Indem er beschlagnahmte Waren, die zur Vernichtung oder Verwertung bestimmt waren, über einen “Zwischenhändler” zu Geld machte, habe der 44-Jährige jahrelang “in die eigene Tasche gewirtschaftet”, wie Richter Johannes Jilke in der Urteilsbegründung feststellte.
Einen Schuldspruch setzte es auch für einen weiteren Zollbeamten, der sich an den lukrativen “Nebengeschäften” seines Chefs bereitwillig beteiligt hatte: Der Schöffensenat verhängte über den 37-Jährigen neun Monate auf Bewährung. Eine bedingte Haftstrafe von einem Jahr gab es für den Betreiber eines Restpostengeschäftes, über den die korrupten Beamten kiloweise Jeans, T-Shirts, Modeaccessoires, Turnschuhe und Schmuck verkaufen ließen – dabei handelte es sich um billige Imitate von Markenartikeln, die von Amts wegen eingezogen worden waren und verbrannt hätten werden sollen.
Sechs Monate bedingt fasste schließlich ein Arbeiter aus, dem die Zollbeamten einen Alfa Romeo um sage und schreibe 99 Euro verkauft hatten. Sämtliche Beschuldigte nahmen ihre Strafen an, der Staatsanwalt behielt sich jedoch eine Erklärung vor. Die Urteile sind daher nicht rechtskräftig.
Die Verhandlung führte nachdrücklich vor Augen, wie einfach es den Beamten gemacht wurde, sich ein “Körberlgeld” zu verdienen. Staatsanwalt Hans-Christian Leiningen-Westerburg bezeichnete die interne Kontrolle im Hauptzollamt in seiner Anklageschrift wörtlich als “lax”. Zudem wurden sichergestellte Gegenstände wie etwa Pkw, die für Schmuggelfahrten verwendet und daher aus dem Verkehr gezogen worden waren, nicht auf ihren Wert geschätzt, so dass es keine Richtlinien dafür gab, zu welchen Preisen diese nach Abschluss der jeweiligen Gerichtsverfahren an mögliche Interessenten hätten verkauft werden sollen.
Also riss sich der Leiter der Verwahrstelle mehrere Pkw kurzerhand selbst unter den Nagel. Für ein fünf Jahre altes Audio Cabrio bezahlte er 4.800 Euro und damit rund ein Drittel des Preises, der bei rechtmäßigem Erwerb fällig gewesen wäre. Als er Familienzuwachs erhielt, ging um 727 Euro ein BMW 730 in seinen Besitz über.
Den habe er benötigt, “weil er vier Türen hatte”, sagte der 44-Jährige. Er verwahrte sich dagegen, ein “Schnäppchen” erstanden zu haben: Das Fahrzeug hätte kaputte Reifen gehabt, die Batterie sei nicht in Ordnung gewesen, er habe nicht ein Mal eine Probefahrt machen können, dafür eine umfangreiche Reparatur bezahlen müssen, um überhaupt das “Pickerl” zu bekommen.
Der Leiter der Verwahrstelle kassierte auch Bestechungsgelder, wie er kleinlaut zugab. Rund 1.500 Euro steckte ihm der mitangeklagte Geschäftsmann zu, weil dieser vom Zoll beschlagnahmte Zigaretten übernehmen wollte. Der Kaufmann soll den beiden Beamten auch Weihnachtsfeiern ausgerichtet und sich dabei äußerst spendabel gezeigt haben, um sich weiter ihr Wohlwollen zu sichern: Nachdem Essen und Trinken genossen und verdaut waren, ging’s laut Anklage sozusagen zum Dessert ins Bordell.
Der nunmehr mitangeklagte Kaufmann, sozusagen ihr hauptberuflicher “Zwischenhändler”, begab sich mit drei Kilogramm nach Barcelona, wo der Burgenländer seiner Darstellung zufolge beraubt wurde und des Scandiums verlustig ging. Auf nicht mehr nachvollziehbaren Zwischenwegen tauchte dieses dann irgendwann in Berlin auf.
In der Verhandlung spielte dieses Faktum bei der Strafbemessung keine wesentliche Rolle mehr: Das Gericht ging davon aus, dass das zum Tatzeitpunkt mindestens acht Jahre unsachgemäß gelagerte Metall keinen besonderen Wert mehr darstellte.
Der Leiter der Verwahrstelle hatte diesen Posten seit dem Jahr 2000 inne. Er war befördert worden, weil sein Vorgänger in den Verdacht rechtsbrüchigen Verhaltens geraten war: Schon damals hatten polizeiliche Ermittler im Hauptzollamt Amtsmissbrauch gewittert.