Präsenzunterricht-Start als "nett gemeintes Disaster"

Am Montag sind rund 50.000 Schüler in Vorarlberg in den Präsenzunterricht gestartet. Damit ging zwar eine Forderung der Schulsprecher in Erfüllung: Weg vom Distance Learning, hin zum Unterricht in der Klasse. Wirklich zufrieden sind laut Vorarlbergs Schülervertretern allerdings nur wenige. Die Öffnung der Schulen sei nicht ausreichend vorbereitet. Sie sei zwar eine "nette Geste", allerdings würden Schüler, Eltern und Lehrpersonen durch eine "katastrophale" Vorbereitung ins kalte Wasser geworfen. Kritik wird auch an Bildungsminister Faßmann geübt: Er erwarte von den Schülern, so zu tun, als ob sie niemals im Distance Learning gewesen seien, heißt es von den Schülervertretern: "Leisten, Leisten, Leisten lautet der Plan der Regierung".
Mentale Gesundheit
Die Regierung stelle zwar Geld für zusätzlichen Förderunterricht frei, vergesse allerdings die Schulpsychologie und mentale Gesundheit der Schüler. "Auf einen Schulpsychologen kommen derzeit ca. 10.000 Schüler", verdeutlichen die Landesschulsprecher die Problematik. "Die mentale Gesundheit der Schüler sollte über allem, auch unserer Leistung stehen", sind sich die Schülervertreter einig. Die Schulpsychologie werde seit Jahren vom Ministerium ignoriert und gerade jetzt würden sich die Folgen dieser Ignoranz zeigen.
Matura ja, aber in anderer Form
Auch würden die Maßnahmen den Fakt, dass manche Schüler seit einem Vierteljahr keine Schule mehr von innen gesehen haben, ignorieren. Schularbeiten, Test und Hausübungen würden weiterhin in Scharen kommen und Schüler teilweise überfordern. "Wenn da nichts passiert, wird Minister Faßmanns Öffnungsexperiment, als nett gemeintes Desaster in die Geschichte eingehen", lässt BMHS-Landesschulsprecherin Annika Wakolbinger kein gutes Haar am Bildungsministerium. Auch zur Matura herrsche von Faßmann seit Monaten absolute Funkstille. Das mindeste sei hier, dass die mündliche Matura freiwillig werde. Auch ein Abschließen der Schullaufbahn ohne Prüfung wäre aus ihrer Sicht eine mögliche Lösung.
BMHS und Berufsschulen vergessen
Für Berufsbildende Mittlere und Höhere Schulen (BMHS) würden seit Monaten Informationen fehlen. Auch hier brauche es Anpassungen bei der Matura, deshalb fordert die BMHS-Landesschulsprecherin in einem offenen Brief an die Bildungsdirektion die Freiwilligkeit von Kochprüfungen an Schulen, an welchen diese stattfinden. Der Brief wurde von Schulsprecherinnen von hauswirtschaftlichen sowie touristischen Schulen unterzeichnet und ist am Donnerstag in der Bildungsdirektion eingegangen.
Berufsschüler würden ebenfalls wie Schüler zweiter Klasse behandelt, lautet ein weiterer Kritikpunkt. Abschlussprüfungen würden hier links liegen gelassen. "Das Ministerium sollte endlich realisieren, dass unser Schulsystem nicht nur aus Gymnasien besteht", fordert BS-Landesschulsprecher Roni Hoti. Es brauche nun Taten und das am liebsten gestern, so die Schülervertreter.
"Vorarlberg Live" mit Andreas Kappaurer von der Bildungsdirektion:
(Red.)