Vergangene Woche sorgte ein wpa-Bericht über ein de facto illegales Gasthaus am Hohenemser Schwefelberg ohne korrekte Flächenwidmung und Baugenehmigung für Diskussionen. Doch es wäre unfair, diesbezüglich nur den Stadtobersten in Hohenems den Schwarzen Peter zuzuschieben. Denn wie Recherchen zwischenzeitlich ergeben haben, gibt es im Rheintal gleich mehrere Beispiele, wo es die Bürgermeister und die Gemeinde mit der Flächenwidmung nicht so streng nahmen und damit eigentlich das Raumplanungsgesetz des Landes Vorarlberg ignorierten.
Eines dieser Beispiele findet sich ausgerechnet in jener Stadt, wo seit Monaten leidenschaftlich um eine Veränderung der Widmung für den Messepark gestritten wird, also in Dornbirn. Dort betreibt der Landwirt Armin Schwendinger, zudem auch Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Vorarlberg, seit 2002 den beliebten Ausflugsgasthof “Möcklebur”. Das diesbezügliche Gebäude befindet sich auf einem Grundstück mit der Widmung “Freifläche Landwirtschaft” und liegt inmitten der Landesgrünzone. Dem Betreiber Armin Schwendinger ist diesbezüglich allerdings nichts vorzuwerfen. Er erklärte auf Anfrage, dass sämtliche Genehmigungen der Stadt und der BH Dornbirn für diesen Ausflugsgasthof “unter bestimmten Auflagen” vorliegen. So müsse der Gastro-Betrieb der Viehhaltung untergeordnet sein – ohne Vieh also kein Gastrobetrieb – und müsse mindestens drei Monate pro Jahr geschlossen sein. Zudem habe er eine Gastgewerbe-Konzession und dürfe im Rahmen seiner Mostschenke neben sämtlichen Getränken wenige warme Speisen wie etwa Gesottenes und Gegrilltes anbieten. Der “Möcklebur” hat zwischen April und Oktober geöffnet. Insbesondere im Frühsommer zu Beginn der Rad-Saison wird der Gastro-Betrieb regelrecht gestürmt. Schwendinger berichtet, dass die 100 Sitzplätze dann an Wochenenden beinahe durchgehend belegt seien. “Da müssen drei Personen bedienen, damit wir das überhaupt schaffen”, so Schwendinger. Die “Möcklebur”-Webseite bittet um Vorreservierungen zu bestimmten Anlässen.
Dornbirn erteilte Baugenehmigung ohne notwendige Umwidmung der Flächen
Die Sache hat allerdings einen rechtlichen Haken: Eigens für den Gastro-Betrieb wurde 2002 von der Stadt Dornbirn die baurechtliche Genehmigung zur Errichtung von neuen Gebäuden unter anderem für Gastlokal, Küche und WC etc. beim “Möcklebur” erteilt. Die Stadt Dornbirn bestätigte demnach auch auf Anfrage, dass der “Möcklebur” eine rechtskräftige Baubewilligung im Rahmen eines Buschenschanks von 2001 habe. Insofern sei der Betrieb rechtlich einwandfrei genehmigt, so ein Sprecher der Stadt. Doch dem ist nicht so: Denn gemäß Vorarlberger Raumplanungsgesetz (Par. 18) bedarf eine solche Baugenehmigung vorab einer Sondergebietswidmung. Auf “Freifläche Landwirtschaft” sind solche Bautätigkeiten nicht zulässig, zumal sie mit dem Kerngeschäft Landwirtschaft nichts zu tun haben. Auch der von der BH Dornbirn genehmigte Gewerbebetrieb des “Möcklebur” hat somit auf derart gewidmeten Flächen rein rechtlich nichts zu suchen, sind Juristen überzeugt.
Koblach: Wohnungen und Vereins-Gastro-Lokal auf “Freifläche Landwirtschaft”
Ein weiteres Beispiel findet sich bei dem Vereins- und Gastro-Lokal “Gidis Hock” in Koblach. Dort tobt zwischen dem Betreiber Max Fend und der Gemeinde beziehungsweise der BH Feldkirch seit Jahren ein Streit um den Betrieb dieses Lokals. Auch dieser Standort befindet sich auf einem Grundstück mit der Widmung “Freifläche Landwirtschaft”, wo eigentlich nur landwirtschaftliche Gebäude und für deren Betrieb notwendige Baulichkeiten vorhanden sein dürften. Dürften, denn Max Fend betreibt an dem Standort nicht nur ein Vereinslokal mit gastronomischer Nutzung, sondern hat in den vergangenen Jahren auch drei parifizierte Wohnungen innerhalb der bestehenden Grundmauern des ursprünglichen Gebäudes errichtet. Insgesamt gebe es dort jetzt fünf parifizierte Wohnungen mit einer Fläche von rund 600 Quadratmeter, wie Fend im Gespräch mit der Wirtschaftspresseagentur.com erklärte. Er betonte dabei allerdings, dass es sowohl für die Wohnungen als auch für das Vereins-Gastro-Lokal die Baugenehmigungen der Gemeinde Koblach gebe. Insgesamt hat Max Fend an dem Standort drei Vereine angemeldet.
Baugenehmigung ohne Umwidmung erteilt
Der Haken daran ist auch hier wieder die Flächenwidmung, die von der Gemeinde bei der Baugenehmigung offensichtlich nicht beachtet wurde. Denn auch hier gibt es keine Sondergebiets-Widmung. Die Gemeinde hätte also gar keine Baugenehmigung erteilen dürfen. Nach einer Gesetzesänderung 2010, wonach die Betreiber von Vereinslokalen auch eine Gastgewerbekonzession benötigen, sei die Debatte mit Gemeinde und BH Feldkirch losgegangen, erzählt Fend. “Die sind auf einmal draufgekommen, dass die ganzen Baugenehmigungen erteilt wurden, obwohl die Widmung dafür nicht passt.” Plötzlich war dann auch eine fehlende Betriebsanlagengenehmigung ein Thema. Von der BH sei ihm dann 2013 auferlegt worden, dass er pro Verein nur einen Tag pro Woche geöffnet haben und keinen klassischen Gastronomie-Betrieb an dem Standort führen dürfe. Bislang habe er sich erfolglos um eine Umwidmung des Grundstückes bemüht. Er will sich aber nicht die Schuld zuschieben lassen: “Die Gemeinde hat mir die Baugenehmigungen erteilt, obwohl sie das gar nicht hätte dürfen. Jetzt will man mir das Geschäft zumachen.”
Bau von Wohnungen fällt nicht unter Bestandsregelung
Der Koblacher Bürgermeister Fritz Maierhofer sagte diesbezüglich, dass “Gidis Hock” schon seit Jahren ein Thema in der Gemeinde sei. Max Fend sei die Baugenehmigung für die Wohnungen auf der “Freifläche Landwirtschaft” im Rahmen der Bestandsregelung erteilt worden. Der (Um-)Bau des Gastro-Vereinslokales sei deshalb bewilligt worden, weil Fend dort einen Verein gegründet habe. Dabei dürfte der Bürgermeister allerdings einem rechtlichen Trugschluss unterliegen. Denn nach Ansicht von Rechtsexperten ist hinsichtlich Bestandsregelung klar definiert, was auf “Freifläche Landwirtschaft” zulässig ist. Der Bau von mehreren parifizierten Wohnungen fällt nicht darunter. Und auch zum Bau eines Vereinslokales würde eine Umwidmung der Flächen in Sondergebiet erforderlich sein. Ansonsten würde jeder Landwirt in Vorarlberg einen Verein gründen, um die notwendige Umwidmung zu umgehen.
Bürgermeister: “Fend will die Gewerbeordnung umgehen”
Bürgermeister Fritz Maierhofer verwies hingegen darauf, dass der Betreiber Max Fend durch seine Vereinsgründungen eigentlich die Gewerbeordnung umgehen wolle, denn er habe keine Genehmigung zum Betrieb eines reinen Gastro-Lokales. “Max Fend hat in den Jahren über das Ziel hinausgeschossen und den Gastro-Betrieb immer weiter ausgebaut. Wir wollen jetzt in Abstimmung mit dem Land eine rechtlich klare Situation herbeiführen. Eigentlich braucht es dort eine Umwidmung.” Auf keinen Fall wolle man dort einen gewerberechtlich genehmigten Gastronomiebetrieb, also eine klassische Gastwirtschaft.
Es handle sich gegenwärtig um ein laufendes Verfahren, wo der Ausgang noch offen sei, so der Bürgermeister. Auf das Argument, wonach die Gemeinde und der Bürgermeister als oberste Baubehörde auf derart gewidmeten Flächen diese Baugenehmigungen gar nicht erteilen hätten dürfen, ging Maierhofer wiederholt nicht ein. (WPA)