Geringe Erwartungen an Eurogruppen-Treffen zu Griechenland

“Die Chance, dass wir uns mit Griechenland am Donnerstag einigen, ist sehr klein”, sagte der Chef der Eurogruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem vor dem Treffen in Luxemburg.
Renten bis zu 50 Prozent gekürzt
Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras lehnte kurz vor einer Sitzung der Euro-Finanzminister die Forderung nach weiteren Rentenkürzungen erneut kategorisch ab. Die Renten seien zwischen 2010 und 2014 um bis zu 50 Prozent gekürzt worden, “was weitere Eingriffe in diesen sensiblen Bereich unmöglich macht”, schrieb er in einem Beitrag für den “Tagesspiegel” vom Donnerstag.
Das Problem liege nicht auf der Ausgaben-, sondern auf der Einnahmenseite. “Wer behauptet, deutsche Steuerzahler kämen für die Löhne, Renten und Pensionen der Griechen auf, lügt”, erklärte er und bemängelte falsche und unvollständige Darstellungen in der Öffentlichkeit. “Meine Wortmeldung dient der Richtigstellung eines verbreiteten Mythos.”
BIP 2013 zusammengeschrumpft
Dass der Anteil der Renten- und Pensionsausgaben an der Wirtschaftsleistung in den letzten Jahren so stark angestiegen sei – auf 16,2 Prozent im Jahre 2013 – liege daran, dass das Bruttoinlandsprodukt in dieser Zeit zusammengeschrumpft sei, und nicht an höheren Zahlungen, argumentierte Tsipras. Das durchschnittliche Renten-Eintrittsalter liege in seinem Land mit 64,4 Jahren bei Frauen und 64,5 Jahren bei Männern auf ähnlichem Niveau wie in Deutschland.
Die von den Geldgebern geforderten Einsparungen im Rentensystem sind ein Hauptstreitpunkt in den Verhandlungen des Landes, die den Weg für die Freigabe von Milliardenhilfen im Rahmen des laufenden Hilfsprogramms ebnen sollen.
Weiter optimistisch
Aus den USA kamen erneut Warnungen vor weitreichenden ökonomischen Folgen, sollten sich Athen und die Geldgeber nicht auf eine Lösung einigen. Es sei im Interesse aller, “diese Situation zu lösen, bevor es entscheidende negative Folgen für die Weltwirtschaft gibt”, sagte Regierungssprecher Josh Earnest am Mittwoch in Washington. Man sei aber trotz bestehender Probleme weiter optimistisch, dass eine Lösung ohne Störung der Finanzmärkte möglich sei.
“Zweifellos” Ansteckungsgefahr
“Ich sehe das Potenzial für Störungen, die den Wirtschaftsausblick in Europa und die globalen Finanzmärkte betreffen könnten”, sagte Janet Yellen, Vorsitzende der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). Obwohl die USA nur sehr begrenzt mit der griechischen Wirtschaft verwoben seien, gebe es “zweifellos” Ansteckungsgefahren, wenn Griechenland die Eurozone verlasse, sagte die Amerikanerin.
“Hilfe nur gegen Gegenleistung”
Vor dem Treffen in Luxemburg appellierten die Finanzminister Deutschlands, Belgiens, Litauens und Sloweniens an Athen, die Reform-Vereinbarungen mit den Geldgebern einzuhalten. In der “Bild”- Zeitung (Donnerstag) betonten sie, Athen müsse sich an die im Rahmen der Hilfsprogramme vereinbarten Verpflichtungen halten. Es gehe darum, ob Griechenland “seine Verpflichtungen aus dem laufenden Programm erfüllt”, sagte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble dem Blatt. “Nur auf dieser Grundlage könnten wir noch vorhandene Mittel freigeben. Es gilt das Prinzip: Hilfe nur gegen Gegenleistung.”
Sloweniens Finanzminister Dusan Mramor verwies auf die Sparprogramme in seinem Land. Slowenien habe trotz “schmerzhafter Maßnahmen” im eigenen Land überdurchschnittliche Solidarität gezeigt. Das Gleiche erwarte man nun von Griechenland.
Politiker bei Kundgebung
Unterdessen demonstrierten in Athen und anderen griechischen Städten rund 7.000 Menschen gegen die harte Sparpolitik und um den Kurs der Regierung in den Verhandlungen zu unterstützen. “Stoppt die Sparpolitik, unterstützt Griechenland, verändert Europa”, “Schluss mit den Opfern, selbst für den Euro” und “Demokratie, keine Erpressung”, stand auf Transparenten. Mehrere Regierungsmitglieder, darunter Innenminister Nikos Voutsis, sowie die wegen ihrer radikalen Haltung beliebte Parlamentspräsidentin Zoe Konstantopoulou schlossen sich der Kundgebung an.
Regierungschef Alexis Tsipras sprach nach Angaben aus Kreisen seiner Regierung erneut mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Griechische Medien spekulierten, Juncker taste ab, ob Athen zu einer neuen Verhandlungsrunde mit seinen Gläubigern bereit sei.
Mehr Investitionen
Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hält eine Lösung der Schuldenkrise für möglich. Nach einem Gespräch mit Tsipras am Mittwoch in Athen sagte Faymann, was Athen brauche, seien keine weitere Kürzungen, sondern mehr Investitionen. Weitere “lineare” Budgetkürzungen für Griechenland ergäben keinen Sinn und träfen nur die sozial Schwachen. Stattdessen bedürfe es einer Einigung, die Griechenlands Budget und Arbeitsmarkt nicht noch weiter belaste. Insbesondere sprach sich Faymann gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Medikamente und weitere Kürzungen im griechischen Pensionssystem aus.
Bundespräsident Heinz Fischer warnte eindringlich vor einem möglichen Ausscheidung Griechenland aus der Eurozone. “Es gibt genügend Hinweise, dass das eine ziemlich schlimme Sache wäre – für alle”, sagte Fischer am Donnerstag im Ö1-Morgenjournal. Er wünsche sich daher, dass es zu keinem Kollaps Griechenlands komme.
“Lösung im letzten Augenblick”
Meinungen, dass ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone hierzulande nicht zu spüren wäre, bezeichnete Fischer als “Stimmen, von denen ich fürchte, dass ihre Berechtigung in der Nähe des Nullpunkt liegt”. Er zeigte sich jedoch vorsichtig optimistisch, dass es im letzten Moment doch noch eine Einigung geben werde. “Es spricht viel, dafür dass man in Griechenland doch sehr hoch pokert, ich kann mir vorstellen, dass dann im letzten Augenblick doch eine Lösung zustande kommt.” Ob die Folge eine Flucht in Neuwahlen sein werde und “ob erkannt wird, dass man doch auch auf griechischer Seite nachgegeben wird müssen, um einen Austritt Griechenland aus Eurozone zu vermeiden, wird die Zukunft zeigen.”