VOVO-Premiere Riesenerfolg kurz vor Torschluss

Götzis. (sch) Hätte es in letzter Zeit mehr solcher sensationell guter Produktionen wie die jüngste und letzte, „Nächstes Jahr, gleiche Zeit“, gegeben – wer weiß, vielleicht hätte der nahende Exitus des VOVO vermieden werden können. Nun, am Donnerstag war Premiere der „Romantischen Komödie“ des Amerikaners Bernard Slade (geb. 1939), „Nächstes Jahr, gleiche Zeit“, in der schon obligaten Dialektfassung von Stefan Vögel. Der Abend wurde zu zwei Sternstunden exquisiter Schauspielkunst, die geistreichen, unterhaltenden Boulevard ebenso präsentierte wie berührenden menschlichen Tiefgang. Hervorragend besetzt war das Zweipersonenstück mit Chantal Dorn und Dirk Waanders, beide schon Publikumslieblinge beim VOVO. Als Regisseur fungierte und debütierte, spät aber doch in Vorarlberg, der aus Rankweil stammende und in Berlin vielseitig künstlerisch tätige Paul Sonderegger. Und er sorgte zusammen mit dem furiosen Duo für Tempo und subtilen Humor.
Prolongierter Seitensprung
Die Komödie von Slade dürfte in der Region durch TAK-Gastspiele bzw. die Verfilmung schon bekannt sein. Slade offeriert auf charmante Art eigentlich ein ziemliches Quantum Unmoral. Ein verheiratetes, aber nicht miteinander, Liebespaar, Doris und Georg, beide um die 20 mit Gatten bzw. Gattin und etlichen Kindern, feiern ihre erste gemeinsame Liebesnacht aus dem Jahr 1987 in einem Hotelzimmer in NÖ danach jedes Jahr zur gleichen Zeit bis 2013 … Stefan Vögel hat die Handlung ins Weinviertel versetzt, Doris ist eine Vorarlbergerin und spricht im Unterländer Dialekt; Dirk Waanders ist im Leben und in der Rolle ein perfekt hochdeutsch parlierender Deutscher.
In fünf Stationen, welche durch Video-Einspielungen den Zeitraum der achtziger Jahre bis in die Gegenwart in Erinnerung rufen, verfolgt der Zuschauer amüsiert die wechselvolle Wandlung des älter und auch reifer werdenden Liebespaares auf seinem jährlich prolongierten Seitensprung.
Herrliches Duo
Chantal Dorn und Dirk Waanders spielen hinreißend die Wandlungen und Verwandlungen (besonders Chantal in verschiedenem Outfit) des eigentlich grundverschiedenen und doch in den Herzen symbiotisch verbundenen Paares. Und als das Treffen einmal mit der hochschwangeren Doris stattfindet und Georg statt als Lover als Geburtshelfer einspringen muss, ist das Publikum zu Recht aus dem Häuschen. Ein enormer Kontrast: Georg hat seinen Sohn in Afghanistan im Kriegseinsatz verloren; und diese Szene erweist den erzählenden Dirk Waanders mit Wut und Schmerz auch als Charakterdarsteller von Format.
Das Stück ist eine dramaturgisch feine Mischung aus Witz und Humor, Freude, aber auch Tiefgang bis Trauer und auch sehr viel Lebensweisheit über den menschlichen Dauerbrenner Liebe. Theaterfeinspitze sollten diese ausgezeichnete letzte Schauspielproduktion des VOVO auf keinen Fall versäumen. Kerstin Köck schuf den Rahmen für das oft gebrauchte Liebesnest im ominösen Hotelzimmer und die hübschen Kostüme (Chantal Dorn !) im Wandel der Zeiten. Das Premierenpublikum feierte alle Mitwirkenden stürmisch.
Weitere Aufführungen AMBACH bis Ende Mai.