit Sicherheit auch Fehleinschätzungen." Aber alle Beteiligten hätten mit bestem Wissen und Gewissen agiert. Eine Fehleinschätzung sei gewesen, den russischen Präsidenten als berechenbaren Verhandlungspartner zu sehen, was er früher jedoch auch war. Die "Putinversteher" hätten darauf hingewiesen, dass russische Sicherheitsinteressen zu wenig bedacht worden seien. Doch dies "kann niemals Vorwand für Krieg sein". Und er betonte: "Putin will offenbar die Sowjetunion wieder errichten."

Europa müsse mehr Geld für Sicherheit ausgeben

Europa müsse nun mehr Geld für seine Sicherheit ausgeben. Konkrete Zahlen für die Erhöhung des österreichischen Verteidigungsbudgets nannte Nehammer nicht. Dem Vorschlag einer europäischen Armee erteilte der Bundeskanzler eine Absage. Eine solche "sehe ich derzeit nicht", sie würde eine Weiterentwicklung der EU und einen demokratischen Prozess bedürfen. Allerdings werde die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU "wichtiger denn je". Die Amerikaner hätten einen anderen Schwerpunkt, nämlich im pazifischen Raum. Von der aktuellen Situation würde in Wahrheit China profitieren.

Dem Vorschlag einer europäischen Armee erteilte der Bundeskanzler eine Absage. Eine solche "sehe ich derzeit nicht", sie bräuchten eine Weiterentwicklung der EU und einen demokratischen Prozess. Allerdings werde die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU "wichtiger denn je". Die Amerikaner hätten einen anderen Schwerpunkt, nämlich im pazifischen Raum. Von der aktuellen Situation würde in Wahrheit China profitieren.

Nehammer will kein Eingreifen der Nato oder EU in den Krieg

Ein militärisches Eingreifen der NATO oder der EU in den Krieg will Nehammer nicht. Das wäre "eine Katastrophe". Würden Europa oder die USA "jetzt eingreifen, heißt das, wir haben einen Weltkrieg. Unsere Verpflichtung ist, das zu verhindern." Denn es könne "bis zur nuklearen Konfrontation weitergehen". Europas "Waffe" sei Frieden und Diplomatie.

Der Debatte über einen NATO-Beitritt Österreichs kann Nehammer nicht viel abgewinnen. Der Kanzler verteidigte erneut die österreichische Neutralität. Österreich sei militärisch neutral, "aber nicht in der Frage der Wertehaltung, wenn Verletzungen des Völkerrechts passieren", sah Nehammer auch einen Unterschied zur Schweiz. Entstanden sei die Neutralität zwar "unter einem Druckszenario", die Sowjets hätten sich bereit erklärt, sich nach dem Zweiten Weltkrieg dafür aus dem besetzten Österreich zurückzuziehen. Die Neutralität habe Österreich dazu verholfen, Stabilität zu entwickeln.

Wege, um Österreich von russischem Erdgas zu emanzipieren

Nehammer erklärte außerdem, dass Wege beschritten würde, um "uns von russischem Erdgas zu emanzipieren". Mit den Speicherkapazitäten käme Österreich, wenn es zu "Nulllieferungen" käme, bei einem kalten Winter bis Ende März. Im Falle eines "normalen Winters" reichten die Gasbestände bis Ende April. "Nulllieferungen" seien aber nicht eingetreten, "Gazprom liefert bis dato". Ein Viertel des österreichischen Energiebedarfs werde durch Gas gedeckt. Wichtig sei es, sich nach Alternativanbietern umzusehen und den Anteil fossiler Energieträger zu reduzieren. Nehammer betonte: "Der Winter ist gesichert", und versicherte auch daran zu arbeiten, dass "auch der nächste Winter gesichert ist".

Kritik von der FPÖ

Kritik an den Worten des Kanzlers kam unterdessen von FPÖ-Obmann Herbert Kickl. "Wenn ÖVP-Kanzler Nehammer fernab jeglicher Diplomatie die USA und Großbritannien als Österreichs 'Alliierte' bezeichnet, entfernt er unser Land mit all seinen außenpolitischen Erfahrungen immer mehr vom diplomatisch-neutralen Boden." Vielmehr solle Nehammer Österreich als unparteiischen Boden anbieten, um wieder friedensstiftende Verhandlungen zu forcieren und aufnehmen zu können, so Kickl.

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Ukraine-Krieg: Nehammer bietet Wien als Verhandlungsort an
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen