Im Iran schrillen die wirtschaftlichen Alarmglocken

“Wir stehen unter Druck, was den Haushalt angeht”, gab der umstrittene Präsident Mahmoud Ahmadinejad damals zu. Manche Haushaltsposten seien um ein Viertel gekürzt oder gar gestrichen worden, ergänzte er, ohne Einzelheiten zu nennen.
Rasante Talfahrt der Ölexporte
Doch seit damals erlebten die Ölexporte, die Hauptschlagader der iranischen Wirtschaft eine rasante Talfahrt und dies stellt die Islamische Republik vor eine große und schwierige Herausforderung. Wenn schon Ölminister Rostam Ghassemi in dieser Woche vor dem Parlament (Majles) offen zugeben musste, dass die Ölexporte in den letzten neun Monaten um 45 Prozent zurückgegangen sind und auch im ersten Quartal 2013 ein deutlicher Rückgang zu erwarten sei, dann brennt der Hut: Seine Angaben können als Bestätigung dafür gesehen werden, dass die internationalen Sanktionen im Atomstreit der Islamischen Republik weitaus mehr zusetzen, als man bisher bereit war zuzugeben.
Währung bricht ein
Wie die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) und die Internationale Energieagentur (IEA) melden, hatte der Iran zu Beginn des Jahres 2012 noch zwischen 2,1 und 2,4 Millionen Barrel pro Tag Öl exportiert. Diese Menge lag zwölf Monate später bei nur noch rund 1,0 bis 1,3 Mio. Barrel täglich.
Die Strafmaßnahmen haben auch zu einem Einbruch der Landeswährung Rial geführt. Das iranische Parlament deutete am Dienstag im Kampf dagegen stärkere staatliche Kontrollen an. Wie wichtig das Öl und die Einnahmen daraus sind, zeigt auch die Tatsache, dass der iranische Staatshaushalt zu zwei Dritteln von den Öl-Einnahmen abhängig ist.
Sanktionen gegen den Iran gibt es zwar schon seit 33 Jahren, doch nun scheinen sie das Land besonders hart zu treffen. Die Wirtschaft steht vor dem Kollaps, die Währung verfällt und die Inflation steigt. Preise sind zuletzt explodiert, die Bevölkerung muss den Gürtel enger schnallen und kann sich immer weniger leisten.
Iran: Noch keine Rede von Kollaps
Erst vor ein paar Monaten haben die EU und die USA wegen des umstrittenen iranischen Atomprogramms noch einmal kräftig an der Sanktionsschraube gedreht. Die EU hat ein Öl- und Gasembargo gegen Teheran in Kraft gesetzt und zudem veranlasst, dass europäische Unternehmen keine iranischen Öltanker mehr versichern. Parallel dazu haben auch die USA neue Sanktionen gegen die Revolutionsgarden und alle wichtigen iranischen Großbanken geschnürt. Die Botschaft: Wer mit dem Iran Geschäfte macht, kann sich US-Geschäfte abschminken.
Zwar hört man von den verantwortlichen Politikern seit Jahren fast schon gebetsmühlenartig, dass die westlichen Sanktionen den Iran kaum treffen würden und ein sogenanntes Ersatzprogramm alle Ausfälle aus der EU kompensieren würde. Doch scheint es, als ob der Führung in Teheran die Konsequenzen der Sanktionen wie ein starker Wind direkt ins Gesicht blasen.
In den iranischen Medien ist von diesem Wirtschaftskollaps (noch) keine Rede. Sie haben von Irans oberstem Führer Ali Khamenei einen Maulkorb verpasst bekommen. Doch die Menschen spüren die Auswirkungen der Inflation – offiziell liegt diese bei rund 25, geschätzt aber gar bei rund 29 Prozent – und der Arbeitslosigkeit – die offiziell 15 Prozent beträgt und tatsächlich bei 35 Prozent liegen dürfte – bereits sehr deutlich im Alltag.
Um die Inflation und die öffentliche Haushaltslage in den Griff zu bekommen, will Zentralbankchef Mahmoud Bahmani ausstehende Schulden eintreiben. Insgesamt geht es um 600.000 Milliarden Rial. Ob dies ausreicht, um einen möglichen Aufschrei der Bevölkerung zu verhindern, ist aber sehr fraglich.
(APA)