Zentralbanken greifen koordiniert in den Geldmarkt ein

Die psychologisch wichtige Maßnahme – eine Art Zeichen internationaler Solidarität in der Krise – beflügelte die Börsen. Der deutsche Leitindex Dax übersprang die Marke von 6.000 Punkten und lag über 4 Prozent im Plus. Auch die Wall Street in New York sah deutlich steigende Kurse.
Ziel sei es, dem weltweiten Finanzsystem mehr flüssige Mittel zur Verfügung zu stellen und damit Spannungen an den Märkten abzubauen, hieß es bei der EZB. Aktuell sorgen die Notenbanker dafür, dass die Banken genug Dollar-Liquidität bekommen.
Bei den sogenannten Dollar-Tauschgeschäften geht es darum, anderen Notenbanken Finanzmittel in US-Dollar bereitzustellen. Heute senkten die beteiligten Zentralbanken die Zinsen für solche Geschäfte – damit wird es zum Beispiel für europäische Banken leichter, an Dollar zu kommen.
Zu diesem Zweck einigten sich die Währungshüter, Zinssätze, zu denen sich die Zentralbanken US-Dollar leihen, um einen halben Prozentpunkt zu senken. Daneben solle es zwischen einzelnen Zentralbanken bilaterale Abkommen zu solchen Zinsgeschäften geben, “so dass in allen Währungsgebieten Liquidität in allen ihren Währungen angeboten werden kann”, wie die Institute mitteilten. Zur Zeit bestehe zwar noch keine Notwendigkeit, Geld in ausländischen Währungen außer dem Dollar anzubieten, es sei jedoch “sinnvoll”, vorzubeugen, damit bei Bedarf schnell Geld besorgt werden könne, erklärten die Notenbanken. Die vereinbarten Abkommen laufen bis zum 1. Februar 2013.
“Letztlich ist es eine Hilfe für das europäische Bankensystem”, sagte der Volkswirt Klaus Adam von der Universität Mannheim. Die Banken hätten in der letzten Zeit Schwierigkeiten gehabt, sich in Dollar zu refinanzieren, weil ihre in Euro laufenden Wertpapiere von der Gegenseite zunehmend nicht mehr als Sicherheiten akzeptiert worden seien. Die Amerikaner versprechen sich nach Adams Einschätzung eine Stabilisierung der europäischen Banken.
Auch Tauschgeschäfte (“Swaps”) in anderen Währungen sollen – wie die Dollar-Vereinbarung – bis 2013 möglich sein, allerdings seien Engpässe derzeit nur mit Blick auf die US-Währung abzusehen, hieß es bei der EZB.
Zuvor hatte es bereits Spekulation über eine aktivere Rolle der EZB in der Schuldenkrise gegeben. Eine Ankündigung, unbegrenzt Staatspapiere von Euro-Krisenländern aufzukaufen, gilt als schärfste Waffe der Notenbank, ist aber im EZB-Rat bisher nicht mehrheitsfähig und wird unter anderem von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann strikt abgelehnt. Volkswirte sind bei dem Thema uneins.
Die EZB kauft seit Monaten Staatsanleihen von Krisenländern in überschaubarem Umfang auf, um die Kurse zu stürzen. Kritiker befürchten, dass eine massive Ausweitung dieses Programms mittelfristig die Inflation anheizen würde. Hauptaufgabe der EZB ist die Preisstabilität, allerdings unterstützt sie laut den EU-Verträgen auch “die allgemeine Wirtschaftspolitik” in der Union. Unmittelbare Ankäufe von Staatsanleihen, zum Beispiel bei Neuemissionen, sind ihr jedoch untersagt.
Am gestrigen Dienstag hatte für Aufsehen gesorgt, dass die europäischen Währungshüter ihre Anleihekäufe nicht wie geplant neutralisiert haben. Experten sahen einen Dammbruch und Kurswechsel, wie “Die Welt” schrieb. Die Währungshüter teilten gestern Nachmittag mit, sie hätten den Banken nicht so viel Geld abnehmen können, wie für die Neutralisierung von Anleihekäufen am Sekundärmarkt eigentlich geplant war. Die EZB hatte zur Neutralisierung der Anleihe-Käufe bei Banken insgesamt 203,5 Mrd. Euro einsammeln wollen, bekam von den Instituten aber nur 194,2 Mrd. Euro angedient.
Die EZB kauft seit Mai 2010 an den Märkten Anleihen von krisengeschüttelten Ländern wie Griechenland, Italien oder Spanien. Vorige Woche hat das Portfolio mit den Problemtiteln 200 Mrd. Euro überschritten. Anders als die Notenbanken der USA und Großbritanniens haben die Euro-Währungshüter das Geld bisher aber wieder abgeschöpft, um eine Ausweitung der Geldmenge zu verhindern und der Inflation vorzubeugen. Zwar war es nicht das erste Mal, dass die EZB die Liquidität ihrer Anleihekäufe nicht neutralisiert bekommt, es ist allerdings das erste Mal, seit sie Anleihen von Italien und Spanien kauft. “Im Moment machen solche Nachrichten die Anleger nervös”, kommentierten Händler in Frankfurt.