Protest gegen Wiener Mafia-Pasta: Politikum in Wien und Italien

Der aus Sizilien stammende Minister für die öffentliche Verwaltung, Gianpiero D’Alia, äußerte sich am Samstag empört über die Speisekarte des Lokals in der Wiener Seidengasse und versprach, Außenministerin Emma Bonino, einzuschalten, damit diese gegen das Lokal protestiere.
Aufregung um Mafia-Pasta und -Panini
“Mafia-Pasta”, Gebäck benannt nach Mafiosi wie Tommaso Buscetta und Toto Riina, sowie nach Paten der Cosa Nostra stehen auf der Speisekarte des Lokals. Für Aufregung sorgt in Italien das Brot “Don Falcone” mit Bratwurst, nach dem 1992 ermordeten Mafia-Ermittler Giovanni Falcone benannt, weil der “gegrillt wurde, wie eine Wurst”.
Angeboten wird auch “Don Peppino”, ein Panino mit Huhn, nach dem 1978 getöteten Anti-Mafia-Helden Peppino Impastato benannt. “Der großschnäuzige Sizilianer wurde bei einem Bombenattentat gebacken wie ein Hähnchen”, ist auf dem Menü zu lesen.
Sizilien ist empört
Die Empörung auf Sizilien ist groß. Der Bürgermeister von Palermo und Anti-Mafia-Aktivist, Leoluca Orlando, sendete einen Brief an Premier Enrico Letta und Außenministerin Emma Bonino und beschwerte sich wegen der “schweren Beleidigung” gegenüber Mafia-Opfern wie Falcone und Impastato. “Es ist äußerst dringend und notwendig, dass sich der Premier bei der Regierung in Wien einschaltet, das Andenken der Mafia-Opfer darf nicht derart beschmutzt werden”, so Orlando.
Unterschriften gegen “Don Panino”
Eine Unterschriftensammlung wurde im Internet gegen “Don Panino” gestartet. Der von Impastato gegründete sizilianische Radiosender “100 Passi”, der engagierte Anti-Mafia-Kampagnen führt, protestierte heftig gegen das Lokal und rief Bonino zu raschem Handeln auf. “Die Tatsache, dass Anti-Mafia-Helden wie Falcone und Impastato mit Mafiosi in Verbindung gebracht werden, ist nicht nur eine tiefe Beleidigung für die Opfer der Mafia und ihre Angehörige. Man will auch Mafia-Bosse und Opfer auf dasselbe Niveau stellen. Das ist unannehmbar”, protestierte der Präsident des Radiosenders Danilo Sulis.
Causa wird in Italien Politikum
Auch die Linkspartei SEL verurteilte das Lokal. “Es überrascht uns nicht, dass Klischees über Sizilien auf der Speisekarte eines Wiener Lokals landen. Was uns überrascht ist, dass neben Panini, die nach Bossen wie Tano Badalamenti und Toto Riina genannt werden, auch Anspielungen auf den Bombenanschlag in Capaci gemacht werden, bei dem Falcone im Jahr 1992 ums Leben gekommen ist”, betonte der Sprecher der Linkspartei, Arturo Scotto.
Auch drei Parlamentarier der Mitte-Links-Partei, “Partito Democratico” (PD) – stärkste Einzelpartei im italienischen Parlament – schalteten sich gegen “Don Panino” ein. “Bonino sollte so rasch wie möglich den österreichischen Botschafter in Italien zu einem klärenden Gespräch einbestellen. Man darf aus geschäftlichen Gründen nicht das Gedenken an diese Anti-Mafia-Helden schmähen. So etwas würde man sich nicht von einem zivilisierten Land wie Österreich erwarten”, sagte Michele Anzaldi. “Italien muss offizielle Entschuldigungen und die sofortige Rücknahme von Schreiben fordern, die Italien und die Familienangehörigen von Mafia-Opfern beleidigen könnten”, so der Politiker.
Italienische Botschaft in Wien protestiert
Auch die italienische Botschaft in Wien protestiert ebenfalls gegen “Don Panino”. Auf Anweisung der italienischen Außenministerin Emma Bonino betonte Sergio Pagano, ein italienischer Gesandter in Wien, in einem Schreiben an die österreichischen Behörden, dass der Gebrauch der Namen von im Kampf gegen die Mafia gefallenen Persönlichkeiten zu Marketingzwecken nicht nur “geschmacklos, sondern auch beleidigend” gegenüber diesen Personen und all jenen Menschen sei, die sich täglich im Kampf gegen die Mafia engagieren. Die Homepage des Lokals war am Samstagabend nicht mehr zu erreichen.
Ironische Bemerkungen über prominente Opfer im Kampf gegen die Costa Nostra, wie Staatsanwalt Giovanni Falcone und Anti-Mafia-Aktivist Peppino Impastato, seien inakzeptabel und hätten “stark negative Reaktionen” in der Öffentlichkeit in Italien sowie in der italienischen Gemeinschaft in Wien ausgelöst, berichtete das Außenministerium in Rom.
Facebook wird gegen Wiener Lokal aktiv
Eine Facebook-Gemeinschaft, die sich “Italiani a Vienna” (Italiener in Wien) nennt, hatte kürzlich eine Unterschriftensammlung gestartet, in dem das Lokal aufgefordert wurde, die Namen seiner Menüs zu ändern. Bisher wurden 968 Unterschriften gesammelt.
Der Initiator der Kampagne, der in Wien lebende Paolo Federico, forderte mehr Respekt für die Mafia-Opfer. “Man darf den Begriff Mafia nicht zu Marketingzwecken verwenden”, betonte Federico nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA. Er bemängelte, dass in Wien zuletzt mehrere Pizzerien mit Namen eingeweiht worden seien, die auf die Mafia hinweisen, wie “Mafiosi”, “Camorra” und “Al Capone”. “Wir hoffen, dass andere italienische oder österreichische Unternehmer mit geniereichen Einfällen dieser Art es sich anders überlegen werden. Man muss verhindern, dass der Begriff Mafia als Brand und Werbung genutzt wird”, so Federico.
Online-Petition von italienischem Radio
Der von Impastato gegründete sizilianische Radiosender “100 Passi”, der engagierte Anti-Mafia-Kampagnen führt, startete auf der Webseite “change.org” eine an das Außenministerium gerichtete Petition gegen “Don Panino”, die in Kürze 7.300 Unterschriften sammelte. Mehrere Kaufleute, Opfer von Erpressungen auf Sizilien, unterschrieben die Petition. “Ein derartiges Lokal sollte sofort schließen”, protestierte Nicoletta Scimeca, die einem Verband von im Kampf gegen die Mafia engagierten Kaufleuten angehört.
(apa/red)