Ein Tüftler der alles zum Laufen bringt

Der ehemalige HTL-Lehrer Ernst Maurer (Jg. 1928) wird beim Wolfurter Straßenfest die Pforten seiner Werkstatt in der Hofsteigstraße öffnen und alte Motorräder und Leichtmotorräder zeigen.
Wer denkt, dass der agile Maschinenbauer aus Liebe zu alten Maschinen dieselben sammelt, irrt. Viel mehr ist er ein akribischer Tüftler und Reparierer, den die Technik der ersten elektrischen Räder und Motorräder fasziniert. So setzt er für Sammler und Liebhaber solcher Maschinen dieselben wieder instand, ist auf der Jagd nach dem richtigen Vergaser, repariert alte Motoren, zerlegt akribisch komplexe Antriebe in ihre Einzelteile um Schadhaftes zu reparieren, Altes zu erneuern und so das Werk in Gang zu setzen. In Maurers mit Holzboden ausgestatteter Werkstatt ist die Zeit scheinbar stehengeblieben. Alte VOEST-Maschinen und viel Fachzubehör, Zahnräder und Bolzen, Metall und Motoren finden sich hier neben einigen Oldtimern, die der Wolfurter selbst noch fährt. So seine hellblaue Victoria 15, Baujahr 1932. Diese Maschine aus der Pionierzeit der Nürnberger Motorradindustrie. Oder eine alte NSU, oder Wolfurts erstes Puch-Moped, das laut Zulassung als „Fahrrad mit Hilfsmotor“ bezeichnet wird und laut Zulassung im September 1955 an Karl Schwärzler alias Liberats Karle verkauft worden ist.
Herausforderung
Von den zahlreichen Zweirädern die durch seine Hände gingen ist er auf eine Delta Gnom, Baujahr 1925, besonders stolz. Nach 50 Jahren in nicht fahrbereitem Zustand wurde sie von mehreren Motorradfreunden instandgesetzt. Besitzer Manfred Eiler und Markus Amann suchen als Liebhaber die alten Teile und pflegen mit Maurer den Austausch, die Reparatur und den Einbau. Ventile, Kipphebel und Co wurden dabei neu gemacht. Der ehemalige HTL-Lehrer stolz: „Mit Technologie und Materielkunde muss man sich für diese Tätigkeit gut auskennen. Wenn man bedenkt, dass allein 1000 Sorten Stahl von Böhler angeboten werden, und jede Sorte ihre unterschiedlichen Eigenschaften in punkto Wärmebehandlung etc. hat, dann weiss man um das Expertenwissen, das für jede Reparatur benötigt wird!“
Fahrradeinbaumotor von anno dazumal
Der älteste Motor, den der rüstige Tüftler jemals repariert hat, stammt von einer Puch Baujahr 1907. Auch eine „Austro Motorette“ hat der Witwer noch in seiner Werkstatt stehen und erzählt wie dieses einem Fahrrad sehr ähnelnde Leichtmotorrad 1918 in Wien erbaut worden war und er noch auf der Suche nach einem passenden Vergaser ist. Die Steirischen Fahrzeugwerke Graz-Puntigam waren bekannt durch den idealen Fahrradeinbaumotor „Austro-Motorette“. Das zweizylindrige Leichtmotorrad war günstig in der Anschaffung, verfügte über zwei Ganggetriebe und hatte zweieinhalb PS. Die Maschine war äußerst niedrig gebaut, die Sitzfläche des Sattels nur 70 cm vom Boden entfernt, so dass auch kleinere Personen sich auf der Motorette sicher führen konnten. Die alten Zeitungen schwärmten auch vom „harmonischen Aufbau und schmucken Fahrzeug“.
Handerwerkerschule begeisterte
Fährt er selbst auch noch mit seinen geliebten Maschinen? Ernst Maurer bedauert: „Ich leide an Parkinson und mache keine Ausfahrten mehr“. Seine intensive Auseinandersetzung mit der alten Technik war Faible und gleichzeitig Beschäftigungstherapie nach dem Tod seiner Frau. Zwei Jahre lang war „Murars Ernst“ auch bei der Wolfurter Handwerkerschule aktiv und hat jungen Menschen der Mittelschule die Materialbearbeitung nähergebracht. Jeden Mittwoch hat er gemeinsam mit weiteren Fachleuten unterrichtet. „Die Handwerkerschule hat voll eingeschlagen“, freut sich der 84jährige Wolfurter. “Ich habe mich an meine Jugendzeit erinnert und war neugierig, ob man auch die heutigen jungen Menschen faszinieren kann, warum sich ein Spielzeug oder Rad bewegt. Das Projekt „Seifenkisten bauen“ und vieles andere hat jedenfalls sehr begeistert“. Mittlerweile wird die „Handwerkerschule“ ohne Ernst Maurer weitergeführt, er selbst öffnet jedoch am „1. Wolfurter Straßenfest“ am 29. Juni die Pforten seiner Werkstatt in der Hofsteigstraße für Interessierte und Freunde alter Technik!