VN: Wie kann jeder Einzelne mithelfen, unsere Umwelt nachhaltig lebenswert zu erhalten?
Adolf Gross: Wir alle können sehr viel tun, sei es im eigenen Verhalten, aber auch im Einfordern von Maßnahmen. Die Politik reagiert sehr sensibel auf Nachfragen, wann denn nun endlich etwas passiert. Wer meint, dass etwas geschehen muss, muss sich äußern. Viele Bürger unterschätzen die Kraft, die sie haben.
VN: Und ganz konkret?
Adolf Gross: Im eigenen Handlungsbereich geht es darum, durch einfache Maßnahmen den Energieverbrauch zu senken, um CO²-Emissionen zu vermindern. Fragen Sie sich doch: Wann habe ich meine Heizung das letzte Mal warten lassen? Werden Energiesparlampen oder LEDs statt Glühlampen eingesetzt?
VN: Wo machen Sie die größten Sparpotentiale aus?
Adolf Gross: Der allergrößte Teil des Endenergieverbrauchs, mindestens 35 Prozent, betrifft Raumwärme und Warmwasser. Wenn man viel tun will, muss man sein Gebäude anschauen dort liegen die größten Potentiale.
VN: Welchen Effekt hat das Austauschen von Glühbirnen durch Energiesparlampen?
Adolf Gross: Das macht sicher 10 bis 15 Prozent aus, die ich an Stromverbrauch einsparen kann. Das mag zwar nicht viel klingen, aber hier macht es die Masse aus. Wenn in Europa nur statt der Hälfte aller neu gekauften Glühbirnen Energiesparlampen angeschafft werden würden, könnten vier bis sechs Kernkraft-werke abgeschaltet werden.
VN: Wie dramatisch sind die Herausforderungen?
Adolf Gross: Sehr. Zur Verdeutlichung: Die Klimaexperten weltweit sagen, um das Klima in den Griff zu bekommen, müssen wir den Temperaturanstieg im Bereich von 2 Grad Celsius halten. Damit das geht, müssen wir bis 2015 den Emissions-Peak haben und bis 2050 müssen die CO²-Emissionen um 60 bis 80 Prozent reduziert werden. Das ist ein anderes Leben. Da bleibt kein Stein auf dem anderen. Ich sehe neben dem bereits vorhandenen Öl-Engpass zudem eine Auslandsabhängigkeit: Wir sind politisch absolut abhängig von Energieim-porten. Auch Vorarlberg ist zu 70 Prozent von Energieimporten abhängig. Das ist nicht lustig, da wir uns damit in die Hände einiger weniger, noch dazu nicht sehr vertrauenswürdiger Staaten begeben. Handeln ist das Gebot der Stunde.
VN: Wo liegt Vorarlberg heute bei Klimaschutzmaßnahmen international?
Adolf Gross: Die europäische Ebene ist besonders engagiert, Vorarlberg gehört sicher in einigen Segmenten ins Spitzenfeld. Noch ist das beispielsweise bei energieeffizienten Gebäuden der Fall.
VN: Wo sehen Sie Handlungsbedarf?
Adolf Gross: Wir müssen aufpassen, dass wir nicht abgekoppelt werden. -Andere Bundesländer und andere Staaten tun sehr viel. Vorarlberg ist gut beraten, sehr bewusst innovativ zu bleiben. Abgekoppelt ist man dann schnell, auch wirtschaftlich.
VN: Wird Nachhaltigkeit und Energieeffizienz durch steigende Preise für mehr Menschen aktuell?
Adolf Gross: In der Wirtschaft wird relativ schnell auf Preisveränderungen reagiert. Das spüren wir bei unseren Beratungsprogrammen. Auch in Haushalten wächst die Sorge, wie die Energiepreisthematik mittelfristig in den Griff zu bekommen ist. Es gibt aber auch sehr viele Bereiche, die langsam reagieren also sehr elastisch sind.
VN: An der Tankstelle zum Beispiel.
Adolf Gross: Ganz genau, hier muss der Preis wirklich sehr stark steigen, damit etwas passiert. Hier bräuchte es höhere Preise. Es wäre ein dramatischer Fehler, die Preise bei uns zu reduzieren. Ich bin eher dafür, dass wir ein System einführen, in dem immer am höchsten Preisniveau, das erzielt wird, festgehalten wird. Eventuelle Vergünstigungen am Markt schöpft dann der Staat ab, um Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren.
VN: Tun die Vorarlberger Haushalte bisher genug?
Adolf Gross: Gesamthaft sicher nicht. Aber jetzt ist der richtige Zeitpunkt, zu handeln. Deshalb liegt der VN-Klimaschutzpreis auch zeitlich gut. Die Klimafolgen machen heute als Bedrohungsszenario Angst. Zudem gibt es aber auch bei Bürgern die Angst vor den nötigen -Maßnahmen. Viele Menschen sprechen von Einschränkungen der Lebensqualität und Verzicht dabei stimmt das alles nicht. Wir wissen, was zu tun ist und vor nichts muss man sich fürchten. Eine nachhaltige Energienutzung bietet sogar eine höhere Lebensqualität. Solange wir Zukunftsangst haben, wird alles abgewehrt. Wir müssen zu einer Zukunftsfreude kommen, sonst gibt es keine Veränderung.
VN: Was erwarten Sie sich vom VN-Klimaschutzpreis als Juryvorsitzender?
Adolf Gross: Ich erhoffe mir, das der Preis vielen Menschen zeigen kann: Es kommt auf den Einzelnen an. Wenn wir es nicht gemeinsam anpacken, wer soll es sonst tun?
VN: Und womit fangen wir am -heutigen Samstagmorgen am -besten an?
Adolf Gross: Gehen Sie zu Fuß zum Bäcker. Das ist der erste Schritt zur Rettung der Welt und Sie werden sehen, dass es mehr Lebensqualität bringt.