Acht Burschen im Alter zwischen 16 und 23 und ein 35-jähriger Mann mussten sich am Dienstag wegen schweren Raubes in zwölf Fällen vor einem Wiener Schwurgericht (Vorsitz: Christa Schroll) verantworten. Die Kabelbinder-Bande – die Bezeichnung verdienten sich die Täter, indem sie einige ihrer Opfer mit Telefon- und Stromkabeln fesselten – hatte zwischen Februar und April 2007 in der Bundeshauptstadt Nachtportiere, Wettbüros und ein Postamt überfallen.
Die Räuber gingen dabei nicht zimperlich vor. Die Hotelangestellten, bei denen sie zunächst zum Schein um ein Zimmer anfragten, wurden zum Teil ohne jedwede Vorwarnung mit dem Knauf eines Revolvers oder der blanken Faust niedergeschlagen. Im Hotel Modul in Wien-Döbling schüchterten sie den Nachtportier mit einer Stahlrute ein und veranlassten ihn zum Öffnen des Tresors. Im Carlton Opera in Wien-Währing erbeuteten die Täter auf ähnliche Weise die Handkasse. Das Mercure in Wien-Leopoldstadt kam innerhalb von fünf Tagen gleich zweimal zum Handkuss: Der bereits vorgewarnte Bediensteten gab beim zweiten Mal allerdings Fersengeld, als er die ihm verdächtig Erscheinenden bei der Tür hereinkommen sah.
Besonders bedrohlich wurde es für einen in einem Wettbüro in der Leopoldstadt Beschäftigten, der am 12. April ungebetenen Besuch erhielt. Der Mann versuchte ebenfalls davonzulaufen, was beim erwachsenen Täter offensichtlich die Sicherungen durchbrennen ließ:
Der 35-Jährige zückte seine Pistole und gab aus einer Entfernung von zwei bis drei Meter einen Schuss in Richtung Kopf des Flüchtenden ab. Er verfehlte ihn um Haaresbreite, der Angestellte erlitt einen Streifschuss am rechten Ohr.
Der Angeklagte war ein wenig frustriert über zwei zuvor mehr oder weniger fehlgeschlagene Raubzüge. Im ersten Wettbüro hats gar keine Beute gegeben, im zweiten nur 16 Euro, stellte Staatsanwalt Michael Radasztics fest. Der 35-Jährige habe befürchtet, neuerlich leer auszugehen und daher zur Waffe gegriffen, was ihm der Ankläger als versuchten Mord auslegte.
Während sich der Schütze zu den Raubfakten geständig zeigte, stellte er die Tötungsabsicht in Abrede. Er wollte eigentlich nach oben zielen. Doch leider ist der Schuss zu früh losgegangen, meinte sein Verteidiger Michael Bereis.
Die Jugendlichen waren durchwegs umfassend geständig. Zu ihrer Rechtfertigung verwiesen sie auf teilweise triste Familienverhältnisse: Die Mutter eines 20-Jährigen sitzt beispielsweise wegen Anstiftung zum Mord im Gefängnis, weil sie ihren Mann umbringen hat lassen. Ein Brüderpaar gab an, vom 35-Jährigen zum Mitmachen gezwungen worden zu sein – der Erwachsene ist der Lebensgefährte ihrer Mutter.
Die Urteile sollen am Dienstag, den 18. 12. fallen.