Teamchef-Assistent und Jung-Vater Andreas Herzog (am 11. Oktober kam Sohn Luca zur Welt) hofft auf letzteres Szenario und machte sich unmittelbar vor dem Auftakt des Team-Camps in Lindabrunn im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur u.a. auch Gedanken über den Unterschied zwischen österreichischer und englischer Liga und die Kritikfähigkeit der ÖFB-Internationalen.
APA: Hatten Sie damals den Eindruck, dass sowohl das Team als auch die Betreuer in der Öffentlichkeit unfair behandelt wurden?
Herzog: Das Team und auch wir im Betreuerstab müssen füreinander durch dick und dünn gehen, der eine muss sich auf den anderen verlassen können. Was von außen kommt, muss an uns abprallen. Durch positive Ergebnisse dreht sich das in Österreich eh alles wieder sehr schnell. In Deutschland oder England ist es teilweise viel heftiger, dort sind die Ansprüche aber auch viel höher. Dass man in Österreich oft durch den Kakao gezogen wird und es teilweise lächerliche Kritik gibt, das kann man nicht ändern, aber das darf uns auch nicht interessieren. Wichtig ist, dass wir wissen, was wir falsch gemacht haben und dass wir aus unseren Fehlern lernen.
APA: Ist die Fähigkeit zur Selbstkritik bei den Spielern ausreichend ausgeprägt?
Herzog: Man kann nicht alle über einen Kamm scheren. Es hängt auch von der Persönlichkeit und dem Alter ab. Mit 19 Jahren bin ich zum Beispiel mit Kritik anders umgegangen als mit 30. Wir haben viele international unerfahrene Spieler in der Mannschaft, die so eine Situation wie zuletzt noch nicht mitgemacht haben. Jetzt wird man sehen, ob sie daraus gestärkt herauskommen. Wenn sie das nicht schaffen, dann kommen sie auch nicht weiter. Dann können sie brav in der österreichischen Liga spielen, aber international werden sie sich nicht in Szene setzen können und dadurch auf Sicht auch nicht mehr im Team spielen. Prinzipiell müssen sie wissen, dass man normale, sachliche Kritik vertragen muss. Wenn sie berechtigt ist, muss man damit umgehen, wenn nicht, links liegen lassen. Wenn man kritisiert wird, darf man nicht das Selbstwertgefühl verlieren, aber auch nicht glauben, ich bin allmächtig, ich darf nicht kritisiert werden. Wenn Trapattoni, der erfolgreichste Trainer der Welt, oder Ronaldinho und Schewtschenko kritisiert werden, warum dürfen dann österreichische Spieler nicht kritisiert werden?
APA: Zurück zum Freitag-Gegner: Wie kann man den Klasseunterschied zu Nationalmannschaften wie England aufholen?
Herzog: Dazu braucht man so viele Legionäre wie möglich. Das war so und wird auch in Zukunft so sein. Die österreichische Liga konnte man vor 20 Jahren nicht mit Spanien oder Italien vergleichen und wird es auch in 20 Jahren nicht können. Die Liga muss junge, gute Spieler produzieren, die dann ins Ausland wechseln und sich an ein schnelleres Tempo und bessere Technik anpassen. Als ich nach Deutschland gekommen bin, habe ich mir nach den ersten Spielen auch gedacht: Wenn das so weitergeht, bin ich in einem halben Jahr in der Nervenheilanstalt. Aber dann habe ich mich angepasst.
APA: Worin liegt Ihrer Meinung nach der größte Unterschied zwischen der österreichischen Bundesliga und einer Top-Liga wie der Premier League?
Herzog: Im Tempo. Wenn in England der Tormann eine Flanke fängt, geht es gleich im Sprint weiter. Bei uns sind die Pausen schon größer. Ich will aber die Bundesliga nicht schlecht reden. Wir dürfen auch nicht so vermessen sein, uns mit der englischen Liga zu vergleichen, sondern wir müssen auf Länder wie die Schweiz schauen, die ungefähr in unserer Preisklasse sind. Wenn ich dann sehe, dass die im Europacup erfolgreicher sind, dann ist die Qualität in unserer Liga derzeit nicht gut genug. Jetzt liegt es an der Austria, dass sie für die heurige Saison die Kastanien aus dem Feuer holt.
APA: Austria-Trainer Georg Zellhofer beklagte sich zuletzt aber über die Doppelbelastung. Wie sehen Sie diese Thematik?
Herzog: Internationale Spiele müssen doch das Highlight sein. Wenn das jetzt als Doppelbelastung gesehen wird und es nicht in die Planungen passt, dann rennt etwas schief. Dann sind wir nicht im Profi-Fußball. Die Vereine geben am Anfang die Devise aus, wir wollen in den UEFA-Cup, dann sind sie dort, und das Jammern über die UEFA-Cup-Belastung beginnt. Das passt einfach nicht. Dass es eine zusätzliche Belastung ist, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Aber wenn man dort erfolgreich ist, hat man so eine Euphorie, dass die Müdigkeit zehn Mal übertrumpft wird. Außerdem lernen die Spieler in so einem Match viel mehr als in einem Liga-Spiel.