Ausgerechnet am 11. September 2006 – am Jahrtag der Anschläge auf das World Trade Center -hatte der Moslem vor einem Lokal der Muslimischen Jugend Österreichs (MJÖ) in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus eine täuschend echt aussehende Bombenattrappe hinterlegt.
Der Schuldspruch wegen gefährlicher Drohung ist bereits rechtskräftig
Zunächst hatte man einen geplanten Anschlag mit einem möglicherweise rechtsextremen Hintergrund befürchtet. Auf dem vor dem Lokal abgelegten Paket war ein Zettel mit der Aufschrift 4. Juli 1926, Weimar, – dem Gründungsdatum der Hitlerjugend – befestigt worden. In Wahrheit handelte es sich bei dem Täter aber um keinen Rechtsgerichteten, sondern um einen 29-jährigen Moslem, der mit seiner Aktion gegen die in seinen Augen zu lasche Haltung der MJÖ protestieren wollte, wie er nun vor Richterin Claudia Geiler darlegte.
Protest gegen “zu defensiven” Islam
Das Ganze war eine Protestaktion gegen die Arbeitsweise der MJÖ, betonte der beschäftigungslose 29-Jährige. Mit 20 war der gebürtige Wiener zum Islam konvertiert: Ich war überzeugt, dass der Koran ein wahres Buch ist. Ich war einfach davon überzeugt, dass es das Richtige ist. Er suchte Kontakt zu weiteren Angehörigen seiner Glaubensgemeinschaft und landete so bei der MJÖ.
Doch recht rasch wandte er sich wieder von dem Verein ab, da dieser seiner Meinung nach nicht den richtigen Islam vertritt und zu defensiv sei. Ich hab mich getrennt, ganz im Stillen. Mir hat das damals nicht gefallen, wohin das gehen sollte. Das war einfach nicht mein Weg, erläuterte der Mann.
Der MJÖ begebe sich freiwillig in die Defensive: Dieses Auftreten, es jedem Recht machen zu wollen, ist mühsam. Ich betrachte mich auch als zum Teil integriert. Aber deswegen muss ich nicht jedem Honig ums Maul schmieren. Die Politik der MJÖ, sich ohne Ecken und Kanten um Harmonie und gesellschaftliche Anerkennung zu bemühen, sei unglaubwürdig und heuchlerisch, dozierte der Beschuldigte.
Zorn über “Schmusedialog”
Als im Wahlkampf Plakate mit der Forderung Daham statt Islam auftauchten, hätte sich der überzeugte Moslem einen Aufschrei der MJÖ gewünscht. Stattdessen sei der Verein weiter bei seinem Kurs des Schmuse- und Schaudialogs geblieben, wie sich der Mann ausdrückte.
Das brachte ihn dazu, aus einem Schuhkarton, Drähten, zwei Gaskartuschen und einem Wecker eine Bombenattrappe zu basteln, die er vor dem Vereinslokal in der Märzstraße abstellte. Weshalb er mit dem Anbringen des sich auf die HJ-Gründung beziehenden Zettels eine falsche Fährte zu rechtsextremen Kreisen legte, die prompt in Verdacht gerieten, hinter dieser Aktion zu stehen, konnte er nicht recht erklären. Die Richterin unterstellte ihm daraufhin Feigheit.
Kein Fanatiker
Sein Verteidiger betonte: Er ist kein Fanatiker! Sein Mandant nehme allerdings seine Religion Ernst, vielleicht zu Ernst. Bevor er die Attrappe hinterlegt hatte, hatte der 29-Jährige immerhin noch sieben MJÖ-Mitgliedern eine SMS mit folgendem Wortlaut geschickt:
Gesegnete Bomben zum Jubiläum! Der Verein feierte im vergangenen September sein zehnjähriges Bestehen.
Nach umfangreichen Erhebungen war der 29-Jährige über seine Handy-Nummer ausgeforscht und Anfang November festgenommen worden. Seither saß er in U-Haft, die ihm auf die nun verhängte Strafe angerechnet wird.