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Manson und ein Ende?

Am Montagabend war Marilyn Manson in der Wiener Stadthalle. Einer unserer Stadtreporter war dabei.

Hat der singende Gottseibeiuns mit strengkatholischer Internatsvergangenheit und einem latenten Hang zur Autodestruktion eine staunende Öffentlichkeit über Jahre hinweg mit verstörenden Selbstinszenierungen, provozierenden Texten aber auch kritisch-differenzierten Aussagen zur politischen Kultur seines Landes irritiert, zeigen sich nun langsam die ersten Abnützungserscheinungen.

Das letzte Album, eine Hommage an das kreative Mittelmaß und des Artisten koketter Seitenblick auf die kommerzielle Breitenwirkung, ließ schon erahnen, was man gestern in einer spärlich befüllten Stadthalle (von ausverkauft konnte beim besten Willen nicht die allergeringste Rede sein) erwarten durfte:

Da stand einer, der die Metamorphose vom avantgardistischen Performance-Künstler zur atavistischen Heulboje nahezu nahtlos absolviert hatte und nun als presenile Metal-Tunte durch die Lande zieht, in der vagen Hoffnung, der einen oder anderen Oma endlich den ersehnten Herzinfarkt zu bescheren……………Die überzeichnete Inszenierung in all Ihrer beeindruckenden Groteske – einst Markenzeichen und Kernstück jeder MM-Performance – verkam zum minimalistischen Schmierentheater im Stile eines mittelalterlichen Wanderzirkus und man fragte sich, wie lange es noch dauern würde, bis der selbsternannte Prinz der Finsternis sein Mördermessermikro in eine Wunderkerze umfunktionieren würde um dann gemeinsam mit einem Grüppchen Getreuer DJ Ötzis Hey Baby in eine Coverversion umzumontieren, die sogar die schockierende Beklemmung des Originals in den Schatten stellen sollte.

Und natürlich die Fans: Während bei früheren Konzerten noch reihenweise Lichtgestalten der zelebrierten Düsternis ausgemacht werden konnten, feiert heute die Schmuddelabteilung von H&M fröhliche Urständ´. Vorbei die Zeiten als weißhäutige Gothic-Göttinnen mit tiefschwarzen Schmollmündern und rabenschwarzen Schneewitchenfrisuren, in kunstvollen Leder/Latexkreationen jede Rieger-Kollektion verblassen liessen, nun wechseln abgegruselte Emo-Adolfs mit dem Ärzteehepaar mittleren Alters und Dr. Brinkmann trägt den Lidschatten seiner Frau als stilisierten Augenring während Sie Ihre Delka-Winterstiefel in veritable Fetischschlapfen umfunktioniert hat.

Zusammenfassend kann getrost gesagt werden, dass jede Mitternachtsmette mehr postromantische Stimmung in die Herzen der Anwesenden zaubert und hätten wir zum Abschluss alle Stille Nacht gesungen und 2 Euro für Licht ins Dunkel in die bereitgestellte Kollekte gepfeffert, wäre nur noch eine Frage offen gewesen: Ist da jemand????????………………

(Nordkind)

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