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Streitthema "Biosprit"

Die Grünen, die Arbeiterkammer (AK) und der ÖAMTC haben heute eine Rücknahme der Beimischungsziele von Agrar-Treibstoffen gefordert.

Wie berichtet plant Landwirtschafts- und Umweltminister Josef Pröll (V) eine Beimischungsquote von 10 Prozent bis zum Jahr 2010, während die EU diesen Beimischungsgrad bis 2020 vorsieht.

In Deutschland, wo ebenfalls bereits 2010 anvisiert wird, wird es voraussichtlich zu einer Verschiebung kommen, teilte der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel gestern mit.

“Statt auf industrielle Agrotreibstoffe zu setzen wäre es ein Gebot der Stunde, Energie-Effizienz, Solartechnologie und ökologischen Landbau zu forcieren”, betonte am Donnerstag der Grüne Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber. Die EU benötige für ihr Biosprit-Ziel 18 Mio. ha Ackerland, es stünden aber nur 7 Mio. ha an Stilllegungsflächen zur Verfügung. Der Rest müsste der Getreideproduktion für Lebens- und Futtermittel entzogen oder durch Importe gedeckt werden. “Dies ist völlig unrealistisch, da schon jetzt Engpässe am Futtermittelsektor bestehen, obwohl die EU ohnehin mehr als 40 Millionen Tonnen Futtermittel aus Drittstaaten einführt”, so der Grüne. Die Grünen haben zu dem umstrittenen Thema am 18. April zu einer parlamentarischen Enquete “‘Bio’-Treibstoffe: Bedrohung oder Segen?” geladen.

Die AK meinte heute, die “Biosprit-Front bröckelt” und fordert eine “sofortige Kehrtwende in der österreichischen Agrotreibstoff-Politik”. “Deutschland will auf die geplante Beimischung von zehn Prozent Bioethanol verzichten, weil vor allem ältere Autos den hohen Anteil im Sprit nicht vertragen. Damit hat die falsche Biosprit-Politik einen wichtigen Fürsprecher verloren”, so Maria Kubitschek, Leiterin des Wirtschaftsbereiches in der AK Wien. “Gerade in Zeiten rasant steigender Lebenshaltungskosten muss der Preistreiber Biosprit weg.” Hinzu komme, dass die Biosprit-Beimischung eine extrem teure Klimaschutzmaßnahme sei: “Die Einsparung von einer Tonne des klimaschädlichen Kohlendioxids mit Agro-Diesel kostet in Österreich 210 Euro, mit Ethanol sogar 860 Euro, wenn es in Österreich hergestellt wird. Zum Vergleich: Der Durchschnittswert sonstiger Klimaschutzmaßnahmen in Österreich, wie Kraft-Wärme-Kopplungen oder Wärmedämmung an Wohnhäusern kostet dagegen nur 5 Euro pro eingesparter Tonne Kohlendioxids.”

Der ÖAMTC verwies heute auf Motorenprobleme bei der Zumischung von höheren Mengen von Biobenzin. “Solange der Fahrzeugbestand seitens der Automobilindustrie nicht für E10 freigegeben ist, muss die Verfügbarkeit von Normal- und Superbenzin mit einem Ethanolanteil von maximal fünf Prozent (E5) sichergestellt sein”, so der Chef der ÖAMTC-Interessenvertretung, Mario Rohracher. Außerdem bestehe kein Grund zur Eile, weil die EU die Umsetzung der Richtlinie ohnehin erst bis 2020 vorsieht. Rohracher: “Dieser Zeitplan erscheint sinnvoll, solange es keine brauchbaren Alternativen gibt.”

Laut einer parlamentarischen Anfrage der Grünen wurden im ersten Halbjahr 2007 knapp 2 Millionen Tonnen Dieselkraftstoffe mit beigemengten biogenen Kraftstoffen nach Österreich importiert. Weiters wurden gut 24.000 Tonnen reiner biogener Kraftstoff für die Beimengung zum Diesel eingeführt. Beim Benzin wurden fast 70.000 Tonnen Treibstoff mit zugesetzten Bioanteilen importiert. Demnach wäre für eine zehnprozentige Beimischung von biogenen Treibstoffen bis zum Jahr 2010 eine Fläche von 700.000 Hektar notwendig. Dies wäre in etwa die Hälfte der landwirtschaftlich genutzten Ackerfläche.

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