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„Er wird es wieder tun, davon bin ich überzeugt“

Gewaltopfer Nina* wandte sich mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit. Sie möchte betroffenen Frauen Mut machen.
Gewaltopfer Nina* wandte sich mit ihrer Geschichte an die Öffentlichkeit. Sie möchte betroffenen Frauen Mut machen. ©Russmedia
Als alleinerziehende Pflegemutter eines 6-jährigen Jungen lebte Nina* aus Höchst über Jahre hinweg in einer Beziehung mit einem drogenabhängigen Gewalttäter. Nach einem aus ihrer Sicht viel zu milden Gerichtsurteil wagt die Frau den Schritt an die Öffentlichkeit.

In einem aufwühlenden Gespräch spricht die 39-Jährige über Prügel, psychischen Terror und den Schritt an die Öffentlichkeit zu treten, um anderen Frauen beim Ausstieg aus einer jahrelangen Spirale der Gewalt Mut zu machen. „Im Nachhinein betrachtet hätte ich viel früher reagieren sollen. Aber irgendwie gab mir Thomas* immer wieder das Gefühl, er würde sich bessern. Auf eine Phase der Gewalt folgte Reue und das Versprechen, alles gutzumachen. Bis zum nächsten Griff zur Flasche, der nächsten Linie Kokain. Dann verwandelte er sich erneut in das Monster, das mich jahrelang terrorisierte“, gewährt die gezeichnete Unterländerin Einblick in ihre viel zu lang andauerndes Martyrium. Eine Anzeige, die sie gegen ihren Peiniger einbrachte, zog sie schlussendlich vor Gericht doch zurück, hin- und hergerissen zwischen blinder Liebe, Angst vor Vergeltung und einem Funken Hoffnung, dass sich doch noch alles zum Guten wenden würde.

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Gewalt vor den Augen des Kindes

Schläge, psychischer Terror, Drohungen, er würde der jungen Frau Drogen unterjubeln und sie anzeigen, Sprachnachrichten, nächtliche, unangekündigte Besuche und Beleidigungen aus der untersten Schublade standen an der Tagesordnung, auch vor den Augen des Kindes schreckte der einschlägig Vorbestrafte nicht zurück. Das brachte aber letztlich das Fass zum Überlaufen. Nach der Trennung entschied sich Nina* gemeinsam mit dem Jungen für einen Neustart und übersiedelte in eine neue Wohnung, um das Erlebte hinter sich zu lassen. Das blieb aber nicht unbemerkt, vor allem nicht vor den Augen des Mannes, der das Leben der kleinen Familie zur Hölle machte. Und das, obwohl er sich zu diesem Zeitpunkt bereits wieder in einer neuen Beziehung befand. „Unangekündigt verschaffte er sich Zutritt zu unserem neuen Heim. Als ich mich ihm entgegenstellte, stieß er mich zu Boden und versetzte mir Tritte. Auch die Schreie vom Kleinen, der Zeuge des schrecklichen Vorfalls wurde, hinderten ihn nicht, unbarmherzig auf mich einzuprügeln. Schließlich ließ er von mir ab und verschwand aus der Wohnung“, schildert Nina die Tat, die sie schließlich dazu brachte, einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen. Die Angst um das Wohl des Kindes und ihrer selbst gab schließlich den Ausschlag. Sie wandte sich an die ifs Gewaltschutzstelle, erstattete Anzeige und zog vor Gericht.

Schock nach dem Urteilsspruch

„Es hat mich natürlich viel Überwindung gekostet. Auch ließ er nicht locker und bombardierte mich mit Sprachnachrichten und Drohungen. Und die Tatsache, dass mein kleiner Junge vor Gericht aussagen musste, war alles andere als leicht. Uns blieb aber keine andere Möglichkeit. Umso schockierter bin ich aber von der Tatsache, wie mild das Urteil dann ausgefallen ist“, führt Nina* weiter aus. Bei der Verhandlung fasste der mehrfach vorbestrafte Vater zweier Kinder eine dreijährige Bewährungsstrafe aus, davon ein halbes Jahr unbedingt. Zusätzlich muss er eine Strafe von 480 Tagessätzen bezahlen. Zur Last gelegt wurde ihm Körperverletzung und gewaltsames Eindringen in eine Wohnung. Die Staatsanwaltschaft erhob keine Einwände, das Urteil ist rechtskräftig.

"Er wird es wieder tun"

Ein Schock für Nina*, denn sie beteuert in Anbetracht dessen, dass er sich nun in einer neuen Partnerschaft befindet: „Die Strafe ist meiner Meinung nach eine Farce. Er wird es wieder tun, davon bin ich überzeugt. Ich hoffe nur, dass er uns in Ruhe lässt. Und dass seine neue Partnerin erkennt, worauf sie sich eingelassen hat. Bevor es zu spät ist.“

*Name und Daten aus Opferschutzgründen geändert

ifs Gewaltschutzstelle begleitet Opfer auch in Strafverfahren

Ulrike Furtenbach, ifS Gewaltschutzstelle ©Philipp Steurer

"Opfer von Straftaten haben ein Recht auf Beistand und Unterstützung. Strafverfahren stellen für Opfer häuslicher Gewalt eine große emotionale Belastung dar. Nach einer Anzeige fühlen sich Opfer meist unsicher – wie geht es weiter, was kommt auf mich zu, was passiert bei Gericht, bei der Polizei?  Die Begleitung und Unterstützung durch erfahrene Prozessbegleiterinnen der ifs Gewaltschutzstelle kann durch Information und Begleitung eine entlastende Hilfestellung anbieten", informiert Leiterin Ulrike Furtenbach. Opfer sollten sich während eines Strafverfahrens so sicher wie möglich fühlen und bei der Bewältigung ihrer Sorgen und Ängste unterstützt werden. "Neben dem Angebot der psychosozialen Prozessbegleitung  kann bei Bedarf auch ein Anwalt/Anwältin für die juristische Prozessbegleitung beigezogen werden.  Für das Angebot der Prozessbegleitung fallen dem Opfer keine Kosten an", informiert Ulrike Furtenbach abschließend.

Kontaktinfos für Betroffene

ifs Gewaltschutzstelle, Johannitergasse 6, Feldkirch
Telefonnummer: 05-1755-535
Web: www.ifs.at

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