Daraufhin legten am Freitag die meisten Aktien von Banken und Versicherern in Europa zu. Experten bezweifeln aber, ob die Maßnahmen auf Dauer Wirkung zeigen werden. Spekulanten wichen einfach auf andere Börsenplätze aus, etwa nach London.
Leerverkäufe: Deutschland fordert europaweites Verbot
Die deutsche Regierung forderte deshalb ein europaweites Verbot von ungedeckten Leerverkäufen. “Nur so kann einer destruktiven Spekulation überzeugend begegnet werden”, sagte ein Sprecher des deutschen Finanzministeriums.
Bei Leerverkäufen leihen sich Investoren Aktien und verkaufen sie, um sie zu einem niedrigeren Kurs zurückzukaufen und dem Verleiher zurückzugeben. Das kann Kursausschläge einer Aktie drastisch beschleunigen.
Bei ungedeckten Leerverkäufen haben die Investoren die verkauften Papiere sich nicht einmal geliehen, was die Risiken noch erhöht. Zur Absicherung von Kursrisiken erfüllen diese Geschäfte für viele Investoren eine wichtige Funktion.
Ungedeckte Leerverkäufe in der Schweiz verboten
In der Schweiz sind ungedeckt Leerverkäufe seit Jahren generell verboten. In Deutschland sind solche Geschäfte für alle Aktien und für Staatsanleihen der Euro-Länder seit 2010 untersagt. Normale Leerverkäufe der wichtigsten zehn Versicherer- und Bankaktien müssen gemeldet werden. In Österreich ist das Short Selling der vier Finanzaktien Erste Group, Raiffeisen International, Vienna Insurance Group und UNIQA reguliert.
Der Gesetzgebungsprozess in der EU steckt fest. Die EU-Kommission sprach sich am Freitag für einen europäischen Rahmen aus. Gegen ein pauschales Verbot gibt es jedoch Widerstände, vor allem aus Finanzzentren wie Großbritannien.
Die französische Aufsicht AMF kündigte ein 15-tägiges Verbot von Leerverkäufen für die Aktien von elf Banken und Versicherern an. Dazu zählen Societe Generale, BNP Paribas, Credit Agricole und AXA.
In Spanien sollen 16 Finanztitel über 15 Tage geschützt werden, darunter die der Großbanken Santander und BBVA. Die belgische Behörde will Leerverkäufe von vier Finanzwerten auf unbegrenzte Zeit unterbinden. In Italien sind die Aktien von 29 Banken und Versicherern für 15 Tage betroffen.
Vorstöße “naiv”
Aktienhändler Dipesh Patel von der Investmentbank Espirito Santo bezeichnete die Vorstöße als naiv. “Die Sorge ist, dass das der verzweifelte Versuch ist, die Aktienkurse gegen die Überzeugung der Anleger hochzuhalten.” Der europäische Bankenindex ist seit Februar um 36 Prozent gefallen, allein im August um 17 Prozent.
Anders als sonst sind es diesmal weniger Hedgefonds, die mit Leerverkaufs-Strategien auf einen Kursverfall wetten. Vielmehr sichern sich gewöhnliche Investmentfonds damit gegen Verluste ab. Sie warten Experten zufolge darauf, dass die Politik einen überzeugenden Plan zur Rettung des Euro vorlege.
“Investoren verkaufen in Italien aus Furcht. Italienische Banken halten rund 200 Mrd. Euro an italienischen Staatsanleihen”, erklärte Analyst Davide Burani vom Fondsmanager Horatius. Es gebe keine Anzeichen für Leerverkäufe ausserhalb der Norm.
Als Leerverkäufe auf Finanztitel nach der Pleite der US- Investmentbank Lehman 2008 für drei Wochen fast überall auf der Welt verboten waren, konnte das den Kursverfall nicht aufhalten. Durch das Verbot könnten Investoren sogar zum Verkauf ihrer Aktien gezwungen werden, was den Kursverfall beschleunige, warnten Analysten. (APA)