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Studie ortet in der Corona-Krise "Kollateralschäden" bei Suchtbehandlung

Suchtkranke hatten in der Coronakrise und dem Lockdown mit mangelnder Betreuung zu kämpfen
Suchtkranke hatten in der Coronakrise und dem Lockdown mit mangelnder Betreuung zu kämpfen ©Pixabay (Sujet)
Lockdown mit "Nebenwirkungen" für Suchtkranke: Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben bei der Suchtbehandlung- und -Prävention in Österreich zu "Kollateralschäden" geführt.
Lockdown verstärkte Suchtmittelkonsum nicht

Zu diesem Schluss kommt eine am Mittwoch präsentierte Studie der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) im Auftrag der Stiftung Anton Proksch Institut Wien, in der die neun Sucht- und Drogenkoordinatoren der Bundesländer interviewt wurden.

Studie: Auswirkungen des ersten Lockdowns untersucht

In der Studie wurden die Auswirkungen des ersten Lockdowns in Österreich durchleuchtet. Hier zeigte sich, dass besonders das Social Distancing für die Behandlung vor allem von Klienten mit chronischen Suchterkrankungen ein großes Problem war. Die Versorgung erfordert eine langfristige, vertrauensvolle und kontaktintensive Betreuung - genau diese wurde durch die Maßnahmen erschwert, wie Studienautor Julian Strizek bei einem Online-Hintergrund-Gespräch erklärte. Auch Erstkontakte litten stark darunter.

Behandlungsangebote teils geschlossen

In sechs Bundesländern kam es zudem vorübergehend zu einer zumindest teilweisen Schließung stationärer Behandlungsangebote. "Wir verzeichneten im April und März einen Einbruch an stationären Behandlungen", sagte Strizek. Vor allem neue Patienten konnten so eine etwaige Therapie nicht antreten. Ob die Betroffenen dies nach dem ersten Lockdown nachgeholt haben, ist noch unklar.

Umstellung auf E-Health

Für die Behandelnden bedeutete die Krise eine vermehrte Umstellung auf E-Health. Einen Trend dazu habe es zwar bereits vor der Pandemie gegeben, die Coronakrise habe dies aber "extrem beschleunigt", sagte der Psychologe Alfred Uhl. In vielen ambulanten Suchthilfeeinrichtungen wurde versucht, Klienten per Internet oder Telefon zu beraten. Dies stellt aber Uhl zufolge oft keinen vollwertigen Ersatz des persönlichen Kontaktes dar. Weitgehend ungeklärt ist auch die Frage des Datenschutzes.

Die langfristigen Auswirkungen der Corona-Krise auf Suchtbehandlungen sind noch nicht in vollem Umfang absehbar. Es ist der Studie zufolge aber zu befürchten, dass sich das volle Ausmaß der Krisenauswirkungen erst mit Auslaufen der aktuellen Unterstützungsmaßnahmen - etwa der Kurzarbeit - zeigen wird.

Langfristige Folgen könnten Süchtige stärker treffen

"Da Suchtverhalten und soziale Probleme häufig miteinander einhergehen, könnten längerfristig die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie Süchtige stärker treffen als andere Personengruppen", sagte Martin Busch von der GÖG. Umso wichtiger sei es, die Lücke zwischen Behandlungsnachfrage und -angebot nicht noch weiter zu vergrößern.

Anton Proksch Institut versorgt Suchtkranke während Pandemie

Wie die Versorgung von Sucht-Patienten während der Pandemie aussehen kann, zeigte das Anton Proksch Institut mit der Schaffung einer eigenen Covid-19-Aufnahmestation. "Die Behandlung einer Suchtkrankheit ist kein elektiver Eingriff. Der richtige Zeitpunkt ist entscheidend für den Therapieerfolg und lässt sich nicht beliebig nach vorne und nach hinten verschieben", betonte Gabriele Gottwald-Nathaniel, Geschäftsführerin des Anton Proksch Instituts.

Die Aufnahmestation ist weiter geöffnet - hier werden neue Patienten fünf bis sieben Tage lang isoliert. Erst nach zwei negativen PCR-Tests (am Aufnahmetag und am fünften Tag) werden sie in den Therapiebereich verlegt. "So kann der Betrieb im Haus durchgehend aufrechterhalten werden", meinte Wolfgang Preinsperger, interimistischer ärztlicher Leiter des Anton Proksch Instituts.

(APA/Red)

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